RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,4,2

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Auf einer von Papst Nikolaus (I.) veranstalteten Synode werden die Akten der Synode von Konstantinopel (von 861) (vgl. n. 545, n. 546 und n. 564) verlesen, das Verhalten der päpstlichen Legaten dort untersucht, der päpstliche Legat, Bischof Zacharias von Anagni, wegen seines Verhaltens in Byzanz (vgl. n. 563) abgesetzt und exkommuniziert, die Entscheidung über den abwesenden Radoald auf eine spätere Synode verlegt. Einstimmig (unanimiter ac consonanter; n. 824) werden bezüglich Photios und Ignatios sowie des Bilderstreites sechs capitula erlassen. 1. Photios wird die Invasion des Patriarchenstuhles mit Hilfe des ehemaligen von Papst (Benedikt III.) verurteilten Bischofs Gregor von Syrakus noch zu Lebzeiten des Patriarchen von Konstantinopel Ignatios vorgeworfen, die Gemeinschaft mit den von Benedikt (III.) Gebannten (vgl. n. 378, n. † 382, n. 418) wird getadelt, weitere Verbrechen im Zusammenhang mit der Synode in Konstantinopel werden aufgeführt; deshalb werden Photios mit Berufung unter anderem auf die sechs ökumenischen Konzilien die geistlichen Würden abgesprochen und Behinderung der Amtsausübung des rechtmäßigen Patriarchen Ignatios mit Exkommunikation und Anathem bedroht. 2. Gregor von Syrakus, der trotz des Spruches von Benedikt (III.) (n. † 382) sein Amt ausgeübt und insbesondere Photios unrechtmäßig zum Bischof geweiht habe, wird erneut aller geistlichen Würden für verlustig erklärt, Zuwiderhandeln und Gemeinschaft mit ihm durch das Anathem bedroht. 3. Alle von Photios Geweihten werden der klerikalen Ämter enthoben. 4. Der zunächst durch kaiserliche Gewalt, dann durch Photios sowie durch die schon von Benedikt (III.) verurteilten Leute (vgl. n. 378, n. † 382, n. 418) und schließlich auch von den päpstlichen Legaten gegen päpstlichen Willen abgesetzte und anathematisierte Patriarch Ignatios von Konstantinopel wird in alle Würden und Rechte wieder eingesetzt und bestätigt (pristino honori, pristinę dignitati et sedi, pristino gradui et patriarchio ac pristinis pontificalibus infulis atque officiis restituimus, statuimus ac confirmamus); Widersachern gegen diesen Beschluß, sowohl Klerikern als auch Laien, wird der Entzug des Amtes oder des väterlichen Segens, eventuell sogar das Anathem angedroht. 5. Die nach der unrechtmäßigen Absetzung des Ignatios ihrer Ämter beraubten Bischöfe und Kleriker werden in ihre Rechte wieder eingesetzt und Zuwiderhandelnde mit dem Anathem bedroht; mögliche Streitfälle nach deren Restitution seien nur in Rom zu entscheiden. 6. Die Beschlüsse zur Bilderverehrung und das Anathem über den (Patriarchen) Johannes (VII.) von Konstantinopel werden erneuert.

Empfänger:
Akten der Synode von Konstantinopel

Überlieferung/Literatur

Druck: MG Conc. IV 142-146.

Insert: n. 824; n. 831.

Erw.: n. 777; n. 823; n. 824; n. 825; n. 827; n. 828; n. 832; n. 857; Lib. pont. (Duchesne II 159; Přerovský II 618); Erchempert, Hist. Lang. c. 52 (MG SS rer. Lang. 256); Chr. Salernitanum c. 131 (Westerbergh 143); Invectiva in Romam (Dümmler, Gesta 151f.); Flodoard von Reims, De Christi triumphis (Migne, PL CXXXV 822), Pseudo-Liudprand, Liber (Migne, PL CXXIX 1254).

Reg.: JE I p. 350; IP x 317 n.* 67.

Lit.: Hergenröther, Photius I 519-523; Dümmler, Ostfränk. Reich II 59f.; Werminghoff, Synoden 633; Hefele-Leclercq, Hist. IV,1 326-330; Perels, Nikolaus 42-45; Haller, Nikolaus 32f.; Dvornik, Photian Schism 97-99; Riesenberger, Prosopographie 138f., 142; Hartmann, Synoden 288f.; Bauer, Kontinuität 81f.; Georgi, Erzbischof Gunthar 23; Nerlich, Diplomatische Gesandtschaften 200; Scholz, Politik 206.

Kommentar

Die Capitula der Synode sind in die beiden angeführten Briefe n. 824 und n. 831 inseriert; in beiden werden sie durch einen vorgeschalteten Text erläutert. In n. 831 folgen anschließend die Beschlüsse einer früheren Synode von 861 (n. 540). Vgl. weiterhin die in MG Epist. VI 519 Anm. 1 gedruckte Sentenz bezüglich der Absetzung des Photios bei Rather von Verona (ep. 21, Weigle in MG, Briefe Kaiserzeit I, 114), vgl. hierzu ferner Hartmann, MG Conc. IV 141 (mit weiteren Nachweisen). Die Erwähnungen im Lib. pont. und in der Invectiva gehen vor allem auf die Verdammung der Bischöfe Zacharias und die Behandlung Radoalds ein (Invectiva nur zu Zacharias); während Erchempert, das Chr. Salernitanum, Flodoard und Pseudo-Liudprand lediglich allgemein eine Exkommunikation bzw. Verdammung des Photios verzeichnen. Die Entscheidung des Papstes wurde laut Dvornik maßgeblich durch die Beschwerden des Theognost in Rom (vgl. n. 606) beeinflußt. Zu der unklaren Haltung Benedikts III. in Bezug auf die Absetzung Gregors von Syrakus vgl. n. 378, n. † 382 und n. 418. Laut der Nachricht des Johannes’ Diaconus, Vita Gregorii (Migne, PL LXXV 236), wurde Zacharias Abt des Gregor-Klosters in Rom. Zur Verwendung von Passagen der fünf Capitula der Synode 863 bei der Synode 964 vgl. Hehl, Der wohlberatene Papst 265f. und 68f. sowie MG Conc. VI 240-251. Das noch von JE in den April datierte Konzil hat Werminghoff mit Vorbehalten auf das Frühjahr 863 gelegt; Haller allerdings mit Hinweis auf eine Bemerkung zur Verlegung des Tagungsortes aus Gründen der Kälte bzw. den Aufträgen für Radoald in den August 863 (vgl. die Literaturangaben bei Hartmann, Synoden 288 Anm. 6). Hartmann in MG Conc. IV läßt beide Möglichkeiten offen, spricht aber davon, daß sich die Spätdatierung durchgesetzt habe; Scholz nennt nur das Jahr 863. Da Hallers Vorschläge nicht zwingend sind, wird hier an der traditionellen Datierung festgehalten.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,4,2 n. 616, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/de8fefdf-84ce-436f-b11e-893dff3cdd4c
(Abgerufen am 29.03.2024).