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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,4,3

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Papst Johannes (VIII.) teilt den Bischöfen des (Patriarchates) Konstantinopel sowie den Bischöfen der drei weiteren Patriarchate Jerusalem, (Antiochia und Alexandria) (reverentissimis et sanctissimis omnibus episcopis et confratribus ecclesię Constantinopolitanę sedem respicientibus seu tribus aliis principalibus ecclesiis, Hierosolimitanę ...) in einem von (Kardinal)presbyter Petrus (von S. Grisogono) übermittelten (n. 560) Brief seine Freude über die ihm in ihren Schreiben mitgeteilte allgemeine Anerkennung des Photios und die gewonnene Eintracht mit, verweist in bezug auf ihre Forderung nach Anerkennung Photios' als Patriarchen von Konstantinopel auf das Beispiel Hadrians (I.), der den Patriarchen Tarasios von Konstantinopel unter dem Vorbehalt, daß dieser den Bilderkult wieder zulasse, trotz dessen Laienstatus in seinem Amt bestätigt habe, und zitiert aus dessen Brief (an die Kaiserin Irene) (JE 2448), bindet seine Zustimmung zur Amtseinsetzung des Photios (n. 550) an die Verpflichtung der Bischöfe, nicht noch einmal einen Laien als Patriarchen zu billigen und Photios zur Wiedergutmachung seiner Vergehen in Bulgarien, das durch die Anstrengungen seiner Vorgänger (Nikolaus I. und Hadrian II.) zum christlichen Glauben geführt worden war (vgl. Böhmer-Herbers n. 822), sowie zur Rechtfertigung vor einer Synode zu bewegen und zitiert abschließend aus einem Brief Innozenz' (I.) (JK 303) bezüglich der Wiedereinsetzung des (Bischofs) Photinus (von Sirmium).

Originaldatierung:
Data mense augusto, indictione duodecima. Missa per Petrum presbyterum.
Incipit:
Quorundam sane vestrum, fratres karissimi ...

Überlieferung/Literatur

Orig.: –.

Kop.: 11. Jh., Rom Arch. Vat.: Reg. Vat. I fol. 82v; 16. Jh., Rom Arch. Vat.: Arm. XXXI, t. 1 fol. 153r.

Insert: Akten der Photianischen Synode 879 (Mansi, Coll. XVII 449) (verfälschte griechische Fassung).

Erw.: n. 555.

Drucke: Carafa, Epist. III 436 (lat. Fassung); Conc. coll. reg. XXIII 733 und XXIV 230 (lat. Fassung); Labbe-Cossart, Conc. VIII 1473 und IX 140 (lat. Fassung); Hardouin, Acta conc. V 1182 (lat. Fassung mit griech. Übers.), V 1191 und VI 277 (griech. Fassung mit lat. Übers.); Mansi, Coll. XVI 499 (lat. Fassung mit griech. Übers.), XVI 509 (griech. Fassung mit lat. Übers.), XVII 146 (lat. Fassung); Migne, PL CXXVI 865 (lat. Fassung); MG Epist. VII 176–181 n. 208 (lat. und griech. Fassung); Fontes historiae Bulgaricae VII 171f. (fragm., lat. und griech. Fassung).

Reg.: J 2493; JE 3272; MMFH III 195 n. 86.

Lit.: Hergenröther, Photius II 315, 388, 396-416; Lapôtre, Jean VIII 63 (ND 129) Anm. 3; Caspar, Register Johanns 109; Hefele-Leclercq, Hist. IV,1 580; Rupp, Chrétienté 49; Grumel, Lettres 138f.; Dvorník, Photian Schism 174f., 184-187, 191; Dvorník, Byzance et primauté 104; Stiernon, Konstantinopel IV 214-218; Beck, Gesch. der orthodoxen Kirche 111f.; Boojamra, Photian Synod of 879-80 4f.; Havlík, Universum Christianum 171 Anm. 26; Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 249-255; Scholz, Politik 234f.

Kommentar

Von dem Brief ist wie von n. 551 und n. 553 eine lateinische Version in den Registerabschriften (vgl. zu diesen Caspar 85-99 und Lohrmann, Register Johannes 5-156) und eine griechische Übersetzung innerhalb der Akten der von Photios 879 veranstalteten Synode, die Interpolationen des Photios (zu anderen Theorien bezüglich der unterschiedlichen Fassungen vgl. Grumel 142-156) enthält, überliefert. Die bei Pflugk-Harttung, Iter 107 genannte Handschrift Vallicelliana C 31 stellt keine eigenständige kopiale Überlieferung dar, sondern bietet lediglich eine lateinische Übersetzung der Konzilsakten. In der lateinischen Adresse fehlen die Patriarchate Antiochia und Alexandria, während sie im griechischen Text genannt werden, vgl. hierzu Caspar. Das Zitat aus dem Innozenzbrief dürfte vom Papst nicht zuletzt wegen der Ähnlichkeit des Namens Photinus, der im vierten Jh. auf mehreren Synode wegen Häresie verurteilt worden war, mit Photios ausgewählt worden sein. Die Schreiben der Bischöfe, die der Papst erwähnt, sind nicht erhalten. Wir wissen aber aus mehreren Erwähnungen, daß Kaiser Basileios I. Papst Johannes VIII. Anfang 879 nach dem Tod des Ignatios um die Anerkennung des Photios als Patriarchen von Konstantinopel gebeten hatte (vgl. n. 478 sowie zu weiteren Einzelheiten n. 551). Die Interpolationen im griechischen Text betreffen vor allem die Haltung des Papstes gegenüber der Anerkennung von Photios als Patriarchen: So betont Johannes VIII. in der verfälschten Fassung besonders seine Freude über die erreichte Eintracht in der Konstantinopolitaner Kirche und schildert den Patriarchat von Photios' Vorgänger Ignatios als Phase schlimmer Zwietracht. Die Bitte der Bischöfe um Anerkennung des Photios erfüllt der Papst im interpolierten Brief bedingungslos. Folgerichtig hat Photios auch das Zitat aus dem Brief Hadrians I. bezüglich des Patriarchen Tarasios verfälscht, so daß Hadrian Tarasios nicht unter der Bedingung der Wiedererrichtung des Bilderkultes trotz dessen Laienstatus als Patriarchen anerkannte, sondern die Promotion gerade wegen dessen Verdienste um die Gewährung der Bilderverehrung billigte. In einem Nachsatz läßt Photios nun auch Johannes VIII. diesem Beispiel folgen und Photios als Patriarchen anerkennen. Ebenso ist die Kritik des Papstes an den Vergehen der Byzantiner in Bulgarien in der griechischen Version deutlich abgeschwächt, und Photios muß sich mitnichten vor einer Synode gegenüber dem Papst rechtfertigen. Am Ende läßt Photios Johannes VIII. dann alle zur Anerkennung seiner selbst als Patriarchen auffordern. Zu ähnlich lautenden Interpolationen in den Briefen Johannes' VIII. an die byzantinischen Kaiser und an Photios selbst vgl. n. 551 und n. 553. Der Brief an den Konstantinopolitaner Episkopat und die östlichen Patriarchate wurde, wie einem der Datierung in der Registerüberlieferung folgenden Botenvermerk zu entnehmen ist, ebenso wie n. 551, n. 559 und wohl auch n. 553, n. 554 und n. 555 vom Kardinalpresbyter Petrus von S. Grisogono nach Konstantinopel übermittelt, vgl. n. 560. Die Datierung, die nur die lateinische Registerfassung bietet, kann nicht weiter eingeschränkt werden; eine Ausstellung am gleichen Tag wie n. 559, das auf den 16. August 879 datiert ist, erscheint nicht zwingend.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,4,3 n. 552, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/c07e521c-c70d-41ad-b453-18f6b28c88a7
(Abgerufen am 19.04.2024).