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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,3,4

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Eroberung und Zerstörung Viennes (durch die von Karlmann II. von Westfranken vor der Stadt zurückgelassenen Truppen): (Graf) Richard, der Bruder Bosos, läßt dessen Gemahlin (Irmingard) und Tochter, (die sich in der Stadt befinden) in seine Grafschaft Autun bringen.

Überlieferung/Literatur

Ann. Bertin. a. 882, ed. Grat, Annales Bertiani, S. 247: mense Septembrio nuntiatum est illi (scil. Karlmann II.) certo nuntio quia, capta Vienna, uxorem Bosonis et filiam eius Richardus, frater ipsius Bosonis, ad comitatum suum Augustudunensem adductam habebat; Schenkungscharta eines gewissen Ariulf zugunsten der Kathedrale von Vienne von 883 November 15, anno secundo destructionis Viennḝ, et regnante domno nostro Carolo imperatore (Gallia christiana, XVI, Instrumenta, Nr. 12 Sp. 9f. = Reg. 2812).

Reg.: Chevalier, Regeste Dauphinois, Nr. 848.

Kommentar

Gingins-la-Sarraz, Archiv Geschichtskunde 7, S. 185, hatte in seiner wie üblich fantasievollen Nacherzählung der Ereignisse angenommen, daß Richard dem Belagerungsheer gar nicht angehört und die Königin nebst Tochter gegen die Absicht der Belagerer handstreichartig in seine Obhut genommen habe, was von Poupardin, Provence, S. 131, und Bautier, Origines, S. 60f., die in Graf Richard (Iustitiarius, vgl. zuletzt Reg. 2773) das Haupt der Belagerer sehen, zurückgewiesen wurde. Nicht undenkbar erscheint allerdings, daß Richard zwar dem Belagerungsheer angehörte, nach dem Fall der Stadt aber seinen Einfluß zugunsten von Schwägerin und Nichte geltend gemacht hat, indem er erfolgreich darauf bestand, sie mit sich nach Autun zu nehmen. Dem westfränkischen König konnte es jedenfalls kaum recht sein, daß Irmingard ihm nicht zugeführt wurde. Zu ihrem weiteren Schicksal vgl. Reg. 2809 (Kommentar). Allgemein zur Haltung Richards in den damaligen Auseinandersetzungen siehe auch Mazel, Horizons, S. 466. – Von Zerstörungen in der Umgebung von Vienne, die auf das Konto der Belagerung gehen, erfahren wir auch im Kontext einer undatierten Charta des 887 erstmals bezeugten Erzbischofs Bernuin von Vienne, wo es von der Kirche s. Blandinḝ martyris ... in Monte Quiriaco (heute Sainte-Blandine, einer der fünf Vienne umgebenden Hügel) heißt, sie sei pene destructa et annihilata tam pro vetustate quam et pro obsidione civitatis (ed. Achery, Spicilegium1 XII, S. 136;2 III, S. 362); vgl. auch Schilling, BM2, Nr. 570, S. 83 m. Anm. 103. Das Ausmaß der Zerstörungen Viennes wird in der jüngeren lokalen Überlieferung wohl übertrieben dargestellt; vgl. Poupardin, a.a.O. – Unklar ist das weitere Schicksal des Erzbischofs Otramnus von Vienne, der zuletzt im Vorjahr von Boso für seine Treue belohnt worden war (D Prov. 20 = Reg. 2779). Er starb wahrscheinlich 884 September 16 (Reg. 2796, Kommentar), doch scheint er erst 887, also nach dem Tod Bosos, einen Nachfolger in dem genannten Bernuin erhalten zu haben; vgl. Poupardin, Provence, S. 348 (Hagiologium Vienn., ed. Chevalier, S. 2; Le livre épiscopal de Léger Nr. 49 – 50, ed. Duchesne, Fastes I, S. 201f.).

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,3,4 n. 2806, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/a78cbadb-30c7-43fe-9ab0-998065e600fa
(Abgerufen am 23.04.2024).