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RI XI Sigmund (1410-1437) - RI XI Neubearb., 3

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Kg. S. verpfändet und verschreibt (obligamus, proscribimus et impignoramus) mit wohlbedachtem Mut, rechtem Wissen und gutem Rat seiner Getreuen des Kg.reichs Böhmen aus kgl.-böhmischer Macht (auctoritate nostra regia Bohemie) dem edlen Materna von Rohnau (nobili Materno de Ronow) und dessen Erben das Dorf Tweras (Sweras) des [Prämonstratenser-]Stiftes Strahow (claustri Strahowiensis) und das Dorf Ottau (Zaton) des [Benediktiner-]Klosters Ostrow (claustri Ostrowiensis) mit allen rechtmäßig zugehörigen Zinsen und Nutzen zur Sicherstellung einer Schuldsumme von 832 Schock Prager Groschen. Sie sollen die Zinse (census) solange ungehindert innehaben und einheben (habendum, levandum et recipiendum), bis S. oder seine Erben und Nachfolger als böhmische Kgg. ihnen die Verschreibungssumme in barem Geld ausbezahlt haben. Die durch diese Urk. gewährten Rechte sollen auch diejenigen genießen, die die Urk. mit gutem Willen Maternas oder dessen Erben innehaben werden (qui autem presentem litteram cum ipsorum bona voluntate habuerit, eidem ius competat omnium premissorum).

Originaldatierung:
sabbato proximo post Ffabiani [!], 36 – 13 – 3
Kanzleivermerke:
KVr: Ad mandatum domini regis Michael prepositus Boleslaviensis. — KVv: Ohne RV.

Überlieferung/Literatur

Angebliches Orig. Perg. lat. mit gefälschtem roten ung. Sekretsiegel (vgl. Posse 14/3) in wachsfarbener Schüssel am Perg.-streifen, in SOA Třeboň, Zweigstelle Český Krumlov, Bestand Velkostatek Český Krumlov, Sign. I 1 A α Nr. 149b (A). – Kop. lat.: Insert im Vidimus der Äbte von Hohenfurt und Goldenkron und einiger Adliger vom 21. August 1454 in SOA Třeboň, Bestand Cizí rody Třeboň, Inv. Nr. 164, Kart. 48 (B).1 – Altes Reg.: tsch. Kurzreg. in SOA Třeboň, Cizí rody Třeboň, Sign. II z Rožmberka, registratura, Nr. 20b, pag. 4 (C); tsch. Kurzreg. in SOA Třeboň, Cizí rody Třeboň, Sign. II Křinecký, Březans Genealogie (D).

Reg.: RI XI, Nr. 4710 (nach B; ohne Fälschungsverdacht); Sedláček, Zbytky register, S. 165, Nr. 1189 (tsch.; ohne Fälschungsverdacht).

Lit.: Schmidt, Benediktinerpropstei, S. 46; Bar, Neznámá falza, S. 88–93.

Kommentar

Die bisherige Forschung hat die Echtheit der Urk. überwiegend nicht in Zweifel gezogen,2 weil der Urk.-inhalt an sich keinen Verdacht erregt. Die Pfandsumme erscheint zwar übertrieben und die Güter wurden schon den Brüdern von Drahov verpfändet,3 aber nichts davon weist eindeutig auf eine Fälschung hin. Manche äußeren sowie inneren Merkmale erregen jedoch Verdacht:

– das gefälschte Sekretsiegel (vgl. Posse 14/3) entspricht dem gleichen Typar, das bei der Ausfertigung anderer Fälschungen Ulrichs von Rosenberg verwendet wurde.4

– der Ausstellungsort stimmt nicht zum angeblichen Datum, da S. sich am 24. Januar 1422 in Ungarisch Hradisch aufhielt.5 Theoretisch kann das mittelalterliche verödete Dorf Kladoruby gemeint sein, das 20 km nördlich von Ungarisch Hradisch in Richtung Kremsier lag.6 In diesem Fall hätte S. am 24. Januar aufbrechen, an der Stadt Kremsier vorbeiziehen und weiter nach Brünn fortsetzen müssen, wo sein Aufenthalt ab dem 27. Januar belegt ist. Es kommt aber noch eine andere Lösung in Betracht: Der Ausstellungsort würde ganz gut zu dem Tagesdatum passen, wenn wir annahmen, dass das Jahr zu 1421 zu emendieren ist. In diesem Fall würde es sich um S. Heereslager vor dem Kloster Kladrau im Pilsner Kreis handeln, wo S. tatsächlich mehre Urkk. und Briefe ausstellte.7

– die Regierungsjahre entsprechen eher dem Jahr 1423 und nicht 1422. Dabei kann es sich aber um einen Fehler des Schreibers handeln, es ist daher nicht zulässig, daraus eine Fälschung abzuleiten.

– das Urk.-formular stimmt mit jenem der Fälschung auf den 19. Oktober 1437 wortwörtlich überein (Reg. Nr. 250). Die Hand wirkt jedoch anders und ist durch schwankenden Zeilenabstand sowie kunstlose Strichführung (vor allem der Buchstabe "n" am Anfang der Promulgation "notum facimus […]") gekennzeichnet.

Obwohl man von den angeführten Argumenten nur das gefälschte Siegel als eindeutigen Beweis für eine Fälschung heranziehen darf (wobei auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass dieses Siegel nachträglich an eine eventuell echte Urk. gehängt wurde), erregen die anderen Unstimmigkeiten ernsten Verdacht. Die Überlieferung der Urk.8 im rosenbergischen Archiv und die historischen Umstände der Übernahme der Herrschaften Ottau und Tweras durch Ulrich von Rosenberg deuten weiter darauf hin, dass die Fälschung im Auftrag Ulrichs angefertigt worden sein dürfte. Es fällt allerdings schwer, den unmittelbaren Anlass der Entstehung des Falsums zu rekonstruieren.

Die Interpretation muss zwei Aspekte erhellen: Einerseits das Verhältnis Maternas zu Ulrich von Rosenberg und anderseits eventuelle Ansprüche Maternas auf die betroffenen kirchlichen Gütern. Während der Hussitenkriege war Materna ein treuer Anhänger der kgl.en Partei, der gemeinsam mit seinem Bruder Christoph die seit 1412 von Wenzel IV. den Herren von Rohnau verpfändete Burg Jung Woschitz gegen die Hussiten verteidigte.9 Folgende Indizien deuten darauf hin, dass Materna und sein Bruder Christoph vermutlich in rosenbergische Dienste traten, nachdem die Burg 1425 in die Hände der Hussiten gefallen war: Der Krumauer Pfarrer soll die Präsentation eines Pfarrers der Brüder von Rohnau vollzogen haben; ein rosenbergischer Amtsträger ist als deren Gläubiger belegt10 und Materna wurde wohl 1427 Hauptmann der Stadt Budweis.11 Wie lange Materna in Budweis tätig war, ist aufgrund der vorhandenen Quellen nicht zu erschließen; spätestens im Jahr 1439 waren er und sein Bruder Christoph tot.12

Die Verbindung Maternas zu den Rosenbergern ist unbestreitbar, es gilt aber noch zu klären, ob Materna tatsächlich eine Verpfändungsurk. über die kirchlichen Güter Tweras und Ottau von S. erhalten hat. Man muss die Existenz einer solchen Urk. fast voraussetzen, da sich sonst die Frage stellt, warum Ulrich gerade eine Urk. für Materna von Rohnau hätte fälschen lassen sollen, wenn dieser keine Rechtsansprüche auf die Güter erhoben hätte. Die meisten Besitzungen der Herren von Rohnau gingen nach deren Tod auf die Herren von Klingenstein über, wie die Einträge der Revisionskommission von 1454 zeigen.13 Beachtenswert sind dabei zwei Tatsachen: die Klingensteiner legten der Kommission gerade von den Herren von Rohnau keinen einzigen "guten Willen" (dobrá vuole) vor und die betreffenden kirchlichen Güter wurden gar nicht erwähnt. Der Grund dafür könnte darin zu finden sein, dass die Herren von Klingenstein den Rosenbergern diese Urkk. möglicherweise schon davor übergeben hatten. Diese Übergabe ist durch eine Urk. vom 16. Oktober 1460 belegt, laut derer Čeněk von Klingenstein die Verpfändungsurk. S.s für Materna von Rohnau über die betreffenden kirchlichen Güter vorbehaltlos an Johann [II.] von Rosenberg abtrat.14 Vermutlich fand die Übergabe jedoch schon vor dem 21. August 1454 statt, als Ulrich neben der Urk. für Materna von Rohnau auch zwei andere, seine eigenen Ansprüche auf Tweras und Ottau belegende, Urkk. (vom 11. Mai 1380 und vom 7. April 1421) vidimieren ließ.15 Die näheren Umstände lassen sich jedoch nach heutigem Kenntnisstand nicht rekonstruieren.

Man darf also begründetermaßen annehmen, dass Materna eine echte Verpfändungsurk. über die kirchlichen Güter Tweras und Ottau von S. erhalten hat.16 Es lässt sich allerdings anhand der Quellen nicht sicher sagen, welche äußere Gestalt und welchen Inhalt die mutmaßliche Urk. gehabt haben könnte und wie Ulrich diese zugunsten seiner eigenen Interessen manipulierte. Mit Sicherheit lässt sich lediglich sagen, dass das vorhandene angebliche Orig. zwischen 1439, dem Todesjahr Maternas und seines Bruders Christoph, und dem 21. August 1454 entstanden sein muss, an dem Ulrich das erwähnte Vidimus anfertigen ließ.

Anmerkungen

  1. 1Reg.: LOR IV, S. 374, Nr. 523.
  2. 2Schmidt, Fälschung (1894), S. 336; Sedláček, Hrady, IV, S. 231; Šimunek, Správní systém, S. 56. Nur Schmidt, Benediktinerpropstei, S. 46 erhob gewisse Bedenken.
  3. 3Siehe Reg. Nr. 43.
  4. 4Vgl. Maráz, K problematice padělání, S. 71–73.
  5. 5Siehe RI XI, Nr. 4709; Hoensch – Kees, Itinerar, S. 105; Engel – C. Tóth, Itineraria, S. 110.
  6. 6HosákŠrámek, Místní jména, I, S. 392.
  7. 7Vgl. Palacky, Urkundliche Beiträge, I, S. 62, Nr. 62; S. 64, Nr. 65.
  8. 8Es lässt sich annehmen, dass die Urk. von Anfang an im rosenbergischen Archiv aufbewahrt wurde, siehe Kubíková, Rožmberský archiv, S. 139.
  9. 9 I, S. 532, Nr. 207; Šmahel u. a., Dějiny Tábora, I/1, S. 144. Zu Jung Woschitz siehe Sedláček, Minulost města und ders., Hrady, IV, S. 229–233.
  10. 10LC VIII–X, S. 138: Anno quo supra, die penultima marcii data est crida d. Nicolao, presbitero de Wlassim, ad ecclesiam paroch. in Wozicz, per mortem Petri ultimi rectoris vacantem, ad presentationem nobilium Materni et Crisogoni fratrum germanorum de Ronow alias de Wozycz. Executor plebanus in Crumlow, quia tutus accessus non patet ad ecclesiam in Wozicz. Dati sunt 30 grossi et adhuc tenetur 16. grss.; Sedláček, Hrady, IV, S. 232; Šimunek, Správní systém, S. 524–525.
  11. 11Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass Materna von Rohnau und die Stadt Budweis mit Johann Smil von Křemže am 18. November 1427 einen Waffenstillstand abschlossen (SOA Třeboň, Bestand Historica Třeboň, Sign. 241e). Etwa ein halbes Jahr davor, am 30. April 1427, hatte jedoch Herzog Albrecht V. von Österreich Ulrich von Rosenberg zum Hauptmann in Budweis ernannt (LOR I, S. 91, Nr. 136). Šimeček, České Budějovice, S. 23, Anm. 44 behauptet, dass Materna Ulrich von Rosenberg in der Hauptmannschaft bald ablöste; es ist aber auch nicht auszuschließen, dass er die Hauptmannschaft de facto in dessen Namen ausübte.
  12. 12Sedláček, Hrady, IV, S. 232.
  13. 13 I, S. 532, Nr. 207; S. 532–533, Nr. 208.
  14. 14SOA Třeboň, Zweigstelle Český Krumlov, Bestand Velkostatek Český Krumlov, I 1 A α Nr. 149c: zápis, kterýmžto najjasnějšie knieže a pán, pan Sigmund, ještě jeho milost králem jsa prvé, nežli ciesařem byl, zapsal jest urozenému pánu Maternovi z Ronova, strýci mému, v osm stech a ve třidcěti a ve dvú kopách grošuóv sbožie nížepsaná, to jest Svéraz kláštera strahovského a Zátoň kláštera ostrovského, jakožto týž zápis pod visutú jeho milosti pečetí v sobě všecko plnějie svědčí. Reg.: Beneš – Beránek, Soupis, I/1/2, S. 422, Nr. 1810.
  15. 15Reg.: LOR, IV, S. 374, Nr. 523; siehe auch die Angaben zur Überlieferung.
  16. 16Da jedoch eine direkte Erwähnung dieser Urk. fehlt, wird hier kein Dep. rekonstruiert.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI XI Neubearb., 3 n. 237, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/e8973870-ac88-4a12-8fb1-8865e2646118
(Abgerufen am 29.03.2024).