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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,3,4

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Karl, piissimi quondam Hlotharii augusti et inclyti filius, erneuert dem Kloster Île-Barbe (Insula Barbarḝ coenobium), dessen Abt Godramnus die von Karls Vater (Lothar I., Dep. Lo.I.190), Großvater (Ludwig dem Frommen, BM2, Nr. 595 u. 596) und Urgroßvater (Karl d. Gr., Dep. Lechner, Nr. 225) dem Kloster verliehenen Urkunden mit der Bitte um Bestätigung vorgelegt hat, auf Bitten des (Erz-) Bischofs Remigius von Lyon den dem Kloster auf Verwenden des Erzbischofs Leidrad (von Lyon) von seinem Urgroßvater und seinem Großvater verliehenen Rechtsstand (sicut constat Leydradum archiepiscopum ... a proavo avoque meo gloriosis imperatoribus petisse et impetrasse), wonach das Kloster dem zuständigen Erzbischof außer einer jährlichen Abgabe von einem Pfund Silber (partibus proprii antystitis argenti libra persolvatur) keinerlei sonstigen Abgaben oder Leistungen schuldet (vgl. BM2, Nr. 595), bestätigt ihm den Besitzstand und gewährt ihm die Immunität. – Gebetswunsch pro nobis vel stabilitate regni nostri. – M. – SI. – Aurelianus (?)notarius ad vicem Bertraii (Bertrai?).

Originaldatierung:
.XI. Kal. Sept., Mantalo – a. r. 5, Ind. 9.
Incipit:
Officio pietatis

Überlieferung/Literatur

Or.: Lyon, Arch. dép. du Rhône, 10 G 3125 (vormals Fonds de l’Île-Barbe, I.H.1, davor armoire Loth, vol. I, n. 1) (A).

Kopien: Ebd., 10 C 3127 (vormals Fonds de l’Île-Barbe, I.H.8, davor armoire Loth, vol. I, n. 8), Vidimus Karls VIII. Lyon, 1494 Juli (B). Mehrere jüngere Kopien (16. – 18. Jh.) im Archiv von Lyon, von denen eine auf die Bestätigung durch Papst Innozenz VIII. im Jahre 1490 zurückgeht, verzeichnet Guigue, Documents Lyon, S. 542 Anm. 2.

Faksimile: Lot/Lauer, Diplomata Karolinorum, Taf. 1 (Rois de Provence Nr. 1), mit Regest.

Drucke: Le Laboureur, Mazures, I3, S. 49 – 50, aus A (Lab) = Bouquet, Recueil 8, Nr. 7 S. 400; Ménestrier,Lyon, S. XLIII, aus A (Men); Millé, Abrégé, III, Nr. 1 S. 317 – 320, „tiré des Archives de cette Abbaye“, mit Beschreibung des Siegels, zu 869; Monfalcon, Lugdunensis historiae monumenta, ed. Ia, S. 272 – 273 = ed. IIa, S. 87; Guigue, Documents Lyon, S. 542 – 544, aus A; Prou-Poupardin, Recueil, S. 16 – 18 Nr. 8, aus B Lab Men; ebd., S. 125 – 126, aus A; De Charpin-Feugerolles, Grand pancarte, I, Nr. 4 S. 222 – 223, aus B (vgl. aber ebd., S. 223f. Anm. 1); ARTEM 537.

Regg.: B 717; Bréquigny, Diplomata, I, S. 257; Chevalier, Regeste Dauphinois, Nr. 731; BM1 1296 = BM2, Nr. 1333.

Schon erwähnt von Chorier, Hist. de Dauphiné I1, S. 514; I2, S. 401 (mit dem Datum).

Kommentar

Zu Datierung und Ausstellort des einzigen im Original überlieferten Diplom Karls von der Provence (D 14/Reg. 2539 ist ein Pseudo-Original), das 1915 im Archiv von Lyon aufgefunden wurde (vgl. Guigue, Documents Lyon, S. 532 – 534; zu Einzelheiten der Überlieferungs- und Archivgeschichte ebd., S. 537 – 542), siehe das nur acht Tage zuvor ausgestellte D 7 (das vorige Reg.), das gleichfalls von Aurelianus in Vertretung des Bertraus rekognosziert wurde. Bedingt durch den schlechten Erhaltungszustand unseres Stückes scheint die Lesung des Notarsnamens Aurelianus hier in D 8 allerdings nicht ganz sicher zu sein (Poupardin, ed. cit., S. 126 Anm. c: „douteuse“). Die Unsicherheit über die korrekte Namensform des (wieder ohne Titel genannten) Kanzleileiters Bertraus/Bertranus (Bertrans, Bertrannus) wird auch durch D 8 nicht ganz beseitigt, liest Poupardin doch einmal Bertraii (ebd., S. 126 Z. 24), an anderer Stelle aber Bertrai (Ders., Introduction, S. VIII); vgl. das vorige Reg. – Das von Poupardin nur unter den „Additions et corrections“ edierte Original des D 8 ist durch erheblichen Textverlust infolge Ausriß und Fraß beeinträchtigt. Poupardin hat die dort fehlenden Passagen nach B bzw. Le Laboureur ergänzt. Die äußeren Merkmale des fast quadratisch zugeschnittenen Originals entsprechen in Layout und Schrift im übrigen aber ganz dem typischen Erscheinungsbild der spätkarolingischen Herrscherurkunde. Zu nennen sind insbesondere die graphischen Merkmale und Sonderzeichen wie Eingangschrismon, Elongata in erster Zeile sowie in Signum- und Rekognitionszeile, die markante diplomatische Minuskel mit ausgeprägten Oberlängen, M und SR (dieses in einfacher Form ohne Chrismon und NN, vgl. Worm, Subscription, S. 70f.), die Datumzeile in Kontextschrift ohne Oberlängen. Signum- und Rekognitionszeile, links am Rand mit leichter Einrückung beginnend und hintereinander gesetzt, nehmen nur etwa gut die Hälfte der Zeile ein, so daß das gut erhaltene Siegel, das wie in spätkarolingischer Zeit üblich (Worm, a.a.O.) auf das SR gesetzte wurde, optisch fast mittig erscheint. Vgl. die Abbildungen von Siegel, Chrismon, Monogramm und einer auffälligen Federprobe (?) im freien Raum rechts neben der letzten Textzeile: INO (Poupardin, ed. cit., S. 126 Anm. b) bei Guigue, a.a.O., S. 541, nur von Siegel und Monogramm, wohl nach Guigue, auch bei Prou-Poupardin, Recueil, Planche I, 1 u. II, 1; jüngste Abb. des mittlerweile getrennt aufbewahrten Siegels im Corpus des sceaux français II, S. 128 Nr. 52. – Das Diktat entspricht in seinen formelhaften Teilen dem in den übrigen Urkunden Karls von der Provence anzutreffendem Standard. Die Übereinstimmungen mit dem gleichfalls von Aurelianus rekognoszierten, nur etwas jüngerem D 7 (Reg. 2530) sind – sieht man von Protokoll und Eschatokoll ab – eher gering (unterschiedliche Arenga, Promulgatio und Corroboratio); der eigentliche Kontext ist ohnehin kaum vergleichbar. Die Gebetsformel (sie fehlt in D 7, wo sie auch keinen Sinn machte) verbindet unser D 8 mit D 1 (Reg. 2501. Von einem typischen Diktat des Aurelianus kann man nach dem Ausweis der beiden Urkunden (weitere Urkunden des Aurelianus sind nicht erhalten) nicht sprechen. Ob das anscheinend zur Gänze von einer Hand und in einem Zug geschriebene Stück von Aurelianus selbst mundiert wurde, muß mangels Vergleichsmöglichkeiten offen bleiben. – Von den genannten VUU sind lediglich die am 11. November 815 von Ludwig dem Frommen auf Verwenden des Erzbischofs Leidrad von Lyon († 817) ausgestellten BM2, Nr. 595 (ed. Charpin – Feugerolles/Guigue, Pancarte I, Nr. 3 S. 220f., ARTEM 5002) und BM2 596 (ebd., Nr. 2 S. 219f.) überliefert. Unser Stück folgt im zweiten Teil des Kontextes stellenweise BM2, Nr. 595 (vgl. den Petitdruck in der Ed. Poupardin, S. 18). 971 hat Konrad von Burgund das Kloster neuerlich privilegiert (D Burg. 45 = NU; vgl. den Petitdruck in der Ed. Schieffer). Der Urkunde Konrads ist zu entnehmen, das nach Karls Tod auch sein Bruder Lothar II. für Île-Barbe geurkundet hat (Dep. Lo.II.49 = Reg. 2603). – Allgemein zur Geschichte des unweit von Lyon auf einer Insel in der Saône gelegenen Klosters (heute eingemeindet) vgl. Schieffer, Vorbemerkung zu D Burg. 45; Rubellin, Église, bes. S. 253f., 265 – 275.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,3,4 n. 2531, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/a3e91591-520f-4452-81c6-e27f6aabcf12
(Abgerufen am 28.03.2024).