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[RI XIII] Friedrich III. (1440-1493) - [RI XIII] H. 34

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K.F.schließt mit Kg. Matthias von Ungarn folgende Übereinkunft: (1)2 K.F. wird Gian Galeazzo (Sforza) und dessen Mutter Bona (von Savoyen), die unrechtmäßig als Hzz. von Mailand auftreten,3 innerhalb eines Jahres gerichtlich vorladen, zu gewaltsamen Okkupatoren und Inhabern fremden Guts erklären und entsprechende Urkunden ausstellen. (2) Nach dem Urteilsspruch wird er Friedrich, Sohn Kg. Ferdinands (I.) von (Neapel und) Sizilien, mit der Herrschaft Mailand samt allen Gebieten und Orten, derer sich Gian Galeazzo und Bona bemächtigt haben, als Vikariat gemäß Gewohnheit des Reichs erblich belehnen. Über die ihm (K.F.) und seinen Nachfolgern zu leistende jährliche Steuer soll auf dem in der Sache am kommenden St. Georgstag (1478 April 24)4 anberaumten Tag in Wien oder dort, wo sich der K. in seinen Erblanden aufhalten wird, durch seine, Kg. Ferdinands und Kg. Matthias’ Gesandten eine Übereinkunft erzielt werden. (3) Zur Erlangung Mailands wird er Friedrich mit allen nur möglichen Gnaden selbst versehen wie auch durch andere versehen lassen. (4) Sobald dieser in den Besitz der Herrschaft und vor allem der Stadt Mailand gelangt, wird ihm K.F. innerhalb von drei Jahren seine Tochter Kunigunde zur Gemahlin geben laut den auf dem genannten Tag ausgehandelten Bedingungen. (5) Stimmt Kg. Ferdinand den Vertragsartikeln zu, sollen jene 100.000 fl. die gemäß anderen Verträgen5 von Österreich an Kg. Matthias zu zahlen sind, dem K. zufallen; verweigert Kg. Ferdinand aber seine Zustimmung, fallen die 100.000 fl. vertragsgemäß an Kg. Matthias. (6) Abschließend wird vereinbart, dass die Gesandten für den genannten Tag mit allen Vollmachten, auch hinsichtlich erforderlicher Vorkehrungen gegen die Türkeneinfälle, ausgestattet sowie der Kg. von Kastilien und der Hz. von Burgund ebenfalls zur Entsendung von Bevollmächtigten aufgefordert werden sollen.

Überlieferung/Literatur

Org. oder Kop. im bearbeiteten Bestand nicht überliefert. – Dep.: Ein gleichlautender „Zettel“ (cedula) erw. im Vertragsexemplar (lat.) Kg. Matthias’ von Ungarn von 1477 November 30, Korneuburg, im HHStA Wien (Sign. AUR 1477 XI 30), Pap., rotes S des Ausst., rücks. aufgedr. (großteils abgefallen).6

Lit.: Fraknói, Mathias Corvinus S. 196; Mayer, Abdankung S. 192–196; Bachmann, Reichsgeschichte 2 S. 602f.; Starzer, Klosterneuburg S. 121; Rászó, Feldzüge S. 6; Nehring, Matthias Corvinus S. 92; Isenmann, Kaiserliche Obrigkeit S. 319; Hoensch, Matthias Corvinus S. 158.

Kommentar

Das in der Corroboratio als cedula bezeichnete Vertragsexemplar Kg. Matthiasʼ von Ungarn beginnt mit den Worten Memorie comendatur quod serenissimi principes […] und nennt beide Vertragsparteien in objektiver Form in der dritten Person. Nur die Siegelankündigung erfolgt durch Kg. Matthias in der ersten Person. Die nur in dieser Überlieferung bekannte und daher immer unter dem Datum 1477 November 30 zitierte Übereinkunft ist ein Geheimabkommen7 zum Friedensvertrag von 1477 Dezember 1 (s. n. 106), der allerdings seitens Matthias tatsächlich erst am 18. Dezember angenommen und rückdatiert wurde. Nach Mayer (S. 192) und Nehring (S. 92) waren vermutlich die Geheimartikel der Grund für die Verzögerung. Auch wenn die Ausstellung des ksl. „Vertragszettels“ erst im Laufe dieses Zeitraums erfolgt sein dürfte, ist eine (Rück-)Datierung auf den 30. November entsprechend dem ungarischen Vertragsexemplar oder auf den 1. Dezember, dem Datum des Friedensvertrags, mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Das Geheimabkommen begünstigte zwar vorrangig die Italienpolitik Kg. Matthiasʼ – Prinz Friedrich war ein Bruder der Kgn. Beatrix –, eröffnete aber dem Kaiser die Option auf die laut Hauptvertrag an Matthias zu leistende Entschädigung von 100.000 fl.8 Hinsichtlich der vereinbarten Verurteilung Hzn. Bonas und Gian Galeazzos wurde seitens K.F. nichts unternommen; auch fand keine Zusammenkunft in der Angelegenheit im April 1478 statt. Im Januar 1479 kündigte Matthias Corvinus das Abkommen, entband K.F. von dem Heiratsversprechen und forderte die Zahlung des Geldes ein.9

Anmerkungen

  1. 1Zur Datierung s. den Kommentar, zum Ausstellungsort Chmel, Mon. Habsb. I/3 S. 633f. n.  4 (Kredenzbrief Kg. Matthiasʼ von 1479 Januar 12 für Propst Georg von Pressburg), wo es in Bezug auf das vorliegende Abkommen heißt: super secretis illis articulis apud Gmunden conceptis.
  2. 2Die Nummerierung der Artikel folgt der Gliederung des Vertragstextes, in dem jeder Artikel mit conventum et conclusum est eingeleitet wird.
  3. 3Eine reichsrechtliche Legitimierung der Herrschaft der Sforza als Hzz. von Mailand (seit 1450) durch K.F., der auf eine Resignation Mailands an das Reich bestand, war nie erfolgt, s. Reinle, Ulrich Riederer S. 258f.
  4. 4Zur Datierung des St. Georgstags auf April 24 s. Regg.F.III. H. 12 n. 6, Anm. 2.
  5. 5Siehe n. 106.
  6. 6Druck (ungarisches Vertragsexemplar): Chmel, Mon. Habsb. I/2 S. 117–119 n. 17; Reg.: Kollar, Ursinus Velius S. 320f. n. 2; Chmel n. 7169; Lichnowsky(-Birk) 7 n. 2115. – Rücks. Ausstellervermerk: Concordie et conventiones inter illustrissimos dominos Fredericum Romanorum imperatorem et Mathiam Hungarie regem super quibusdam articulis contra Joannem Galiatz et eius genitricem occasione violente occupationis et iniuste detentionis ducatus Mediolani etc. concluse Closterneuburg [!] et sigillate per predictum regem Hungarie. Anno Domini mcccclxxvii.
  7. 7Zur Bezeichnung als „geheime Artikel“ s. Anm. 1.
  8. 8Siehe n. 106, Artikel 7.
  9. 9Siehe dazu Chmel (wie Anm. 1); Mayer, Abdankung S. 196f.; Nehring, Matthias Corvinus S. 109.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

[RI XIII] H. 34 n. 105, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/ee2ecb34-24be-4bde-9e9c-5b198d1339c9
(Abgerufen am 28.03.2024).