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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,4,3

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Papst Johannes (VIII.) teilt Kaiser Karl (dem Kahlen) (Karolo imperatori) mit, auf dessen Bitte (n. 154) nach genauer Befragung seiner Legaten (Bischof Leo von Gabii und Bischof Petrus von Fossombrone) (n. 179) (legatorum nostrorum subtilissimas disquisitiones) mit Zustimmung der Provinzialbischöfe (provincialium pręsulum consentaneas probationes probavimus) (n. 184) erlassen zu haben, daß Bischof Frothar von Bordeaux (Burdegalensis diocesis episcopum ... Frotharium), dessen Diözese dem Zeugnis Karls und der Provinzialbischöfe zufolge zerstört sei, zum Erzbischof der Kirche von Bourges werde und die Metropolitenwürde erlange (in Bituricensem ecclesiam cardinalem fieri decernentes metropolitanę dignitatis privilegio iterato munire curavimus) (n. 204), und begründet die Verzögerung seiner Antwort damit, daß er sein Urteil kanonisch habe überprüfen müssen.

Originaldatierung:
Data ut supra.
Incipit:
Petitionem vestram, filiorum karissime, quam ...

Überlieferung/Literatur

Orig.: –.

Kop.: 11. Jh., Rom Arch. Vat.: Reg. Vat. I fol. 4r; 16. Jh., Rom Arch. Vat.: Arm. XXXI, t. 1 fol. 8v.

Drucke: Carafa, Epist. III 293; Sirmond, Conc. Gall. III 447; Conc. coll. reg. XXIV 11; Labbe-Cossart, Conc. IX 8; Hardouin, Acta conc. VI 1; Mansi, Coll. XVII 9; Migne, PL CXXVI 690; Cocquelines-Mainardi, Bull. Rom. I 209; Tomassetti, Bull. Rom. I 336 n. 4; Bouquet-Delisle, Recueil VII 466; MG Epist. VII 8f. n. 9.

Reg.: J 2284; JE 3049.

Lit.: Dümmler, Ostfränk. Reich III2 39; Vogel, Normannen 250; Gandilhon, Bourges XVI; Schieffer, Päpstliche Legaten 23; Fürst, Cardinalis 57f.; Lohrmann, Register Johannes 252f.; Nelson, Charles the Bald 244; Scholz, Transmigration 148, 150-152; Arnold, Johannes 148-150; Pangerl, Metropolitanverfassung 92f.

Kommentar

Mit dem vorliegenden, nur in den Registerabschriften (vgl. zu diesen Caspar, Register Johanns 85-99 und Lohrmann 5-156) überlieferten Brief antwortete der Papst auf ein weiter zurückliegendes Schreiben Karls des Kahlen, das nicht erhalten ist, aber auch in n. 199 erwähnt wird, vgl. dazu n. 154. Der Kaiser hatte den Papst um die Translation Frothars, der 860 als Erzbischof von Bordeaux eingesetzt worden war (vgl. Nelson 193) und zu den bevorzugten Klerikern um Karl den Kahlen zählte, von Bordeaux nach Bourges ersucht, da Bordeaux bei Einnahme durch die Normannen 848 wohl zu großen Teilen zerstört worden war, vgl. dazu auch n. 198, n. 199 und Ann. Bertiniani (Grat 204): ... quia non poterat consistere propter infestationem paganorum in civitate sua sowie Kienast, Vasallität 421. Vogel weist allerdings darauf hin, daß für die Zeit, zu der das Schreiben abgefaßt wurde, keine Normanneneinfälle südlich der Loire bekannt seien, und vermutet, Frothar habe die Überfälle nur als Vorwand benutzt, um den Sitz in Bourges zu erhalten. Die im Text erwähnte Überprüfung der kanonischen Richtigkeit beruht auf dem c. 15 des Konzils von Nizäa (Turner, Eccl. occ. mon. I 134f. und 268), wonach ein Bischof seinen Bischofssitz nicht wechseln dürfe, vgl. dazu auch den in n. 198 angeführten Erlaß Papst Gelasius' I. (JK 636; Mansi, Coll. XVII 690f.), der nach Lohrmann aufgrund Anastasius' überdurchschnittlicher Kenntnisse des kanonischen Rechts so zur Anwendung gebracht werde konnte; vgl. hierzu auch Scholz. Lohrmann weist dem Schreiben sowie n. 198, n. 199 und n. 204 Anastasius als Verfasser zu. Wie aus n. 198, n. 199 und n. 204 hervorgeht, entsprach der Papst jedoch den Bitten Karls, da Frothar – so die Begründung – derzeit keinen Bischofsstuhl innehabe und daher die kanonischen Vorgaben nicht verletzt würden. Zudem begründete Johannes VIII. seine Zustimmung mit der Billigung der Translation durch die Provinzialbischöfe, vgl. n. 184 zur Frage, ob hier tatsächlich die Suffragane von Bourges gemeint sind. Bei den genannten Legaten handelte es sich um Bischof Leo von Gabii und Bischof Petrus von Fossombrone, die auf der Synode von Ponthion anwesend waren, auf der Rückreise jedoch von Boso von Vienne in Pavia aufgehalten wurden, vgl. dazu n. 179. Unklar ist, ob die Legaten den Papst über die Ablehnung der Translation durch die Teilnehmer der Synode von Ponthion (n. 182) in Kenntnis gesetzt hatten. Daß die Widerstände im Westfrankenreich gegen den Bistumswechsel Frothars anhielten, wird aus der erneuten Behandlung des Themas auf der Synode von Troyes 878 deutlich, vgl. n. 405 und n. 423. Zum Begriff cardinalis im Zusammenhang mit der Erzbischofswürde vgl. Fürst. Das Schreiben erging wohl zusammen mit n. 198, n. 199 und n. 204 ins Westfrankenreich, woraus sich die Datierung ergibt. Zur mit dem Data ut supra verbundenen Problematik vgl. Caspar 127-132 und Lohrmann 178f.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,4,3 n. 203, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/b6c2c75a-d052-48b9-82ba-9b9fb933b47b
(Abgerufen am 29.03.2024).