RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,3,4

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(Treffen und) Freundschaftsvertrag (amicitia) zwischen Karl von der Provence und Lothar (II.): Karl, Provintiae rege, erhält von seinem Bruder Lothar (II.) aus dessem Reichsteil zwei Bistümer und zwei (zugehörige) Comitate, nämlich Belley und Tarentaise (Lotharius rex cum fratre suo Karlo Provintiae rege amicitiam firmat, datis ei duobus episcopatibus ex regno suae portionis, et duobus comitatibus, id est Bilisio et Tarantasia), wofür Karl für den Fall, daß er ohne Söhne sein Leben beschließen sollte, sein Reich Lothar (II.) nach Erbrecht überträgt (similiter Karlus eidem fratri suo Lothario regnum suum ea condicione tradit ut, si antequam uxorem acciperet et filios generaret ab hac vita decederet, ei Lotharius iure hereditario succederet).

Überlieferung/Literatur

Ann. Bertin. a. 858, ed. Grat, Annales Bertiani, S. 77.

Reg.: BM2, Nr. 1283b.

Kommentar

Daß der Bündnis- und Erbvertrag auf einem Treffen der beiden Brüder geschlossen wurde, wird zwar nicht ausdrücklich gesagt, ist aber anzunehmen; in diesem Sinne schon Parisot, Lorraine, S. 120; vgl. Grat, Annales Bertiani, a.a.O., S. 77 Anm. 5; vorsichtiger Poupardin, Provence, S. 20; vgl. auch Voss, Herrschertreffen, S. 210. – Lothar II. war Ende Dezember 857 von Aachen aus zu seinem Feldzuge gegen Hukbert, den aufständischen Bruder seiner verstoßenen Gemahlin Theutberga, der nach Regino den Dukat zwischen Jura und Alpen innehatte (Regino v. Prüm a. 859, ed. Kurze, S. 78) und sich zudem der Abtei Saint-Maurice d’Agaune bemächtigt hatte (vgl. Reg. 2502, ins Burgundische aufgebrochen (BM2, Nr. 1283b, vgl. D LdJ. 7). Ende April ist er nach Aachen zurückgekehrt (D LdJ. 8), nachdem der Feldzug fehlgeschlagen war. Das Treffen der beiden Brüder wird während dieses Zeitraums stattgefunden haben, doch wo und wann genau, muß offen bleiben. – Belley und Tarentaise, im Grenzgebiet zwischen dem Regnum Provinciae und dem Reich Lothars II. gelegen und zudem dem Herrschaftsbereich des Hukbert im oberen Rhônetal unmittelbar benachbart, war bei der Reichsteilung Lothars I. (Reg. 2492 an Lothar II. gefallen. Dieser mochte 858 auf die sich geographisch eher nach Südwesten öffnende Voralpenregion umso leichter verzichten, als er wegen der Krankheit Karls (Reg. 2548 fest damit rechnen konnte, daß er jenen überleben würde. Dabei mag auch die Überlegung Lothars II. eine Rolle gespielt haben, in seinem Bruder und dessen Anhang eine Stütze in seiner Eheaffäre und in der Auseinandersetzung mit Hukbert zu gewinnen. Allgemein zur Frühgeschichte von Tarentaise und zum Jurisdiktionsstreit zwischen jenem und Vienne, der ursächlich mit den gefälschten Vienneser Papsturkunden zusammenhängt und durch die Abtretung von Tarentaise durch Lothar II. wohl zusätzlich angeheizt wurde, vgl. Schilling, Guido von Vienne, S. 269 – 275, bes. S. 270f.; Dies., Gallia pont. III/1, S. 45. – In rechtlicher Hinsicht handelt es sich bei der Traditio Karls an seinen Bruder um eine bedingte Verfügung für den Todesfall; vgl. Schneider, Brüdergemeine, S. 162, 181. Karl hat in der Folgezeit anscheinend tatsächlich die Herrschaft über die beiden Bistümer erlangt, da er 861 über Güter im Comitat von Belley verfügt (D 7 = Reg. 2530). – Vgl. noch Dümmler, Geschichte II2, S. 8 (mit falschem Datum). – Allgemein zu den diversen Grenzkorrekturen im Mittelreich nach 855 siehe Schneider, Auf der Suche, S. 95 – 102.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,3,4 n. 2504, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/e22ec88f-ee07-43c4-bba6-212070dd3cdc
(Abgerufen am 28.03.2024).