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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,2,1

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Karl hält eine Reichsversammlung (conuentum populi sui generalem, Ann. Bertiniani), entgegen dem Brauch (contra morem, Ann. Bertiniani) in der zur Kirche von Reims gehörenden Villa Épernay, zur Beratung über die ihm vorgelegten Reformforderungen der Synoden von Meaux und Paris (Regg. 488, 521) ab, in dessen Verlauf sich die weltlichen Großen von den Bischöfen trennen, gesondert tagen und von den 83 Kanones nur 19 akzeptieren und verabschieden.

Originaldatierung:
(mense iunio, apud villam Sancti Remigii Sparnacum

Überlieferung/Literatur

MGH Capit. II, Nr. 257 S. 260-262; Ann. Bertiniani, ad a. 846, ed. Grat, S. 52. -- Vgl. D Ka. II. 86.

Kommentar

Das genaue Datum ist über den Monat, den die Ann. Bertiniani nennen, hinaus nicht überliefert. Den Ort nennen sowohl die Ann. Bertiniani wie zwei der Handschriften, die die in Épernay verabschiedeten Kanones anführen. -- Die Entfernung zwischen Servais (Reg. 526) und Épernay von rund 100 km konnte Karl in 3-4 Tagen zurücklegen; dabei hätte er bei einer Route über Laon und Reims römische Straßen nutzen können; vgl. Rouche, L'heritage, S. 24 = Ders., Atlas historique, S. 450. Noch am 16. Juli urkundet Karl in Épernay (Reg. 531); er hielt sich also längere Zeit hindurch hier auf; vgl. Brühl, Fodrum, S. 41 Anm. 149 („ca. 3-4 Wochen“ ). -- Épernay, dép. Marne, gehörte zum Kirchengut des Reimser Bistums; zum Ort siehe Reg. 372. Die Bemerkung der Ann. Bertiniani, die Reichsversammlung habe contra morem stattgefunden, bezieht sich wohl auf ihre Abhaltung auf Kirchengut, das zudem zeitweise säkularisiert gewesen war; vgl. auch Brühl, Fodrum, S. 47 m. Anm. 176. -- Die Quellen zur Reichsversammlung in Épernay überliefern lediglich die Rubriken der 19 verabschiedeten Kanones von Meaux-Paris; vgl. MGH Capit. II, S. 261, Hss. 1-4; vgl. zu diesen Hss. auch Hartmann, in: MGH Conc. III, S. 66, Nr. 7-10; Mordek, Bibliotheca capitularium, S. 65f. Zwei, von denen die älteste im 9. Jh. in Reims geschrieben wurde (vgl. ebd., S. 11, Nr. 1), bieten den ausführlichen Bericht über den Ablauf der Beratungen, der Nelson, Charles the Bald, S. 148, zufolge die Haltung Hinkmars von Reims wiedergibt; vgl. Mordek, Studien, S. 31f., 43f. In der Wertung der Vorgänge durch die Ann. Bertiniani (die dringend notwendige Ermahnung der Bischöfe des Reiches sei mit derartiger Geringschätzung behandelt worden, daß wohl kaum jemals in christlicher Zeit ein solcher Mangel an Achtung vor der bischöflichen Würde bekannt geworden sei), vermutet Nelson, The Annals of St-Bertin, S. 14, S. 63 Anm. 1, eine spätere Interpolation Hinkmars in den Text des Prudentius. Zur Tendenz der Beschlüsse vgl. Hartmann, Vetera et nova, S. 87f.; Ders., in: MGH Conc. III, S. 63. Die Reichsversammlung von Épernay mit ihrem von den Bischöfen als Provokation gedeuteten Verfahren bedeutete „das endgültige Scheitern der seit 829 verschärften Reformforderungen ..., die man in der Folge auf anderem Wege durchzusetzen suchte“ (Felten, in: LexMA III, 1986, Sp. 2047f., unter Verweis auf Pseudo-Isidor). -- Vgl. Dümmler, Geschichte I, S. 291-293; Lot / Halphen, S. 162-166; Hartmann, Vetera et nova, S. 87f.; Hartmann, Die Synoden, S. 216f.; Hartmann, Konzilien und Geschichtsschreibung, S. 486; Schneider, Die Einheit des Frankenreiches, S. 23; Krah, Die Entstehung, S. 289-294.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,2,1 n. 528, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0846-06-00_1_0_1_2_1_528_528
(Abgerufen am 29.03.2024).