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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,3,4

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Boso (legt weder seinen Königstitel nieder noch unterwirft er sich).

Überlieferung/Literatur

Keine direkten Nachrichten. – Zu erschließen aus D (Dep.) Prov.24 (Reg. 2824). Vgl. auch Regino v. Prüm a. 879, ed. Kurze, S. 114f. (siehe unten), sowie Bosos Grablege und Epitaph in Vienne (Regg. 28262828).

Kommentar

Die Quellenlage für das weitere Schicksal Bosos nach dem Fall Viennes ist äußerst unbefriedigend; vgl. ausführlich Poupardin, Provence, S. 132ff.; siehe jetzt auch Schilling, BM2, Nr. 570, S. 88. Während die ältere Literatur von einem Fortbestand der Königsherrschaft Bosos in engen Grenzen ausging, wobei sie sich vor allem auf eine gefälschte Urkunde Bosos (Reg. †2823; vgl. auch Reg. 2821) und neuzeitliche legendenhafte Berichte gestützt hat, hat Bautier, Origines, bes. S. 63f. (vgl. Schilling, Guido von Vienne, S. 47f.; Reg. †2830), das Königtum Bosos mit dem Fall Viennes geradewegs enden lassen: „Ainsi dès la chute de Vienne, le pays était pacifié“. Allerdings muß auch Bautier anerkennen, daß uns keine Quelle vom Thronverzicht oder der Unterwerfung Bosos berichtet. Die im folgenden regestierten Urkunden und Nachrichten zeigen, daß in Bosos einstigem Reich zwar, soweit erkennbar, die Karolinger wieder herrschten; allerdings muß es ihm gelungen sein, seine Gemahlin Irmingard und seine (mindestens) zwei Töchter sowie seinen Sohn Ludwig (den Blinden) dem Zugriff seiner Gegner zu entziehen. Irmingard muß zu einem unbekannten Zeitpunkt die Grafschaft Autun, in die sie ihr Schwager Richard nach dem Fall Viennes gebracht hatte (Reg. 2806), wieder verlassen haben. Sie wird ihren kleinen Sohn Ludwig entweder in Autun zur Welt gebracht oder, wenn er schon vor dem Fall Viennes geboren war (was mir gegen Poupardin, Provence, S. 143, allerdings unwahrscheinlich erscheint; vgl. Reg. 2829), wieder zu sich genommen haben, denn nach dem Tod Bosos im Januar 887 (Reg. 2827) finden sich beide am Hof Karls III. ein (Reg. 2833). Daß Boso nach dem Fall Viennes den Kontakt zu Gemahlin und Sohn gesucht und gefunden haben wird, ist anzunehmen; es ist nicht einmal ganz auszuschließen, daß Ludwig erst nach dem Fall Viennes gezeugt wurde (Poupardin, a. a.O., S. 143). Auch die Chronik Reginos von Prüm deutet darauf hin, daß es Kreise gegeben hat, die Boso weiterhin die Treue hielten und sein Überleben überhaupt erst möglich machten: fuit (Boso) autem tantae moderationis ut, cum sibi faventes proscriptionibus dampnarentur bonisque omnibus privarentur, numquam insidiis suorum militum fuerit petitus neque fraude proditus, cum utrumque hostes saepe temptassent (a.a.O., S. 115). Noch nach Bosos Tod war seine Königsherrschaft zumindest im Raum Vienne dermaßen präsent, daß man dort die Privaturkunden noch bis in die Kaiserzeit Ludwigs des Blinden mehrfach nach Post-Obitum-Jahren Bosos datiert hat (vgl. Reg. 2836). – Zur Grablege Bosos in Vienne siehe Reg. 2828.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,3,4 n. 2809, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/cef6e71d-6023-4d17-99f1-7c8431e90867
(Abgerufen am 18.04.2024).