RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,3,4

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Graf Gerhard (von Vienne) gründet zusammen mit seiner Gemahlin Berta die Klöster Pothières und Vézelay.

Überlieferung/Literatur

Undatierte, in der überlieferten Form wohl erst um 863 niedergeschriebene gräfliche Gründungsurkunde (instrumentum seu testamentum Gerardi comitis, fundatoris monasteriorum ... Pultariensis et Vizeliacensis), ed. Quantin, Cartulaire de l’Yonne I, Nr. 43 S. 78 – 84 (zu um 863); ed. Huygens, Monumenta Vizeliacensia, Nr. 1 S. 243 – 248.

Vgl. Louis, Girart, S. 59 – 66; Boshof, Traditio, S. 12 – 18; Rosenwein, Immunité, bes. S. 2f., 10f.

Kommentar

In der undatierten Urkunde, die nur in einem Chartular, das der Chronik des Klosters Vézelay des Hugo von Poitiers (um 1160) vorangeht, überliefert ist (mitsamt einer Miniatur des Gründerpaars, vgl. Huygens, a.a.O., S. XVI – XVII), heißt es im einzelnen, daß Gerhard für das Andenken und das Seelenheil seines Senior, des Kaisers Ludwig (des Frommen), dessen Gemahlin Judith sowie ihres Sohnes, des jetzt regierenden Königs Karl (des Kahlen), seines Senior, sowie seiner Eltern, Verwandten und Freunde das Kloster Pothières im Gau von Lassois in regno Burgundiae sowie das Kloster Vézelay im Gau von Avallon in regno Burgundiae gegründet, sie mit genannten Besitzungen und Rechten ausgestattet und sich den lebenslänglichen Nießbrauch und den Schutz der Klöster vorbehalten hat, die jährlich zwei Pfund Silber dem Apostolischen Stuhl in Rom, dem Gerhard die Klöster übertragen hat, zu leisten haben. Anschließend überträgt Gerhard die beiden Klöster der Römischen Kirche und gewährt ihnen das Recht, mit Zustimmung des Papstes einen Abt oder eine Äbtissin aus der eigenen Kongregation zu wählen. – Gerhard, der faktische Regent im Reich Karls von der Provence (Reg. 2496, hat die beiden im späteren westfränkischen Herzogtum Burgund gelegenen Klöster vielleicht schon 861 (vgl. Reg. 2532, spätestens aber 863 dem Hl. Petrus übereignet (Reg. 2550). Die Gründung selbst wird wohl schon um 858/859 erfolgt sein; vgl. Louis, a.a.O., S. 60f. Anm. 4 (zu 858/859); Boshof, a.a.O., bes. S. 14 (zu 859); Herbers, Rom im Frankenreich, S. 160f., 167; siehe auch Longnon, Girard, S. 256 (zu um 860). Die undatierte Gründungsurkunde kann in dieser Form erst niedergeschrieben worden sein, als der Gründungsvorgang mit der Übertragung an den Papst bereits abgeschlossen war, also frühestens um 861/863. Vielleicht sind in ihr mehrere Urkunden Gerhards nachträglich zusammengefügt worden, eine erste, in der die Gründung (fundatio, oblatio) geregelt wurde, und eine zweite, später ausgestellte (testamentum), in der die Übertragung an die Römische Kirche erfolgte. Dem entspricht die Unterscheidung von oblatio und testamentum sowohl im Kontext der Urkunde als auch in der ausführlichen Unterschrift des Ehepaares: Signum Gerardi comitis – Signum Bertae coniugis, qui hanc oblationem Deo pro remedio animae suae optulerunt, et testamento facto firmarunt atque firmari iusserunt. Das auf der Gründungsurkunde basierende Schreiben Gerhards an den Papst ist auf 863 März datiert, doch ist diese Datierung nicht über jeden Zweifel erhaben; siehe Reg. 2550. Ohne Jahresdatierung ist auch die Bestätigungsurkunde für Vézelay durch Papst Nikolaus I. (ed. Huygens, a.a.O., Nr. 3 S. 255 – 258, siehe Reg. 2560). Zur Bestätigungsurkunde Karls des Kahlen siehe Reg. 2590. – Der ganze Vorgang ist auch in den Briefen Hinkmars von Reims bezeugt; vgl. Reg. 2532 Vgl. auch das zugunsten des Klosters Pothières im Jahre 879 ergangene Schreiben Papst Johannes’ VIII. an Graf Boso von Vienne (Reg. 2745). – Beachtung verdient die Gründungsurkunde auch wegen der Angabe, daß beide Klöster in regno Burgundiae liegen (ed. Huygens, a.a.O., S. 245 Z. 60, 246 Z. 85f.) – ein Beleg dafür, daß die weitgefaßte historische Bedeutung von Burgundia noch immer im Gebrauch war; vgl. auch Reg. 2564. Allgemein zur wechselnden politisch-geographischen Terminologie der burgundischen Regna Poupardin, Provence, S. 281 – 290 (mit zahlreichen Belegen, zu Vézelay ebd., S. 287 Anm. 9).

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,3,4 n. 2522, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/b24b819f-6749-460c-9744-1e669f89cca0
(Abgerufen am 28.03.2024).