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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,4,3

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Papst Johannes (VIII.) wird von dux Lambert von Spoleto und Markgraf Adalbert (von Tuszien) gefangengenommen.

Überlieferung/Literatur

Erw.: n. 317; n. 320; n. 321 (vgl. auch n. 322, n. 323 und n. 324); n. 333; n. 344; n. 345; n. 346; n. 350; Ann. Fuldenses a. 878 (MG SS rer. G. [7] 91); Ann. Bertiniani a. 878 (Grat 223); Ann. Vedast. a. 878 (MG SS rer. G. [12] 43); Hermann von Reichenau, Chr. a. 878 (MG SS V 107); Sigebert von Gembloux, Chr. a. 879 (MG SS VI 342); Vinzenz von Beauvais, Speculum historiale 977; Chr. Turonense (Martène-Durand, Veterum Scriptorum 972); Martin von Troppau, Chr. (MG SS XXII 429); Tholomeus von Lucca, Hist. eccl. (MG SS XXXIX 364); Chr. Bononiense A (Corpus Chr. Bononiensium, SS rer. Ital. XVIII 1,1 416); Ranulf Hidgen, Polychronicon (Babington, SS rer. Brit. XLI,6 350); Petrus Bibliothecarius, Hist. Francorum a. 878 (MG SS I 418); Johannes Longus von Ypern, Chr. monasterii s. Bertini (Martène-Durand, Thesaurus III 527); Andrea Dandolo, Chr. (Pastorello, SS rer. Ital. XII,1 157); Chr. de France/Saint-Denis (Bouquet-Delisle, Recueil VIII 327 B).

Reg.: JE I p. 396; Böhmer-Mühlbacher2 n. 1532a; Böhmer-Zielinski n. 545.

Lit.: Dümmler, Ostfränk. Reich III2 73f.; Lapôtre, Jean VIII 342 (ND 408); Gay, L'Italie méridionale 120 ; Hofmeister, Markgrafen 364f.; Caspar, Register Johanns 147.; Hartmann, Gesch. Italiens III,2 52; Hlawitschka, Intentionen 136f.; Hlawitschka, Widonen 71f. (ND 206f.); Staab, Jugement 366f.; Arnold, Johannes 101f., 109-115.

Kommentar

Wie wir aus den genannten päpstlichen Schreiben erfahren, hatten dux Lambert von Spoleto und Markgraf Adalbert von Tuszien vorgegeben, in Rom Frieden mit dem Papst schließen zu wollen (Romam siquidem clandestinam fraude devotum venire se simulans, a nobis velut filius pacis benigne susceptus ...; n. 344). Zur Vorgeschichte vgl. n. 306 und n. 309. Nachdem der Papst Lambert und Adalbert empfangen hatte, seien jedoch die Stadttore von ihren Anhängern besetzt und der Papst für 30 Tage (vgl. n. 350) in der Peterskirche eingeschlossen worden (n. 346). Den Ann. Bertiniani (Grat 222f.) zufolge hätten Lambert und Adalbert außer Rom auch verschiedene uillae des Papstes geplündert. Der dux von Spoleto und der Markgraf von Tuszien nötigten daraufhin den römischen Adel, König Karlmann den Treueeid zu leisten, vgl. Ann. Fuldenses a. 878 (MG SS rer. G. [7] 91). Trotz der Mahnung des Papstes in n. 306 verschafften sie Formosus und seinen Anhängern, die auf der römischen Synode von 876 (n. 175) gebannt worden waren, Zugang zur Stadt Rom, vgl. auch n. 321. Hoch- bzw. spätmittelalterliche Chroniken stellen die Ereignisse in der Regel verzerrt dar: Sigebert von Gembloux (mit falschem Datum), das Chr. Turonense, Ranulf Hidgen, Vinzenz von Beauvais, Martin von Troppau, Tholomeus von Lucca, die Chronik A des Corpus Chronicorum Bononiensium, Andrea Dandolo und Matthäus Palmieri (mit einer falschen Datierung ins Jahr 882) führen etwa die Gefangennahme durch "die Römer" auf die Tatsache zurück, daß der Papst nicht Karl (gemeint ist offensichtlich Karlmann), sondern Ludwig den Stammler als Kaiserkandidaten favorisierte bzw. ihn bereits zum Kaiser gewählt habe. Ähnlich berichtet Johannes Longus von Ypern, Johannes habe Ludwig den Stammler zum Kaiser krönen wollen, dies sei jedoch am Widerstand der Römer gescheitert. Hermann von Reichenau zufolge sollen die römischen principes einen Eid auf Karlmann geschworen haben. Hermann betont, Johannes habe versucht, nach seiner Rückreise nach Italien Karlmann das regnum Italiae zu entziehen und Boso zu übertragen. – Wie aus n. 321 und n. 333 hervorgeht, wurde den Geistlichen, welche die Litaneien rezitierten, der Zugang zu S. Peter verwehrt (n. 311). Die sacras letanias bezieht Lapôtre, Jean VIII 342f. (ND 408f.) Anm. 2 auf die letania maior, die am 25. April begangen wird. Lapôtre 342f. (ND 408f.) Anm. 2 schließt daraus, daß die Besetzung der Leostadt zwischen dem 26. März und dem 26. April oder dem 27. März und dem 27. April stattgefunden haben müsse; diese Datierung sieht Caspar, Register Johanns 147 Anm. 1, als unzureichend begründet an. Da der Papst in n. 321 von einer erneuten Bedrohung Roms durch Lambert schreibt und seine Reise ins Westfrankenreich ankündigt, wo er am 11. Mai eintraf (vgl. n. 349), ist davon auszugehen, daß Johannes sich nach Abzug der Truppen Lamberts und Adalberts noch für kurze Zeit in Rom aufhielt, zumal mehrere auf den 16. April datierte Papstbriefe erhalten sind, die nicht den Eindruck machen, in Gefangenschaft geschrieben worden zu sein (vgl. n. 326, n. 327 und n. 329). Die Gefangennahme ist daher wohl auf Ende Februar zu datieren und währte die darauffolgenden Märzwochen.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,4,3 n. 310, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/f65ea3c4-4ef3-4395-a61b-9b36c6609351
(Abgerufen am 18.04.2024).