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RIplus | SFG: Bischöfe und Domkapitel von Augsburg - Bd. 1: Wikterp - Walther I. von Dillingen (769-1152)

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Folgt auf Bischof Heinrich II.

Überlieferung/Literatur

Annales Augustani (11. Jh.) MG SS 3, 127; Bertholdi annales (11. Jh.) MG SS 5, 272; Herimanni Aug. chron. continuatio (11. Jh.) MG SS 13, 732; Lamperti monachi Hersfeldensis annales (11. Jh.) MG SS Schulausg. 92; Bernoldi chronicon (11. Jh.) MG SS 5, 428; Annales Altahenses maiores (11. Jh.) MG SS Schulausg. 64. - Bischofslisten: MG SS 13, 335; 14, 558; 15 II, 1308.

Kommentar

Namensformen: Embriko, Embrico, Embricho, Embriccho, Embricco, Embricio, Embrichio, Embricius, Imbrico, Imbricco, Imbricko, Imbric, Imbricus, Imbrieco, Embico. - Herkunft: In der älteren augsburgischen Historiographie wird angenommen, daß Embriko aus dem Haus der Grafen von Leiningen stamme (erstmals bei Sigmund Meisterlin; s. Braun, Geschichte 1, 387; vgl. Zoepfl, Investiturstreit 305); dies wird übernommen von E. Brinckmeier, Genealogische Geschichte des Hauses Leiningen und Leiningen-Westerburg 1 (1890) 10 und U. Chevalier, Repertoire des sources historiques du Moyen-Age. Bio-Bibliographie 1 (1905) 1316. Auch der Würzburger Bischof Embriko (1127-1146) wird in der älteren Literatur gelegentlich mit dem Haus Leiningen in Verbindung gebracht. Wahrscheinlich beruht dies auf einer Verwechslung mit dem Leitnamen der frühen Leiningen-Genealogie: Emicho (Wendehorst, Würzburg 140). In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts erscheint Emecho de Liningen in Mainzer Urkunden (z. B. 1128: Stimming, Mainzer UB 1, 466 ff Nr. 554; 1131: ebd. 487 f Nr. 571). Emicho von Kirberg wird 1112 in einer Urkunde neben dem Kleriker Embrico, dem Kämmerer Embricho und dessen Sohn Embricho erwähnt (ebd. 363 f Nr. 456; Dertsch, Regesten Mainz 5 Nr. 8). Außerdem ist um diese Zeit auch ein Mainzer Stadtkämmerer Embricho belegt (Acht, Mainzer UB 2, 20 f Nr. 13). Für die Herkunft Embrikos von Augsburg aus der Grafenfamilie, die sich nach Leiningen nannte, fehlen eindeutige Belege; zur Genealogie der Familie vgl. Th. Kaul, Das Verhältnis der Grafen von Leiningen zum Reich und ihr Versuch einer Territorialbildung im Speyergau im 13. Jahrhundert, in: Mitteilungen des histor. Vereins der Pfalz 68 (1970) 222 ff. Sicher ist, daß Embriko vor der Erhebung auf den Augsburger Bischofssitz Dompropst von Mainz war. Als praepositus Moguntinus erwähnen ihn die Annales Augustani (MG SS 3, 127) und Lampert von Hersfeld, Annales (MG SS Schulausg. 92). In Mainzer Quellen erscheint er 1056 als prepositus (Stimming, Mainzer UB 1, 188 Nr. 297; Böhmer-Will 1, 179 Nr. 16), 1057 als archiprepositus (Stimming, Mainzer UB 1, 189 ff Nr. 299; Böhmer-Will 1, 179 Nr. 19) und 1059 als prepositus s. Martini (Stimming, Mainzer UB 1, 194 f Nr. 303). St. Martin ist der von Erzbischof Willigis zu Ende des 10. Jahrhunderts begonnene, von Erzbischof Bardo 1036 geweihte Dom St. Martin in Mainz (Böhmer-Will, bes. 1, 169 Nr. 25; Oswald-Schaefer-Sennhauser 191 ff); die am alten Dom (Johanniskirche) bestehende Kongregation war dorthin übertragen worden. Bei Bertholdi annales (MG SS 5, 272) wird Embriko als canonicus Moguntinensis erwähnt. 1128 werden Güter und Einkünfte des Domkapitels von Mainz genannt, die diesem von Bischof Embriko von Augsburg übergeben worden sind (Stimming, Mainzer UB 1, 466 f Nr. 554).

 

Ein aus Mainz stammender, gebildeter, dichterisch begabter Kleriker Embricho gilt als Verfasser der Vita Mahumeti, die um die Mitte des 11. Jahrhunderts entstanden sein dürfte; Ausgabe: F. Hübner, Vita Mahumeti, in: HV 29 (1935) 441-490; Inhaltsangabe der fabulösen Dichtung: Manitius 2, 582 ff; zur Charakteristik ebd. 494. Die ältere Literatur zu dem in der mittellateinischen Überlieferung singulär dastehenden Werk s. Wattenbach-Holtzmann 450; Stammler, Verfasserlexikon 1, 564 ff; G. Cambier, Embricon de Mayence (1010?-1077) est-il l’auteur de la Vita Mahumeti? in: Latomus 16 (1957) 468-479 (tritt dafür ein, daß das Werk von Embriko von Mainz, dem späteren Bischof von Augsburg, verfaßt wurde); Ders., Une copie de la Vita Mahumeti au British Museum, in: Revue du Moyen-Age Latin 19 (1963) 171-176; Hübner, in: HV 29, 443-449 über die Handschriften. Bemerkenswert ist, daß eine dem 14. Jahrhundert angehörige Handschrift in St. Ulrich und Afra in Augsburg überliefert ist; nachgewiesen ist der Besitz des Klosters allerdings erst im 18. Jahrhundert (vgl. Kraft, Ordinariatsbibliothek 53). In einigen Handschriften folgt auf die Vita Mahumeti eine Vita auctoris, die den Verfasser Embriko nennt und den Bezug zu Mainz herstellt; zur Verfasserfrage s. auch F. Hübner, Die Grabinschrift Ottos I. im Magdeburger Dom, in: HV 28 (1934) 154 f. Da an der Tätigkeit Embrikos als Dompropst von Mainz vor seiner Erhebung auf den Augsburger Bischofsstuhl kein Zweifel besteht, da das Werk sicher im Mainzer Raum entstanden ist und weil schließlich Embrikos starke literarische Interessen auch anderwärts belegt sind (s. Nr. 306), kommt der Vermutung, daß Embriko von Mainz-Augsburg der Verfasser der Vita Mahumeti ist, große Wahrscheinlichkeit zu. Weniger gut begründet ist die Annahme, daß Bischof Embriko von Würzburg (1127-1146) der Autor gewesen sei (so ohne durchschlagende Gründe Rosenstock, Würzburg, das erste geistl. Herzogtum in Deutschland, in: HV 16 [1913] 71 und danach Wendehorst, Germania sacra, Würzburg 1, 149; über Embriko von Würzburg vgl. auch NDB 4, 474 und LthK 23, 844). Die Verfasserschaft des in Mainz zwischen 1090 und 1112 nachgewiesenen Kämmerers Embricho (Laie) ist völlig unbewiesen; dafür Wattenbach-Holtzmann 450; Belege für den Kämmerer Embricho s. Stimming, Mainzer UB 1, 276 ff Nr. 376 (1090); 363 f Nr. 456 (1112), ferner Acht, Mainzer UB 2, 20 f Nr. 13 und Dertsch, Regesten 5 Nr. 8. Der Name Embricho oder Embriko erscheint häufig in Mainz im späteren 11. und im 12. Jahrhundert; für 1106 und 1108 ist ein Dompropst Embriko belegt (Stimming, a.a.O. 334 Nr. 427 und 342 ff Nr. 436), für 1112 ein Kapellan Embriko (ebd. 359 ff Nr. 452; 363 ff Nr. 456); an einen dieser Kleriker denkt Zoepfl, Investiturstreit 305 und Bischöfe 96 Anm. 3 als Verfasser. G. Cambier, Les sources de la Vita Mahumeti d’Embricon de Mayence, in: Latomus 20 (1961) 100-115, 364-380 kann feststellen, daß der Verfasser bereits 50 Jahre vor Beginn des ersten Kreuzzuges Werke der arabischen und byzantinischen Literatur kannte; wenn er nicht selbst eine Pilgerreise in das Heilige Land unternommen hat, sind Pilgerberichte als Informationsquellen anzunehmen. Außerdem sind Verbindungen zu literarischen Quellen nach Spanien zu vermuten. Zur Einreihung des Werkes in die Überlieferung des abendländischen Muhammed-Bildes des Hochmittelalters s. H. Prutz, Kulturgeschichte der Kreuzzüge, 1883, 1. Buch, 5. Kapitel; Ders., Über des Gautier von Compiegne „Otia de Machomete“. Ein Beitrag zur Geschichte der Mohammedfabeln im Mittelalter und zur Kulturgeschichte der Kreuzzüge, in: SBM 1903 (l 904) 74 f (vgl. dazu Manitius 3, 680); G. Pfannmüller, Handbuch der Islamliteratur (1923) 153. Prutz und Pfannmüller nehmen Hildebert von Lavardin, Bischof von Le Mans und Erzbischof von Tours, gestorben 1133, als Verfasser an; dies trifft nicht zu; s. W. v. d. Steinen, Humanismus um 1100, in: Archiv f. Kulturgeschichte 46 (1964) 1-20; P. v. Moos, Hildebert von Lavardin (1056-1133) (Pariser Histor. Studien 3) 1965; weitere Literatur s. Wattenbach-Holtzmann 790,137+, 212+. - Zum abendländischen Muhammed-Bild vgl. auch Merker-Stammler, Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte 22 (1965) 827-831; weitere Literatur über die Beziehungen zwischen Islam und Christentum im Mittelalter s. bei H. E. Mayer, Bibliographie zur Geschichte der Kreuzzüge (21965) 187 f Nr. 4063-4090. - Zur islamischen Überlieferung der Lebensgeschichte Muhammeds vgl. Enzyklopädie des Islam, 4 (1934) 472-476 und Handwörterbuch des Islam (1941) 699 ff; über die Quellen zu Muhammeds Geschichte s. auch F. Buhl, Das Leben Muhammeds (übersetzt von H. H. Schaeder), 31961, 366-377; grundlegend außerdem T. Andrae, Mohammed. Sein Leben und sein Glaube (1932). Im allgemeinen vgl. auch H.-J. Kißling, Islam und Kreuzfahrer, in: Vorträge und Forschungen 12 (1968) 243-253.

 

Lobende Charakteristiken Embrikos enthalten die Annales Augustani zu 1063 (vir ad id temporis admodum religiosus atque laudabilis; MG SS 3, 127) und zu 1077 (beatae memoriae plenus operibus bonis et elemosinis; MG SS 3,129), Lampert von Hersfelds Annalen (vir pontificalis modestiae et gravitatis; MG SS Schulausg. 92) und ein Schreiben des Domkapitels an Bischof Hermann von etwa 1099 (egregius doctor; J. v. Pflugk-Hartung, Briefe aus den Jahren 1047-1146, in: NA 6 [1881] 629-634; Zeitansatz von Zoepfl, Investiturstreit 318 Anm. 93 begründet. Vgl. Nr. 374). Verse, die die Erneuerung eines Kreuzes durch Embriko erkennen lassen, überliefert die Pariser Handschrift Nouv. acquis. 241 (zur Handschrift vgl. Nr. 275):

Hoc crucis eximium, data quo victoria, signum.

Qui decus adiecit fieri pater Embrico fecit,

Quod veteri fracto sumptu renovavit adacto.

Hic quod et ornatus subtus nitet est operatus.

Ex virtute dei stetit hoc insigne trophei:

Nobis velle mori, sibi vivere, victor honori.

(Druck: E. Dümmler, Verse des 11. Jahrhunderts, in: NA 6 [1881] 446). Möglicherweise besteht ein Zusammenhang mit dem für den Dom nachgewiesenen Kreuzaltar, an oder bei dem das hier genannte Kreuz angebracht gewesen sein könnte (vgl. Schröder, in: AHAug 6, 279 f). Bei diesem Altar wurde Embriko beigesetzt (s. Nr. 340). Historiographische Notizen aus Benediktbeuern (Lkr. Bad Tölz-Wolfratshausen) berichten, daß dort Bischof Ellenhard von Freising anstelle von Bischof Embriko Weihehandlungen vorgenommen habe; Ellenhard regierte von 1052 bis 1078 (Notae Buranae, 11. Jh., MG SS 17, 321). C. Meichelbeck, Chronicon Benedictoburanum (1753) 77 weiß zu berichten, daß Embriko die Kirche St. Michael in Kochel (Lkr. Bad Tölz-Wolfratshausen), die dem Kloster gehörte, geweiht habe. Seine Vorlage ist nicht festgestellt; vgl. dazu die Benediktbeuerer Überlieferung in MG SS 9, 210 ff und 17, 319 ff (s. dazu Wattenbach-Holtzmann 559). Über die Bedeutung der Bischöfe von Augsburg in der Gründungsgeschichte von Benediktbeuern s. Nr. 3; zum Verhältnis im 12. Jahrhundert vgl. Nr. 412, 432, 456; Zoepfl, Bischöfe 117 Anm. 1; Hemmerle, Germ. Ben. 2, 62. Das Pfarrkirchenverzeichnis des 12. Jahrhunderts erwähnt Kochel nicht (s. Schröder, in: AHAug 1, 337).

Während der Regierungszeit Embrikos wurden in Augsburg weiter die sog. St.-Udalricus-, St.-Maria- und St.-Petrus-Münzen geprägt; es ist noch nicht geklärt, ob hier Zusammenhänge mit der Finanzierung des Dombaues zu seiner Zeit bestehen (Steinhilber 38). Gepräge unter Embrikos Namen sind nicht bekannt.

Zusammenfassende Literatur über Embriko: Braun, Geschichte 1, 387-407; Zoepfl, Investiturstreit 305 ff; Ders., Bischöfe 96-102; Dict. Hist. Geogr. 5, 393; 15, 372.

 

Nachtrag:

 

1059 Mai 27 erscheint als Petent in der Schenkungsurkunde Heinrichs IV. für das Stift St. Georg zu Limburg neben der Kaiserin Agnes als Intervenientin der königliche Kapellan Imbricho (MG DD 6, 70 f Nr. 54; RI 3 II, 69 Nr. 168). Es ist ziemlich unwahrscheinlich, daß dieser mit dem späteren Bischof identisch ist (vgl. Zoepfl, in: HJb 71, 306 und Meyer v. Knonau, Jahrbücher Heinrichs IV. und Heinrichs V. 1, 154, 356; Gawlik 19, 130), weil zwischen 1056 und 1059 dieser als Kanoniker und Propst in Mainz belegt ist. Die Tatsache, daß um 1059 der Einfluß Bischof Heinrichs II. von Augsburg in der Vormundschaftsregierung der Kaiserin Agnes für Heinrich IV. recht erheblich war (s. Nr. 276), könnte andererseits allenfalls einen Hinweis geben, daß der um diese Zeit in der königlichen Kapelle tätige Imbricho auf diesem Weg für die Nachfolge Heinrichs II. qualifiziert wurde. Vgl. auch RI 3 II, 138 f Nr. 314, 143 Nr. 324. - I. Toussaint, Die Grafen von Leiningen (Sigmaringen 1982) 24 f und 204 legt dar, daß weder Bischof Embriko von Augsburg noch Bischof Embriko von Würzburg zur Familie der Grafen von Leiningen gehören.

Siegel Bischof Embrikos. Die Verwendung eines Siegels ist 1067 und 1071 nachgewiesen (Nr. 314 und Nr. 320); ein Abdruck ist nicht erhalten. Zur Zeit Bischof Embrikos war auch noch der Siegelstempel Bischof Udalrichs in Gebrauch (Nachtrag zu Nr. 102 und Nr. 144).

Monogramm Bischof Embrikos. Zu 1067 ist die Verwendung eines Namensmonogramms mit dem Grundbuchstaben M belegt (Nr. 314).

Über König Heinrich IV. und Augsburg zur Zeit Bischof Embrikos vgl. Kottje, in: HJb 97/98, 148 f. - Über den von Bischof Embriko besonders betriebenen Heiligenkult vgl. Pötzl, in: JbAugBtmG 9, 65 ff. - Zur Überlieferung des Grabgedichts (NA 6, 446) s. Hörberg 98 ff; die Handschrift wird hier für St. Ulrich und Afra reklamiert. - Über die Zeit Bischof Embrikos und seiner Nachfolger vgl. auch K. Bosl, Adel, Bistum, Kloster Bayerns im Investiturstreit, in: Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 36 II (1972) 1140; Augsburg (1984) 124.

 

Regest übernommen aus: Die Regesten der Bischöfe und des Domkapitels von Augsburg, bearbeitet von Wilhelm Volkert (Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Reihe 2b), Augsburg 1985, S. 178ff.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RIplus Regg. B Augsburg 1 n. 304, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/f5448619-56a5-461e-87bd-730e298d9b11
(Abgerufen am 25.04.2024).

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