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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,4,2

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Papst Nikolaus (I.) beruft, nachdem er von ihren Taten erfahren hat, Konstantin (Kyrill) und Method schriftlich nach Rom.

Empfänger:
Konstantin (Kyrill) und Method

Überlieferung/Literatur

Erw.: Vita Constantini (altkirchenslav.) c. 17 (Fontes rerum Boh. I 35; Grivec/Tomšič, Constantinus et Methodius 139f.; MMFH II 110f.); Vita Methodii (altkirchenslav.) c. 6 (Fontes rerum Boh. I 97; Grivec/Tomšič, Constantinus et Methodius 156; MMFH II 146); Translatio s. Clementis (Legenda italica) (MMFH II 129); Leo Marsicanus, Translatio s. Clementis c. 8-9 (Meyvaert-Devos 459); Dominikan. Lektionar, Lectio 9 (Boyle 376).

Reg.: Boczek, Cod. Dipl. Moraviae I 32 n. 43; Anal. Iur. Pont. X 74; Friedrich, Cod. Dipl. Bohemiae 7 n. 11; Kos, Gradivo II 155 n. 207; JE *2888; Ratkoš, Pramene 159 n. 36; MMFH III 152 n. 34; Cod. Dipl. Slov. I 12 n. 14*; Marsina, Vel’komoravské deperditá 22f. n. 4.; Ratkoš, Kompletnosť 108 n. 6; Bohemia-Moravia Pont. (GP V,3) 11 n. *4.

Lit.: Dümmler, Ostfränk. Reich II 186; Schellhorn, Adalwin 112; Bishop, Nicholas 252; Dvorník, Les Slaves 173; Dittrich, Christianity 162-165; Havlík, Byzantská mise 114; Havlík, O politických osudech 116; Lacko, The popes 26-29; Eggers, Erzbistum 20; Třeštík, Počatky 277; Vavřínek, Mission in Mähren 307; Třeštík, Vznik 193; Lilie u. a., Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit 563.

Kommentar

Nur in den angegebenen Viten und in der Translatio sowie den davon abhängigen Quellen ist von der päpstlichen Einladung die Rede. Berücksichtigt man den späteren – auch in die Methodvita inserierten – Brief Hadrians II. (JE 2924), so könnte sogar schon vor 863 eine Kontaktnahme mit Rom erfolgt sein, wie es teilweise vertreten wurde, vgl. hierzu Bohemia-Moravia Pont. (GP V,3) 10 n. *†(?) 2 mit der einschlägigen Diskussion. Hadrian erzählt in der Rückschau, daß die Mährerfürsten nicht nur bei Kaiser Michael, sondern beim Heiligen Stuhl um Glaubensboten gebeten hätten. Jedoch läßt sich die Zeitstellung diesbezüglich nicht näher festlegen und könnte sogar auf die Zeit Hadrians II. bezogen werden. Zu Konstantin und Method vgl. allgemein Lilie u. a. II 561-566 sowie III 230-233. Zur Vita Constantini und den verschiedenen Ausformungen, der Historiola, der Auffindung der Clemensreliquien, die vielleicht als Material für die von Johannes Diaconus begonnene und von seinem Auftraggeber Gauderich von Velletri vor 882 beendete Vita Clementis diente, vgl. Wattenbach-Levison-Löwe, Geschichtsquellen 472f. mit der Dokumentation der älteren Forschung (zum Widmungsbrief an Johannes VIII. vgl. ibid. Anm. 341). Zur Überlieferung vgl. auch Ziffer, Hagiographie und Geschichte 143f. Das dritte Buch der Clemensvita handelte von der Translation der Reliquien nach Rom und ist wohl mit der als „Legenda Italica" bezeichneten Vita cum translatione s. Clementis identisch. Eine Prager Handschrift, die 1301/02 dorthin gekommen sein könnte (vgl. Meyvaert/Devos, La ‚Légende morave’ de SS Cyrille et Méthode) sichert im Prolog die Autorschaft Leos von Ostia (gest. 1115). Der Prolog dieses Werkes macht deutlich, daß Leo Berichte des Anastasius Bibliothecarius verarbeitete, die dieser in lateinischer Sprache zur Auffindung der Clemensreliquien verfaßt habe, so daß die Legenda Italica mit der Vita Constantini weitgehend übereinzustimmen scheint und auf die Zeit vor 882 zurückgehen könnte, vgl. hierzu wiederum Wattenbach-Levison-Löwe. Möglicherweise hatte die griechische Vita Constantini (nach dem Tod Konstantins am 14. Februar 869 entstanden) in den Mitgliedern griechischer Klöster in Rom ihren Adressatenkreis. Die altslawische Vita Methodii wurde wohl etwa 884/885 in Mähren abgefaßt. Laut der Translatio des Leo Marsicanus habe der Papst mit großer Freude von den Taten der Glaubensboten erfahren und sie durch Briefe eingeladen, diese hätten aber erst nach dem Tod des Papstes Rom erreicht. Spätere, weitgehend von Martin von Troppau, Chr. (MG SS XXII 429) abhängige Nachrichten erzählen irrig, daß Kyrill und Method noch zu Lebzeiten Nikolaus’ I. die Reliquien des hl. Clemens nach Rom gebracht hätten, wie auch schon die altkirchenslavische ‚Vita Methodii’ im sechsten Kapitel andeutet. Demnach habe schon Nikolaus I. die Lehren der Brüder gebilligt und das slawische Evangelium auf den Altar des hl. Apostels Petrus gelegt sowie Method zum Priester geweiht (Grivec/Tomšič, Constantinus et Methodius 156; MMFH II 146). Zur Überbringung der Reliquien nach Rom zu Lebzeiten des Papstes Nikolaus I. vgl. entsprechend die spätmittelalterlichen Überlieferungen bei Tholomeus von Lucca, Hist. eccl. (MG SS XXXIX 359), Amalricus Augerius, Actus pont. (Muratori, SS rer. Ital. II,2 299), Johannes Longus von Ypern, Chr. monasterii s. Bertini (Martène-Durand, Thesaurus III 521), Chr. Bononiense (Sorbelli, SS rer. Ital. XVIII,1 414f.). Schellhorn 111f. geht davon aus, daß Nikolaus vorher schon durch zwei, vielleicht sogar drei Briefe informiert worden war, nämlich durch Ermenrich von Passau (Protestbrief), durch Konstantin und Method selbst sowie evtl. durch Rastislaw. Auch Heuwieser, Bistum Passau 152f. nimmt an, daß aus Bayern eine „Anzeige" in Rom erfolgt sein könnte; jedoch bleiben dies Vermutungen. Zur Konkurrenz zwischen Passau, Rom und Byzanz vgl. zusammenfassend Boshof, Reg. Passau 37f. n. 146 (zur baierischen Synode in Regensburg mit weiterer Literatur). Der allgemeine Hinweis in einem Brief Johannes’ VIII. (JE 3267; MG Epist. VII 160 n. 200) auf seine Vorgänger könnte auf Nikolaus I. oder Hadrian II. zu beziehen sein (Bohemia-Moravia Pont. = GP V,3 15 n. *11); unklar ist allerdings, wie man sich die Belehrung der Vorgänger Sventopluks vorzustellen hat. Die Translatio des Leo Marsicanus berichtet vom Tod des Papstes kurz nach der Einladung (Sed cum ante non multos dies supradictus papa Nycolaus transisset ad Dominum, secundus Adrianus …). Deshalb ist die päpstliche Ladung wohl in die ersten Novembertage des Jahres 867 zu datieren.

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Empfohlene Zitierweise

RI I,4,2 n. 864, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/e75bdf16-1624-45fe-9bf2-17cedfe03c9c
(Abgerufen am 19.04.2024).