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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,4,2

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Papst Nikolaus (I.) berichtet dem Bischof Rivoladrus (reverentissimo et sanctissimo Rivoladro episcopo) über die zahlreichen nach Rom gereisten „Missetäter", darunter über den dreifachen Mörder Cumarus, der eigentlich zum Heiligtum des Erzengels (Michael) (ad beati archangeli oraculum) habe reisen wollen und der einen Brief des Bischofs Rivoladrus übergeben habe; der Papst verfügt eine Buße von drei Jahren vor den Türen der Kirche, dann vier Jahre als Zuhörer, so daß er sieben Jahre von der Kommunion ausgeschlossen sei; sieben Jahre solle er kein Fleisch essen, Wein nur an Sonn- und Festtagen trinken; nach den sieben Jahren solle er fünf Jahre lang sich drei Tage wöchentlich des Weins enthalten, so daß die Bußzeit insgesamt zwölf Jahre betrage. Erlaubt sei ihm, die Frau zu behalten, außerdem dürfe er mit Schuhwerk zu Bischof Rivoladrus gehen, müsse danach jedoch drei Jahre barfuß laufen; erlaubt sei ihm ferner, Käse zu sich zu nehmen sowie Besitz zu haben, jedoch solle er bis zu seinem Tod in der Buße verharren und die Waffen außer gegen Heiden (nisi contra paganos) nicht gebrauchen.

Incipit:
Dominici gregis curam caelesti dogmate ...
Empfänger:
Bischof Rivoladrus

Überlieferung/Literatur

Orig.: –.

Kop.: 9. Jh., Paris Bibl. nat.: Ms. lat. 1458 fol. 187r-187v; 10. Jh., Paris Bibl. nat.: Ms. lat. 1453 fol. 1r.

Insert: Coll. Brit. (Ende 11./Anf. 12. Jh., London Brit. Lib.: Ms. add. 8873 fol. 98v-99r) (fragm.); Ivo von Chartres, Decretum X 33 (Migne, PL CLXI 700) (fragm.); Coll. der Bibl. de l’Arsenal (12. Jh., Paris Bibl. de l’Arsenal: Ms. 713 fol. 187r) (fragm.).

Drucke: Baronius, Ann. eccles. a. 867 n. 131; Sirmond, Conc. Gall. III 188; Conc. coll. reg. XXII 412; Labbe-Cossart, Conc. VIII 503; Hardouin, Acta Conc. V 341; Mansi, Coll. XV 388; Migne, PL CXIX 1130; MG Epist. VI 650 n. 129.

Reg.: J 2162; Anal. iur. pont. 166 n. 146; JE 2852.

Lit.: Goetz, Bußsakramen. 563 und 567; Poschmann, Kirchenbuße 134 und 140; Haller, Nikolaus 153 Anm. 409; Vogel, Pèlerinage pénitentiel 78; Hartmann, Konzil von Worms 70f.; Carlen, Wallfahrt und Recht 74; Bishop, Nicholas 221 Anm. 3, 222f., 245f.; Carlen, Straf- und Sühnewallfahrten 134.

Kommentar

Den Brief überliefern neben den unter „Kop." verzeichneten Handschriften auch die angeführten Kanonessammlungen, die jedoch die Adresse, Arenga sowie den Schlußwunsch weglassen. Die kanonistische Sammelhandschrift Paris Ms. lat. 1458 stammt in diesem Teil aus dem 9. Jh., vgl. dazu Perels, Briefe I 570-572, Mordek, Bibl. capitularium 412-414 und Jasper, Beginning 114; zu Paris Ms. lat. 1453 vgl. Perels I 575-576. Zur Coll. Brit. und ihrer Entstehungszeit vgl. Perels, Briefe II 86-90, Herbers, Leo 63-72, Kéry, Canonical collections 237f., Jasper, Beginning 109f., 122-124 und Fowler-Magerl, Clavis Canonum 184-187. Zur Coll. der Bibl. de l’Arsenal und ihrer Entstehungszeit vgl. n. 435 sowie Fowler-Magerl 192f. Der von Cumarus überbrachte Brief des Bischofs Rivaldrus ist nicht überliefert und nur hier erwähnt. Mit dem Michaelsheiligtum ist vermutlich der Monte S. Angelo auf dem Gargano gemeint. Vgl. allgemein zu diesem Pilgerort, der 869 durch Sarazenen verwüstet wurde, und zu dessen Bedeutung auch als kulturelles Austauschzentrum die Beiträge in: Bouet/Otranto/Vauchez (Hg.), Culte et pèlerinages à Saint Michel. – Laut Goetz und Poschmann bestand die Aufgabe des Papstes in diesem und vergleichbaren Bußfällen hauptsächlich in einer Milderung der Strafe. Zur unterschiedlichen Haltung Nikolaus’ I. hinsichtlich des Eheverbotes für Vater- und Brudermörder vgl. n. 448, n. 451, n. 454 bzw. n. 758. Auffällig ist, daß auch in n. 451 das Waffenverbot gegen Heiden ausgenommen wird. Falls es sich bei Rivoladrus um den Bischof von Alet handeln sollte, dessen Nachfolger ab dem 13. Juli 866 erstmals sicher belegt ist (Duchesne, Fastes III 384), könnte die Datierung noch geringfügig enger (858 – 866 Juli 12) gefaßt werden.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,4,2 n. 438, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0858-00-00_11_0_1_4_2_438_438
(Abgerufen am 19.04.2024).