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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,3,1

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Treffen Ludwigs mit seinen Brüdern Lothar (II.) und Karl (v. d. Provence). Es entsteht um die Verteilung des väterlichen Erbes ein heftiger Streit, so daß man beinahe zu den Waffen greift. Der junge Karl muß von den anwesenden Großen aus der Gewalt Lothars (rex Franciae), der ihn zum Kleriker scheren will, befreit werden. Schließlich wird die noch von Kaiser Lothar (I.) verfügte Erbteilung (Reg. 139) akzeptiert, nach der Karl die Provence und den Dukat Lyon (Provintiam et ducatum Lugdunensem) erhält.

Überlieferung/Literatur

Ann. Bertin. a. 856, ed. Grat, S. 73. - Reg.: M2 1208a; vgl. M2 1325f.

Kommentar

Die Zusammenkunft apud Urbam kann frühestens Ende Juli stattgefunden haben, da Lothar II. noch am 28. Juni in Nimwegen urkundet ( D Lo.II.5). Ludwig, von Prudentius bei dieser Gelegenheit als imperator Italicie tituliert, ist zuletzt am 19. Mai in Brescia bezeugt ( M2 1208 = Reg. 153). Da beide Herrscher erst im November 856 ( D Lo.II.6) bzw. Januar 857 ( M2 1209 = Reg. 156) wieder in ihren Herrschaftsbereichen nachweisbar sind, ist eine genauere Datierung des Treffens nicht möglich. Folgt man der relativen Chronologie des Prudentius zum Jahr 856, so müßte das Treffen nach der Heirat der Judith, der Tochter Karls d. Kahlen, mit dem angelsächsischen König Aethelwolf (1. Oktober) stattgefunden haben, worauf schon Parisot, Lorraine, S. 90, hinweist. In der Tat ist der junge Karl v. d. Provence am 10. Oktober in der Nähe von Lyon bezeugt (vgl. Poupardin, Provence, S. 19), so daß das Treffen wahrscheinlich in den Oktober zu setzen ist. - Orbe (Kant. Lausanne) liegt an der Verbindungsstraße zwischen den drei Reichen im Herrschaftsbereich des mächtigen Grafen Hucbert, des Laienabts von St. Maurice d'Agaune, dessen Schwester Theutberga Lothar II. zuvor (wohl schon 855) geheiratet hatte. Nach einem Schreiben Benedikts III. von 857 ( J-E 2669), in dem der Papst beredte Klage über Hucbert führt, weil dieser den Vertrag zwischen den Brüdern gebrochen habe, scheint der Papst eine vermittelnde Rolle bei der Vereinbarung gespielt zu haben: Pacem, quam inter Hludowicum munivimus ... suosque germanos (Epp. V, S. 612-614, bes. S. 613 Z. 25f.); vgl. Zufferey, St-Maurice, S. 35, 39, 54-56 u.ö. Daneben haben auch die Großen aller drei Reiche einen entscheidenden Anteil an der Wahrung des Friedens gehabt, wie schon ihr aktives Eingreifen zugunsten des jungen Karl zeigt; vgl. auch Bund, Thronsturz, S. 435. - Zur Abgrenzung der drei Regna vgl. die Karte bei Hees (im Anhang). Ludwig und Lothar waren beide mit der getroffenen Regelung nicht einverstanden, was Lothar sogar unverblümt urkundlich ausgedrückt hat: Nobis itaque in regno succedentibus non minima, sed maior accidisse cernitur regni diminoratio ( D Lo.II.9, S. 397Z. 3-4). Auf das Treffen von Orbe spielt auch eine von Parisot, Lorraine, S. 766, zit. Urkunde von 859 an: pace iam et divisione regni cum fratribus suis ... celebrata. - Vgl. noch Dümmler I2, S. 399; Hartmann III/1, S. 242; Calmette, Diplomatie, S. 31f.; Poupardin, Provence, S. 17f.; Schieffer, DD Lo.I., S. 369; Delogu, Strutture, S. 152f.; Hees, S. 3; Schieffer, Frankenreich, S. 613; Voss, Herrschertreffen, S. 45, 209. - Vgl. schon Reg. 146.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,3,1 n. 154, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0856-00-00_1_0_1_3_1_4369_154
(Abgerufen am 29.03.2024).