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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,3,4

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Wahl, Investitur und Weihe des Erzbischofs Ragamfred von Vienne unter Mitwirkung Ludwigs (des Blinden) und in Anwesenheit des Erzbischofs Arnald vom Embrun und der Bischöfe Wilhelm von (Saint-Jean-de-) Maurienne, Isaak von Grenoble, Isaak von Valence, Adalbold von Belley, Bledricus von Digne und Armodus von Toulon sowie des Grafen Hugo (von Vienne). (A) Wahlurkunde (electionis auctoritas): Klerus und Volk von Vienne, die in der Sakristei der Kathedrale nach dem Tod des Erzbischofs Bernuin zusammengekommen sind (clerus universus et populus eiusdem ḝcclesiḝ ... in sacrario s. Viennensis ḝcclesiḝ), wählen den Presbyter Ragamfred, den sie im sacrum palatium vorgefunden haben (in sacro palacio repererunt quendam venerabilem presbyterum ... Raganfridum), zum Nachfolger des verstorbenen Erzbischofs Bernuin und präsentieren ihn Ludwig (dem Blinden) (in presentiam regis eum adduxerunt), der ihn auf ihre Bitten hin nach dem Beispiel seiner Vorgänger mit dem Bischofsstab investiert (more decessorum suorum regum ferulam accipiens tradidit ei Viennensem ḝcclesiam), woraufhin das ganze Volk von Vienne, sei es hoher oder niederer Abkunft, sowie der übrige Klerus sich versammelt (factus est concursus populorum, comitum videlicet ac reliquorum procerum, clericorum etiam diversḝ aetatis, sed et promiscui populi permaximḝ multitudinis) und den von allen gewünschten Ragamfred in der Kirche Saint-André (-le-Bas) in Gegenwart des Königs feierlich empfängt (coram presentia regis ... receperunt illum) . – Weltliche Zeugenliste mit Ugo comes presens fui (Hugo von Vienne) an der Spitze, gefolgt von 20 titellosen Laien. – Keine Schreibernennung. – a. inc. 899, [...]. (B) Weiheurkunde (scriptura): Der Erzbischof Arnald vom Embrun und die Bischöfe Wilhelm von Saint-Jean-de-Maurienne, Isaak von Grenoble, Isaak von Valence, Adalbold von Belley, Bledricus von Digne und Armodus von Toulon, die in Vienne auf Wunsch Ludwigs (des Blinden) (admoniti etiam a gloriosissimo rege nostro Ludovico) wegen der dort nach dem Tod des Erzbischofs Bernuin von Vienne eingetretenen Vakanz zusammengekommen sind, weihen (ordinavimus) auf Bitten von Klerus und Volk (petente clero et populo) den kanonisch gewählten (electione eius canonice [...]) Ragamfred (zum Erzbischof) und übergeben ihm die darüber nach den kanonischen Vorschriften (secundum pia canonum instituta) aufgesetzte Urkunde (hanc scripturam ei tradidimus) . – Fragmentarische Datierung (Actum Viennḝ, anno Dominicḝ incarnationis ... die Dominico).

Unterschriften:
Unterschriften des Propsts Warnefrid, der hanc electionis auctoritatem proponi precepit, gefolgt von 26 Geistlichen (Kanonikern) Unterschriften der genannten Bischöfe iubente glorioso rege et seniore meo

Überlieferung/Literatur

Chartae, ed. Marion, Cartulaire de Grenoble, Suppl. Nr. 2 S. 260 – 262.

Regg.: Chevalier, Regeste Dauphinois, Nr. 929 – 930. Vgl. Böhmer-Zielinski III, Nr. 1438.

Kommentar

Bernuins Todestag war der 16. Januar wohl 899 (Chevalier, Regeste Dauphinois, Nr. 928); vgl. Poupardin, Provence, S. 348f. Die Wahl seines Nachfolgers muß nach kurzer Vakanz erfolgt sein, wie aus der Narratio der Wahlurkunde hervorgeht. Der in der älteren Forschung genannte 28. Januar 899 als Tag der Weihe Ragamfreds, der offensichtlich auf der Datierung der Weiheurkunde beruht, ist dort heute durch Textverlust nicht mehr lesbar (ed. Marion, a.a.O., S. 262), doch mag die Angabe korrekt sein. – Die bemerkenswerten Urkunden (zur Überlieferung unter den Chartularien von Grenoble vgl. Marion, a.a.O., S. 257 Anm. 1; Vérité, Répertoire [I], Nr. 314ff.; Schilling, BM2, Nr. 570, S. 92 Anm. 141) sind von der Forschung bislang nicht eingehend gewürdigt worden (übersehen von Pangerl, Metropolitanverfassung; einige Bemerkungen bei Marion, a.a.O., Introduction, S. LVII; vgl. noch Charvet, Vienne, S. 657; Cavard, Saint-André-le-Bas, S. 24; Schilling, BM2, Nr. 570, S. 91f.). Beachtung verdient unter anderem der frühe Hinweis auf das sacrum palatium in Vienne (ansonsten erst 912 bezeugt, vgl. Reg. 2940), die neue Königspfalz (zur alten siehe Reg. 2643), deren Bau mit König Boso oder mit Ludwig dem Blinden in Verbindung gebracht wird (vgl. Schilling, BM2, Nr. 570, S. 83). Dort scheint sich Ragamfred im Augenblick seiner Wahl aufgehalten zu haben, was dafür spricht, daß er vor seiner Erzbischofswahl im Königsdienst (wohl als Hofkapellan) tätig war. Zur benachbarten Lage von Pfalz und Kloster Saint-André-le-Bas in Vienne und zu ihren engen Beziehungen (die Klosterkirche diente geradezu als Pfalzkirche) vgl. Brühl, Palatium I, S. 231 – 233 (mit einer Karte); Schilling, Ansemundus, S. 2 – 4, 24f.; Dies., Gallia pont. III/1, S. 212 – 214. – Zu Erzbischof Arnald von Embrun vgl. schon Reg. 2843 u. 2862. Er ist auch als Abt des Klosters Romans (Saint-Barnard de Romans, Diöz. Vienne) bezeugt, was seine Anwesenheit hier plausibler macht. Das Bistum Digne war Suffragan von Embrun, der dortige Bischof Blidricus ist, genau wie Armodus von Toulon und Wilhelm von Maurienne, anscheinend nur hier bezeugt; vgl. Duchesne, Fastes I, S. 242, 278, 292. Der Dompropst Warnefrid könnte mit dem gleichnamigen Diakon des Jahres 882 identisch sein; siehe Reg. 2790. – Bei dem an erster Stelle unter den Laien unterschreibenden Grafen Hugo handelt es sich um den späteren König von Italien; vgl. Böhmer-Zielinski III, Nr. 1438. – Vgl. Poupardin, Provence, S. 205 m. Anm. 6, 349. Nicht zu berücksichtigen ist ein wohl im 17. Jahrhundert gefälschtes Einladungsschreiben (Regg.: Chevalier, Regeste Dauphinois, Nr. 931; Schilling, Gallia pont. III/1, S. 120 Nr. †*137) zu einer für den 7. Januar 900 in Viviers geplanten Synode, in dem neben Erzbischof Rostagnus von Arles anscheinend auch „Rigofridus“ (lies: Ragamfred) von Vienne nebst weiteren Bischöfen der Provence genannt werden; vgl. Schröder, Synoden, Nr. 116 S. 373 – 375.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,3,4 n. 2904, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/a6fd0f21-e319-48f3-843d-b23ed1577473
(Abgerufen am 16.04.2024).