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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,4,2

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Papst Nikolaus (I.) schreibt dem Chorbischof Osbald von Kärnten (Osbaldo corepiscopo Quadrantano) (1) er solle, um den Mord an einem Diakon durch einen Presbyter untersuchen zu lassen, seinen Bischof davon überzeugen, hierzu weitere sechs Nachbarbischöfe her-anzuziehen; der Papst gibt Hinweise zur – je nach Untersuchungsergebnis – unterschiedlichen Strafe. (2) Nikolaus antwortet bezüglich der Kleriker, die zur Verteidigung einen Heiden getötet hätten, daß Töten für Kleriker unter keinen Umständen erlaubt sei und diese aus dem Priesteramt entfernt werden müßten; er gesteht allenfalls zu, daß diese Kleriker einen geringeren Weihegrad einnehmen könnten.

Incipit:
Studeat sanctitas tua persuadere episcopo ... (De his vero clericis, pro ...)
Empfänger:
Chorbischof Osbald von Kärnten

Überlieferung/Literatur

Orig.: –.

Kop.: –.

Insert: Ivo von Chartres (?), Coll. tripartita I 62, 43 und 44 (Ende 12. Jh., Paris Bibl. nat.: Ms. lat. 3858B fol. 68rb-68vb; Anf. 13. Jh., Berlin StBibl. Preuß. Kulturbesitz: Ms. Lat. Fol. 197 fol. 85vb-86ra); Ivo von Chartres, Decretum X 24 (Migne, PL CLXI 698) (nur 1); Coll. X partium (12. Jh., Köln Hist. Arch.: W. Kl. Fol. 199 fol. 102v und 102v-103r); Coll. der Bibl. de l’Arsenal (12. Jh., Paris Bibl. de l’Arsenal: Ms. 713 fol. 186v); Coll. Caesaraugustana (12. Jh., Paris Bibl. nat.: Ms. lat. 3876 fol. 110v; 12. Jh., Barcelona Arch. Cor. Aragón: S. Cugat 63, fol. 211r) (nur 2); Gratian, Decretum D. L c. 39 und D. L c. 6 (Friedberg I 194 und 179).

Erw.: Excerptum de Karentanis (Wolfram 58, Lošek 136).

Drucke: Annales Sabionensis II 147; Migne, PL CXIX 1131; Anal. iur. pont. 171 n. 3; Jaksch, Kärntner Geschichtsquellen III 10 n. 23 und 11 n. 24; MG Epist. VI 660f. n. 142.

Reg.: J 2164; Anal. iur. pont. 170 n. 156; JE 2854; Kos, Gradivo II 144f. n. 188 und 189; GP I 263 n. 4; MMFH III 151 n. 33.

Lit.: Dümmler, Ostfränk. Reich II 175; Hauck, Kirchengeschichte 2 469 und 689; Brackmann, Salzburger Kirchenprovinz 4; Gottlob, Chorepiskopat 35f.; Fichtenau, Urkundenwesen in Österreich 97; Bishop, Nicholas 250 Anm. 2; Stelzer, Gelehrtes Recht 62.

Kommentar

Das Schreiben findet sich nur in den angegebenen Kanonessammlungen, zu denen zu vergleichen ist: zur Coll. tripartita vgl. Perels, Briefe II 97-109, Kéry, Canonical collections 244-250, Jasper, Beginning 124 und Fowler-Magerl, Clavis Canonum 187-190; zur Coll. X partium der Hs. Köln Hist. Arch. W. Kl. Fol. 199 vgl. Kéry 287 und Fowler-Magerl 191f.; zur Coll. der Bibl. de l’Arsenal und ihrer Entstehungszeit vgl. n. 435 sowie Fowler-Magerl 192f.; zur zweiten und dritten Fassung der Coll. Caesaraugustana, in denen das Fragment allein enthalten ist, vgl. n. 433 sowie Perels II 114-117, Kéry 260-262 und Fowler-Magerl 242-244. Die Zusammengehörigkeit beider Fragmente legt vor allem deren gemeinsame Überlieferung in der Coll. tripartita nahe. Dort findet sich auch die oben zitierte Inskription. Das Excerptum de Karentanis vermerkt den päpstlichen Entscheid nur kurz. Der dort ebenso folgende Hinweis auf die decreta ist wohl der früheste literarische Beleg zu Gratian in Salzburg, vgl. Stelzer, Gelehrtes Recht 62. Die Anfrage an den Papst, die im zweiten Fragment expressis verbis erwähnt wird (im ersten Fragment bleibt ein fertur recht allgemein), ist nicht überliefert. Zum ersten Fall bezieht sich Nikolaus bezüglich der kanonischen Zahl der Bischöfe auf c. 20 des 17. afrikanischen Konzils von Karthago 419, vgl. Munier, Conc. Africae 107. Im ersten Fragment erläutert Nikolaus genauer das Strafmaß für den Verantwortlichen am Tod des, wie es genauer heißt, durch Genickbruch getöteten Diakons. Falls der Diakon nicht vom Priester zu Tode geschlagen, sondern nur vom Pferd gefallen sei, solle das Urteil wegen Unvorsichtigkeit des Priesters eine angemessene Buße vorsehen und den Priester für gewisse Zeit vom Messelesen suspendieren, ihn danach jedoch wieder zum priesterlichen Amt zulassen. Falls der Priester aber den Diakon auch ohne Tötungsabsicht getötet habe, sei ihm das priesterliche Amt zu entziehen. Jedoch solle ihm auch im Falle seiner Schuld ein ausreichendes beneficium zum Unterhalt gewährt werden. Die Datierung ist unsicher und kaum einzugrenzen; laut Brackmann, Salzburger Kirchenprovinz sei die päpstliche Auskunft erst nach der politischen Verbindung zwischen Ludwig dem Deutschen und dem Papst ab 864 erklärbar; dies erscheint nicht zwingend, denn tatsächlich war die Klärung der angesprochenen rechtlichen Fragen grundsätzlich auch zu einem früheren Zeitpunkt möglich. Außerdem ist inzwischen Lošek 119 Anm. 104 zu berücksichtigen. Demnach müsse Oswald vor dem 6. Januar 864 gestorben sein, weil er in einer Urkunde Ludwigs mit diesem Datum (MG DD LD n. 112; Böhmer-Mühlbacher2 1454) nicht mehr erscheine; läßt man dieses freilich schwache Argumentum e silentio gelten, so könnte die Datierung sogar auf den Zeitraum bis 6. Januar 864 eingegrenzt werden.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,4,2 n. 447, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/df9fc1a9-63b5-4e23-b07a-0c6a17907924
(Abgerufen am 25.04.2024).