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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,4,2

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Papst Nikolaus (I.) droht nach Informationen aus den Reichen Karls (des Kahlen) und Ludwigs (des Deutschen) mit entsprechenden Schreiben (in suis scriptis ... in istis partibus), Lothar (II.) zu exkommunieren, falls dieser nicht bis zum 1. Februar (in vigilia purificationis sanctae Mariae) sein illegitimes Verhältnis zu Waldrada beende.

Überlieferung/Literatur

Erw.: Brief des Bischofs Adventius von Metz an Hatto von Verdun (MG Epist. VI 232f n. 15).

Reg.: JE †*2829.

Lit.: Dümmler, Ostfränk. Reich II 155; Parisot, Lorraine 263; Hefele-Leclercq, Hist. IV,1 370; Haller, Nikolaus 65 Anm. 173; Staubach, Herrscherbild 188-192, 199; Gaillard, Advence 102f.

Kommentar

Nur aus dem Brief des Metzer Bischofs Adventius ist die Exkommunikationsandrohung des Papstes bekannt. Adventius bittet in diesem Schreiben Hatto von Verdun, dafür zu sorgen, daß Lothar bis zum 1. oder 2. Februar keinen Kontakt mehr zu Waldrada habe, er sich nach Flörchingen bei Diedenhofen begebe, wo ihm drei ischöfe die Beichte abnehmen sollen, damit er Maria Lichtmeß in S. Arnulf in Metz feiern könne. Die allgemein erwähnten Schreiben des Papstes sind nicht genauer zu identifizieren. Die erhaltenen Briefe an Karl, Ludwig oder die Bischöfe in deren Reichen enthalten keine derartigen Drohungen. JE unterstellt dem Metzer Bischof deshalb sogar eine jedoch letztlich nicht sicher nachweisbare Fälschungsabsicht. Die Interpretationen der Forschung betreffen neben inhaltlichen Fragen besonders die Datierung, die unterschiedlich zu 863, 865-866 oder 866-867 vorgeschlagen wurde. Staubach sieht in dem Ausdruck Waldradam non dimiserit einen Terminus technicus für eine Ehescheidung und geht demnach von einer Datierung auf den Beginn des Jahres 863 aus, als Lothar Waldrada gerade geheiratet hatte. Gaillard betont demgegenüber, daß Adventius Informationen über päpstliche Exkommunikationsabsichten von seinem aus Rom zurückgekehrten Boten Theuderich (vgl. n. 757) erhalten habe, was zur Abfassung des oben erwähnten Briefes an Hatto geführt habe. Parisot, der als Datierung Anfang 865 vorschlägt, und Haller sehen einen Zusammenhang zwischen dem hier erwähnten Brief des Adventius an Hatto und einem weiteren an Thietgaud von Trier (MG Epist. VI 214f. n. 4), in dem der Metzer Bischof seinem Metropoliten ankündigt, Lothar habe die Bischöfe seines Reiches zum 2. Februar nach Metz geladen. Problematisch ist jedoch, daß Thietgaud schon im Oktober 863 abgesetzt wurde, was in diesem Schreiben des Adventius nicht erwähnt wird. Wenn beide Briefe tatsächlich zur selben Zeit abgefaßt sein sollten, könnte dies nur Anfang 863 geschehen sein, als Thietgaud noch rechtmäßiger Erzbischof von Trier war (so auch Staubach). Mit Haller muß man fragen, ob Lothar II. für den Papst nicht aufgrund seines Verhaltens auf der Metzer Synode 863 (n. 642) und gemäß einer derartigen päpstlichen Androhung im Vorfeld der Synode (vgl. n. 604) exkommuniziert war, was Nikolaus in seinem Schreiben an Ado von Vienne (n. 724) und an Karl den Kahlen (n. 731) deutlich macht; vgl. hierzu weiterhin Perels, Berufungsschreiben 147. Haller geht jedoch außerdem davon aus, daß die Exkommunikation Lothars durch die Wiederaufnahme Theutbergas als Ehefrau von Arsenius im August 865 (vgl. n. 759) aufgehoben wurde, was ihn zu einer Datierung des vorliegenden Briefs auf Ende 865 oder Anfang 866 führt. Auffallend ist der enge zeitliche Zusammenhang der von Adventius angesprochenen päpstlichen Frist (1. Februar) mit der tatsächlich erfolgten Exkommunikation Waldradas (2. Februar 866, vgl. n. 788). Eventuell hatten sich nördlich der Alpen Gerüchte über päpstliche Exkommunikationsabsichten verbreitet, die nicht nur Waldrada, sondern auch Lothar betrafen, vgl. Haller 65. Allerdings ist ebenso eine Datierung auf Ende 866-Anfang 867 denkbar, wie sie von Dümmler sowie von Hefele-Leclercq favorisiert wird. Die Exkommunikation Waldradas könnte demnach als letzte Drohung an Lothar angesehen werden, die dieser jedoch nicht ernst nahm, sondern im Gegenteil weiter auf eine Scheidung von Theutberga drängte, so daß Adventius eine Exkommunikation seines Königs nach Jahresfrist des Ausschlusses von dessen Konkubine fürchten konnte. Die späten Datierungsmöglichkeiten (Ende 865-Anfang 866 und Ende 866-Anfang 867) werden im vorliegenden Regest bevorzugt und zu einem Vorschlag zusammengefaßt, aber letztlich kann als Abfassungszeit Anfang 863 nicht völlig ausgeschlossen werden.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,4,2 n. 782, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/fd6d5b9a-d621-4200-869f-0e48e68cdf7b
(Abgerufen am 28.03.2024).