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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,3,4

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Placitum der Königin Irmingard unter Mitwirkung der Großen (im Reich) Ludwigs, des Sohnes Bosos (cum convenissent Ermengardis regina et cuncti principes Ludovici filii Bosonis in loco qui dicitur Varennas ad placitum): Auf Klage des Abts Berno und der Mönche von Gigny gegen Bernard, einen Vasallen der Königin, wegen Entfremdung der ihnen von König Rudolf (I. von Hochburgund) urkundlich übertragenen Zelle Baume (Balmam cellam, quod olim a Rudulfo rege per preceptum adquisierunt [Dep.]) verzichtet Bernard, der keinen Eigentumsnachweis führen kann, auf Befehl der Königin auf Baume und sichert zudem zu, den Ort künftig nicht mehr zu besetzen (ipse per iussionem regine iam dictum locum in presencia omnium werpivit et ut ultra easdem res non invaderet spopondit). – Beurkundungsbefehl der Königin .

Originaldatierung:
a. inc. 898, Ind. 8. – Actum Varenna.
Incipit:
Cum convenissent
Unterschriften:
Unterschrift des Bernard qui werpituram istam fecit, der Königin Irmingard que fieri iussit et firmare rogavit, sowie des Erzbischofs Rostagnus von Arles, der Bischöfe Ardrad von Chalon (-sur-Saône) und Isaak von Grenoble, der Grafen Richard (von Autun), Wido (von Dijon), Hugo, Adelelm, Rater, Teutbert, Ragenard (von Auxerre), eines gewissen Ansigis, des numiculator Rainbold, sowie eines Gormarus, eines Adelard und eines Aldemar

Überlieferung/Literatur

Kopien: Paris, BnF, Ms. lat. 14 192, fol. 44r, Kopie 11. Jh. (B); ebd., Coll. de Bourgogne vol. 4, fol. 25r-v, Kopie 17. Jh., „ex Gazophilacio Camerae computorum Parisiensi, cura clarissimi Domini Vion d’Herouval transcripta“ (E); ebd., Ms. lat. 12 823, fol. 261r, Kopie von 1648, wohl aus B (F); ebd., Ms. lat. 10 949, G. M. A. de Fontanieu, Histoire de Dauphiné, Preuves I, 1. Hälfte 18. Jh., pp. 73 – 78, wohl aus gleicher Quelle wie E (G); ebd., Coll. de Bourgogne vol. 4, fol. 23r-v, Kopie 17. Jh., wohl nach Mabillon, Acta Sanctorum O.S.B. V, S. 71; Sion/Sitten, Kantonsarchiv, Pierre de De Rivaz, Diplomatique de Bourgogne, vol. I, n. 22, Kopie Ende 18. Jh., aus G.

Drucke: Guichenon, Bibliotheca Sebusiana, centuria I, Nr. 26 S. 60 – 62;2 Nr. 26 S. 66 – 67;3 Nr. 26 S. 66 – 67;4 Nr. 26 S. 17, aus gleicher Quelle wie E = Delalande, Conciliorum, S. 308 – 309 = Mansi, Collectio nova,1 XVIII, Sp. 89 – 90;Labbe, Sacrosancta concilia, IX, S. 423 – 424 = Coleti, Sacrosancta concilia, XI, Sp. 603 – 604; Hardouin, Acta conciliorum, VI, Sp. 421 – 422 (mit Ravennas statt Varenna); Mabillon, a.a.O., S. 71, aus B = Bouquet, Recueil IX, Nr. 2 S. 663 – 664 = Origines Guelficae II, Nr. 28 S. 109 – 110 (gekürzt) = Plancher, Histoire de Bourgogne, I, Preuves, Nr. 24 S. XIX – XX = Gaspard, Hist. de Gigny, Nr. 38 S. 623f. = Prost, Essai, Pièces justif., Nr. 4 S. 115 – 117; Bouche, Provence, I, S. 771, aus gleicher Überlieferung wie E; Prou-Poupardin, Recueil, Nr 28 S. 49 – 51. – Frz. Übersetzung: Terrebasse, Boson, S. 164 – 165; Ders., Origine, S. 8 – 9.

Regg.: Pierre de De Rivaz, Diplomatique de Bourgogne, vol. I n. 22, ed. Chevalier, S. 5 (vgl. ebd., S. 62f. Anm. 5); Bréquigny, Diplomata, I, S. 357, zu 898; Martin, Conciles Lyon, Nr. 194 (zu 905); Chevalier, Regeste Dauphinois, Nr. 881; Böhmer-Zielinski III, Nr. 1437. – Auch erwähnt von Chorier, Hist. de Dauphiné I1, S. 703f., 794; I2, S. 542; Fantoni Castrucci, Istoria d'Avignone, S. 17, 19; Gallia christiana, IV, Sp. 878.

Kommentar

Die Ortsangabe Varennas ist wegen der vielen Varennes im Raum Chalon-sur-Saône/Langres nicht mit Sicherheit zu identifizieren; vgl. Poupardin, Provence, S. 153 Anm. 1; Ders, Vorbemerkung; Hlawitschka, Lotharingien, S. 95f., 246; vgl. auch die Karte bei Folz, Langres. – Wie schon Poupardin, Vorbemerkung, ausführlich dargelegt hat, muß das angegebene Inkarnationsjahr 898 auf einem Versehen beruhen, da Ludwig zu diesem Zeitpunkt fraglos den Königstitel geführt hätte und das Placitum zudem in seinem Namen ausgestellt worden wäre. Da die angegebene Indiktion 8 auf 890 führt, ist die Vermutung Poupardin s naheliegend, daß ein Kopist versehentlich die dem Inkarnationsjahr unmittelbar folgende Indiktionszahl zum Inkarnationsjahr hinzugezogen hat und auf diese Weise auf 898 statt auf 890 gekommen ist. An der Echtheit des Placitums ist im übrigen nicht zu zweifeln, da schon Papst Formosus im Jahre 894/95 (J-L 3499) die Zelle in Baume (Baume-les-Messieurs, Dép. Jura, Arr. Lons-le-Saunier, Ct. Voiteur) dem damals nach Rom gezogenen Abt Berno von Gigny, dem späteren Gründerabt von Cluny, bestätigt hat und wir zudem ein Präzept Rudolfs I. von 903 Dezember 10 (D Burg. 9) kennen, in dem dieser Baume neuerlich an Gigny gibt. Rudolf I. muß also, wie wir hier in D 28 erfahren, bereits zwischen 888 und 890 Baume zum ersten Mal an Gigny geschenkt haben (D Dep. Burg.14); vgl. Schieffer, Vorbemerkung zu D Burg. 9. Siehe auch Mayer, Doubsgebiet, S. 531, 533; Rubellin, Église, S. 255f. – Das Placitum ist ein bemerkenswertes Zeugnis für die Regentschaft der Königin Irmingard nach dem Tod Bosos und vor der Königskrönung ihres Sohnes Ludwig im Herbst 890 in Valence (Reg. 2861). Der Hof könnte sich damals auf der Rückreise von Forchheim (Reg. 2855) befunden haben (vgl. auch das vorige Reg.). Im Umstand finden wir die Anhängerschaft der Königinwitwe, die um 890 offensichtlich auch im Raum zwischen Jura und Saône, wo der hier in der Zeugenliste als erster weltliche Zeuge unterschreibende Richard „der Justitiar“, Graf von Autun und Besançon, sie unterstützte, Anerkennung gefunden hatte. Graf Teutbert wird der aus Reg. 2796 bekannte „Großgraf“ der Provence sein. Der Vasall der Königin Irmingard und Gegenspieler der Mönche von Gigny, Bernard, könnte mit jenem gleichnamigen Getreuen Ludwigs des Blinden identisch sein, der 902 November zusammen mit dem Getreuen Teutbert (vielleicht der genannte „Großgraf“) auf Bitten Wilhelms des Frommen die Abtei Saint-Martin d’Ambierle erhält (D Prov. 41/Reg. 2917). Zu den hier aufscheinenden Verbindungen zwischen den Bosoniden und den Herzögen von Aquitanien im Umfeld der Gründung Clunys vgl. bes. Rosenwein, Immunité, S. 4; Cochelin, Quête, S. 200f.; Rosé, Construire, S. 119 – 121. – Zugegen war in Varennes auch ein Graf Hugo, bei dem es sich um Graf Hugo von Langres (Hlawitschka, a.a.O.) oder um Hugo von Vienne handeln wird (Böhmer-Zielinski III, Nr. 1437). Daß auch der junge Ludwig persönlich anwesend war, kann man nur vermuten. – Vgl. Poupardin, Provence, S. 153 – 155; Manteyer, Provence, S. 95 – 96; Hlawitschka, a.a.O.; Bautier, Origines, S. 67f.; Moyse, Aux origines, S. 116; Ganivet, Consolation, S. 181; Mazel, Horizons, S. 462. – Zum Verfahren siehe auch Grimaldi, Justice, S. 66. Zu Antoine Vion, Seigneur d’Hérouval (1606 – 1689), Auditor („auditeur“) an der Pariser Chambre des Comptes um 1670, siehe Amory, Donatio Ansemundi, S. 169f.; Schilling, BM2, Nr. 570, S. 101f.; siehe noch Reg. 2893.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,3,4 n. 2857, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/dd5719bc-0d0a-4f79-936a-7613baf4991c
(Abgerufen am 28.03.2024).