Regestendatenbank - 201.916 Regesten im Volltext

RI VI Rudolf I. - Heinrich VII. (1273-1313) - RI VI,4,2

Sie sehen den Datensatz 250 von insgesamt 438.

Mit König Heinrich verhandeln die zwölf Gesandten der innerböhmischen Opposition [gegen den ungekrönten Böhmenkönig Heinrich VI. von Kärnten] über die Zukunft Böhmens.

Überlieferung/Literatur

Schilderung des Gesandtschaftsteilnehmers Peter von Zittau in Cronica Aule Regie I 96f. bei * Emler (1884) S. 136 Sp. 2 – S. 140 Sp. 2 und Loserth (1875) S. 248–254.

Regest: Böhmer, Heinrich VII., S. 277 im Hoftagsregest zwischen den Nrn. 250 und 251 vom 6. bzw. 14. Juli 1310 (= oben Nr. 498 bzw. unten Nr. 527), bes. § 4f.; Würth-Paquet, Table chronologique (...1863) Nr. 9 zum 25. Juli.

Kommentar

Der Augenzeuge Peter von Zittau schildert die Verhandlungen mit zahlreichen wörtlichen Reden und läßt sie sehr emotional wirken. Als Ergebnisse sind festzuhalten: 1) die Entbindung der Adligen, Bürger und Leute des Königreichs Böhmen von ihrem Treu- und Lehnseid gegenüber Heinrich VI. von Kärnten (unten Nr. 540), 2) das Versprechen König Heinrichs, seinen Sohn und Luxemburger Grafen Johann zum Böhmenkönig zu machen (unten Nr. 543) sowie 3) die Verlobung Johanns mit der Přemyslidin Elisabeth, der zweitältesten und einzigen noch unverheirateten Tochter des verstorbenen Böhmenkönigs Wenzel II., die Peter von Zittau »als die wahre Erbin des Königreichs [Böhmen]« ( Franke, Kaiser Heinrich VII., 1992, S. 204) betrachtet. – Über einen luxemburgischen Böhmenerwerb, evtl. gar durch Heirat eines Luxemburgers mit Elisabeth, war möglicherweise bereits zwischen König Heinrich und Abt Konrad von Königsaal, der bei Peter von Zittau als Sprecher der böhmischen Opposition auftritt und auch 1310 wieder zur Gesandtschaft gehörte, am 13. und 14. August 1309 in Heilbronn verhandelt worden; oben Nr. 252 mit ausführlichem Kommentar. Daß König Heinrich sich bereits 1309 zu einer Verheiratung Johanns mit Elisabeth entschlossen hatte, wie Jäschke, 1250 Jahre Heilbronn? (...1992) S. 87 darlegt, läßt sich zwar aus dem historischen Umständen logisch erschließen, aus den Quellen jedoch nicht explizit belegen. Laut Peter von Zittau hatte König Heinrich allerdings schon 1309 zugesagt, niemanden anders als Elisabeth zur Böhmenkönigin zu machen; Cronica Aule Regie I 90 S. 126 Sp. 2 ( Emler) und S. 230 (Loserth). Erst für das Frankfurter Treffen 1310 schildert Peter von Zittau konkrete Heiratsverhandlungen in bezug auf die Přemyslidin Elisabeth. Während König Heinrich anfangs angeblich seinen jüngeren Bruder Walram als Heiratskandidaten favorisierte, soll die böhmische Partei von Anfang an seinen erst 14jährigen Sohn als Bräutigam und künftigen König gefordert haben. Zur Begründung für diesen Wunsch läßt der Chronist Abt Konrad von Königsaal anführen, man wolle einen Böhmenkönig, der König Heinrich so nahe wie möglich stehe; ebd. I 97 S. 139 Sp. 1 ( Emler) und S. 252 (Loserth). Johanns jugendliches Alter sei kein Mangel, sondern ein Vorteil, denn als Böhmenkönig herrsche er stellvertretend für seinen Vater: Indem die Böhmen ihm unterworfen seien, Johann aber seinem Vater gehorche, regiere somit die Weisheit König Heinrichs selber Böhmen; ebd. – Als Termin für die Hochzeit wurde der Zeitraum zwischen dem 25. Juli, an dem König Heinrich seine Zustimmung zur Hochzeit gab, bis zum 31. August festgesetzt. Sollte die Braut bis dahin nicht in Speyer eintreffen, sei die Vereinbarung ungültig, weil König Heinrich wegen dringender Reichsangelegenheiten nicht länger dort warten könne; ebd. I 97 S. 140 Sp. 1 ( Emler) und S. 253f. (Loserth). Das Anliegen der Gesandten, Johann solle sie möglichst umgehend nach Böhmen begleiten, soll König Heinrich mit dem Argument abgelehnt haben, zuerst seine Schwiegertochter kennenlernen und sich an dem jungen Paar erfreuen zu wollen; ebd. I 97 S. 140 Sp. 1f. ( Emler) und S. 254 (Loserth). – Die böhmischen Gesandten waren am 12. Juli in Frankfurt eingetroffen; oben Nr. 520 mit Nennung der Gesandtschaftsteilnehmer. König Heinrich lud sie am folgenden Tag zu einem Festmahl ein; man hielt, so Peter von Zittau, an diesem Tag vollständige Ruhe und gab sich lediglich dem Mahl hin, nicht dem Geschäft. Erst danach, also frühestens ab dem 14. Juli, begannen die eigentlichen Beratungen und Gespräche; Cronica Aule Regie I 96 S. 136 Sp. 2 ( Emler) und S. 248 (Loserth). Andererseits stellt Peter von Zittau fest, König Heinrich habe am »fünfzehnten Tag ihrer Ankunft in Frankfurt«, also am 26. Juli, seinen Beschluß verkündet, seinen erstgeborenen Sohn Johann mit der Přemyslidin Elisabeth zu verheiraten. Dem vorangegangen seien fünfzehn Tage fruchtloser Beratungen und Verhandlungen, oft bis in die Nacht hinein; ebd. I 97 S. 139 Sp. 2 – S. 140 Sp. 1 ( Emler) und S. 253 (Loserth). Demnach müßten die Gespräche doch bereits am Ankunftstag aufgenommen worden sein, wenn auch wohl noch nicht mit König Heinrich selber. – Die Gesandten verließen am 28. Juli Frankfurt eilig Richtung Böhmen; ebd. I 97 S. 140 Sp. 2 ( Emler) und S. 254 (Loserth); Regest: Würth-Paquet a.a.O. Nr. 11.

Nachträge

Nachtrag einreichen
Einreichen
Empfohlene Zitierweise

RI VI,4,2 n. 524, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/e36d8123-a0e3-47b9-997e-fe32365b6846
(Abgerufen am 18.04.2024).