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RIplus | Urkundenregesten Hofgericht 13 - Die Zeit Wenzels (1393-1396)

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Es wurde besprochen und folgende Übereinkunft getroffen (Es ist geretd und getedinget worden):

1. Die Straßburger sollen Kg. Wenzel geben [es folgt lediglich "etc"]1.

[2.] Dafür soll der Kg. die Straßburger aus Acht und Aberacht lösen2. Er soll sie wieder zu Gnaden aufnehmen wie vor der Acht (und sol ir gnediger herre sin also vor und e danne wir [!]3 zuo ahte getan wurdent). Alles zwischen Kg. und Straßburg bisher Geschehene soll geschlichtet sein (ein berichte sache sin) ebenso wie alle Forderungen, die Bořivoj von Svinaře oder sonst jemand namens des Kg. gegen Straßburg bis zum heutigen Tag stellen könnte.

[3.] Alle Freiheiten und Briefe, die Straßburg von Kg. Wenzel oder dessen Vorgängern erhalten hat, sollen ebenso wie alle althergebrachten Rechte, Gerichte, Freiheiten und Gewohnheiten unverändert weiter Bestand haben. {Es soll auch kein Recht darüber gesprochen werden (unde sol auch kein reht dar umbe gesprochen werden)}a.

[5.] (Item es sollen auch alle sachen die sich v)b.

[4.] Es wurde auch verhandelt über Freiheiten und Briefe, die Fürsten, Herren und die Straßburger von Kss., Kgg. oder anderen erhalten haben bezüglich Eigen, Lehen, Schuld, Leibgeding, Pfand und Auslösung. Diese sollen weiter Bestand haben; es soll kein Recht darüber gesprochen werden.

[5.] Was in diesem Krieg zwischen Kg.4 (uns von des riches wegen), Fürsten, Herren, Rittern und Knechten einerseits und den Straßburgern andererseits geschehen ist durch Brand, Mord, Raub oder andere Übergriffe, soll vergolten und verglichen sein5 (abe und eine verrihte vertedingete sache sin).

[5.1.] Der Bf. von Straßburg und die anderen Herrn, die sich nach ihrer Aussage an ihren Ehren angegriffen fühlen, mögen sich mit Recht verteidigen, wie dies auch die Straßburger können (die do beschuldiget sin an iren eren alz sie sprechen wol verantwurten mit dem rehten obe sie wellen).

[5.2.] Über Totschlag, Mord und Brand, die vor und während des Krieges gleich wie und von wem ausgeführt wurden und geschehen sind, soll es kein Rechtsverfahren geben (sollent [...] hindan gesetzet worden an dem rehten und sol kein reht dar ueber gesprochen werden).

[6.] Die gegenseitigen Gefangenen sollen ledig sein. Die Leistung nicht gezahlter Lösegelder und Kontributionen (schatzunge und brantschatzunge) soll entfallen, Bürgen sollen von ihrer Verpflichtung befreit sein (ledig sin). Versucht jemand, dies trotzdem anzumahnen, soll er die entsprechenden Leistungen und Schäden selbst begleichen (manet aber iemand dar ueber der sol die leistunge und schaden die dar uff gezogen werden selber geben und ußrichten).

[7.] [Die gegenseitig entfremdeten Leute sollen ohne Konsequenzen wieder zu dem ursprünglichen Herrn gehören.]

[8.] Rechtliche Vereinbarungen aus der Zeit vor dem Krieg zwischen Fürsten, Herren, Rittern und Knechten einerseits und Straßburg andererseits sollen wirksam bleiben (was [...] zwischen [...] verrihtet, verschriben unde vertedinget ist do by sol es bliben).

[9.] Gegenseitige Verbriefungen während des Krieges sollen weder rechtlichen noch sonstigen Nutzen oder Schaden bringen (keinen nutz oder schaden bringen noch vor dem Rehten vor gezogen werden).

[10.] Ferner will [der Kg.] (wir wollen)4, daß Fürsten, Herren, Ritter und Knechte den Straßburgern alle Schuldgülten, Leibgedingnutznießung, die ihnen im und vor dem Krieg heimgefallen sind, sowie verpfändete Zinsen, Renten und Nutznießungen zurückgeben, und zwar unbeschadet an ihrem Hauptgut, das ihnen entsprechend ihren diesbezüglichen Verbriefungen weiterhin zustehen soll6.

[11.] Ferner will [der Kg.] (wir wollen)4, daß Fürsten und Herren die Straßburger in ihre in und vor dem Krieg gleich wie entfremdeten Güter wieder einsetzen und fernerhin nicht mehr daran hindern, gleich ob es sich um [Städte, Burgen, Häuser, Pfandschaften, Käufe, Leibgeding]c, Erbe, Eigen oder Lehen handelt. Gleiches sollen die Straßburger ohne Hinterlist Fürsten, Herren, Rittern und Knechten zugestehen. Sie können ihre Güter wieder aufbauen und befestigen.

[12.] Fürsten, Herren und Straßburger sollen keine Pfahlbürger aufnehmen entsprechend dem, was in Hagenau darüber befunden wird7 (als sich das findet mit den Rechten zuo Hagenow).

[13.] Für die Forderungen der Fürsten und Herren, die auf des [Kg.] Seite (mit uns)5 gegen Straßburg waren, und umgekehrt für die Forderungen der Straßburger setzt [der Kg.] einen Tag nach Hagenau8 (was die [...] zuo sprechende hant [...] do bescheiden wir in tag umbe gen hagenowe).

[13.1.] Bořivoj von Svinaře wird auf diesem Tag an Kg. Statt sein (uff dem selben tage von unserme teile sin). Er soll den Tag nach gleichem Recht besetzen entsprechend Recht und Gewohnheit des Landes Elsaß mit Fürsten9, Herren, Rittern, Knechten und anderen ehrbaren Leuten, die in bedersite glich sin. Diese dürfen weder in den Krieg involviert gewesen noch Mannen oder Diener der Kriegsparteien sein.

[13.2.] Bořivoj von Svinaře soll dort in folgender Weise tätig werden: Der Bf. von Straßburg, Fürsten und Herren wie auch Straßburg sollen ihre Forderungen (ansprache) acht Tage vor dem angesetzten Tag Bořivoj von Svinaře schriftlich geben.

[14.] Was man mit beider Parteien Wissen und Willen nach Minne schlichten kann, soll Bestand haben (was man mit beden partien wißende und wille mit der minne verrichten mag, do by sol es bliben). Was nicht nach Minne zu regeln ist, über das soll man, ob es viel oder wenig ist, Recht sprechen (da sol man reht ueber sprechen). Die zu fällenden Urteile sollen Bestand haben und von beiden Seiten gewahrt werden10 (was do gefellet mit dem urteile wollen wir das daz veste blibe und von biden teilen gehaben werde).

[15.] [Die Regelung der Ansprüche zwischen Straßburgern, Rittern und Knechten wird auf einem gemeinen Tag vor gemeinen Leuten nach Minne oder Recht ausgetragen. Die Entscheidungen sollen Bestand haben. Bořivoj von Svinaře soll an diesem Tag teilnehmen, falls er will und kann, falls nicht, solle er an seiner Statt einen ehrbaren Mann entsenden, das das Reht sinen gang gewinne und habe].

[16.] Dies alles soll so geschehen, daß das vorher Gesagte in allen Punkten nach Recht Bestand hat (gesetzet sollent sin an dem rehten). Zukünftig soll darüber kein Urteil mehr gesprochen werden (dar umbe vürbasser kein reht gesprochen sol werden).

[17.] [Der Kg.] gebietet allen Parteien samt Dienern und Helfern, die vorgenannten Punkte und Urteile einzuhalten, das Recht zu suchen, anzunehmen und ihm zu gehorchen (die vorgenannten stueck und urteile vesteklichen halten und das Reht suchen uff nemen und dem gehorsam sin.). Der Kg. wird bei Bruch dem gehorsamen Teil helfen.

Originaldatierung:
[o.D.]11.

Überlieferung/Literatur

Ü: K AV Straßburg, AA 112 Nr. 140. – Papierkonzept; – 3 Seiten Überformat zusammengenäht.

Kommentar

1384 hatte der Straßburger Ausbürger Bruno von Rappoltstein den englischen Ritter John Harlestone (zu beiden vgl. Nr. 22, Anm. 1-2), der Jahre zuvor Besitzungen Brunos verwüstet hatte, auf einer Wallfahrt ins Heilige Land im Hochelsaß ungeachtet eines Geleitsbriefes des engl. Kg. Richard abgefangen und auf Hohen-Rappoltstein einkerkern lassen. Trotz einer hohen Lösegeldzahlung ließ er ihn nicht frei. Auf Interventionen des engl. Kg., des Kg. Wenzel und auch des Papstes hin (vgl. URH Bd. 11 Nr. 377f., 392, 405) versuchte Straßburg, Bruno zur Freilassung zu bewegen, allerdings vergebens. Aufforderungen, sich vor dem Hofgericht zu rechtfertigen, lehnte die Stadt mit dem Hinweis, keinen Einfluß auf Bruno zu haben, ab und wurde dann -wohl ohne entsprechende Ladung- von einem Gericht, dessen Zuständigkeit Straßburg zurückwies, 1389 geächtet. Es folgten die Aberacht und ein Reichskrieg gegen die Stadt, der, wie aus den Sühneverfahren zu ersehen ist (vgl. Nr. 20-20), die gesamte Region in Mitleidenschaft zog. Bruno wechselte -ungeschoren- die Seiten, findet sich in der Folgezeit im Dienst des Kg. und als mächtiger Widersacher der Stadt wieder (Zu dem Achtverfahren gegen die Stadt Straßburg vgl. URH Bd. 12 die zahlreichen Reg. zwischen 1389 und 1392. – Vgl. Louis Spach: Bruno de Ribeaupierre et les délégues de Strasbourg prisonniers a Schwanberg. Strasbourg 1865, S. 1-11). – Obiges und das folgende Konzept (vgl. Nr. 2) entstanden während der Vorverhandlungen zwischen den Parteien zur Achtlösung. Sie bildeten offenbar die Vorlage für die Urk. des Kg. (vgl. Nr. 3), bzw. für eine -verlorene- Ausfertigung der Stadt Straßburg. In der Urk. des Kg. (Nr. 3) fehlt bezeichnenderweise die Passage bezüglich irgendwelcher Vorleistungen (vgl. oben Anm. 2). – Die Verhandlungen waren zur Zeit der Entstehung des vorliegenden Konzeptes offenbar schon weit gediehen, denn es ist klar gegliedert, hat -abgesehen von in Anm. a-b genannten- keine wesentlichen Korrekturen und scheint mindestens eine, eher mehrere Vorlagen gehabt zu haben, die nicht auf uns gekommen sind. Die Vorlagen waren wohl Aufzeichnungen von Verhandlungspunkten für die jeweiligen Bevollmächtigten, sonst wären die Sprünge im Text, einmal aus Sicht des Kg., einmal aus Sicht der Stadt oder auch aus Sicht Dritter (vgl. Anm. 4-5), nicht zu erklären. Dem Tenor nach sind eher Straßburger Interessen vertreten, wie die Akzentuierung gegenüber der Urk. des Kg. zeigt.

Textkritik

  1. aDieser bemerkenswerte Zusatz in {} Klammer steht auf einem am rechten Rand des Papieres angehefteten Zettel und ist von gleicher Hand wie der Text geschrieben.
  2. bIm Text durchgestrichen und als Punkt [5.] ganz ausgeführt.
  3. cDiese Passage ist nachträglich von gleicher Hand zwischen die Zeilen eingefügt.

Anmerkungen

  1. 1Dieser Punkt, den das Konzept (vgl. Nr. 2) ebenfalls hat, fehlt in der Urk. des Kg. (vgl. Nr. 3). Den "Preis" für die Lösung von der Acht wird in Vorverhandlungen mit 4500 Gulden beziffert (vgl. UB Strassburg 6, Nr. 621f.; – vgl. auch unten Nr. 11 Anm. 3, Nr. 50, 58, 61f., 92).
  2. 21389 war über die Stadt Straßburg unter recht merkwürdigen Umständen die Acht verhängt worden (vgl. URH Bd. 12, Urk. von [1389 vor Sept. 27], 1392 Okt. 1 samt Anmerkungsverweisen; – vgl. Anm. unten).
  3. 3Während in anderen Passagen des Textes unpersönlich von den Straßburgern in dritter Person gesprochen ist, schöpft der Text hier offenbar aus einer Straßburger Vorlage.
  4. 4Vorlage scheint hier ein Konzept für den Kg. gewesen zu sein.
  5. 5Dieser Absatz findet sich in dem folgenden Konzept (vgl. Nr. 2 [4.]). Sowohl vorliegendes Konzept wie auch das andere stützten sich offenbar auf weitere, überarbeitete, unbekannte Vorlagen.
  6. 6In der endgültigen Fassung kamen die Straßburger nicht so gut davon (vgl. Nr. 3 [12.-14.]).
  7. 7Vgl. [13.].
  8. 8Vgl. Nr. 8, 10, 14ff., 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49 samt Anm.
  9. 9In der Urk. des Kg. fehlt der Hinweis auf Landesrecht und -gewohnheit gänzlich; statt allgemein "Fürsten" sind diese dort namentlich aufgeführt (vgl. Nr. 3 [6.-8.]).
  10. 10)Vgl. Nr. 4 [2.-5.].
  11. 11)Die Datierung ergibt sich aus Nr. 3.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RIplus URH 13 n. 1, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/f7457609-1e8c-4a11-bf9c-6ae859d40f89
(Abgerufen am 23.04.2024).

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