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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,4,3

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Papst Johannes (VIII.) tadelt unter Anführung zahlreicher Bibelzitate die Erzbischöfe im Reich König Ludwigs (des Deutschen) (omnibus ... archiepiscopis in regno Hludovici gloriosi regis Baioariae constitutis) dafür, daß sie während der Abwesenheit Karls (des Kahlen) entgegen ihres priesterlichen Lehramtes (in illis partibus sacerdotali magisterio praediti), der kirchlichen Disziplin und des päpstlichen Verbots (n. 141) Ludwig (den Deutschen) (Hludovicus ... rex), seine Vertrauten und seinen Sohn (Ludwig den Jüngeren) (ipsos familiares, ipsum postremo filium) und ihre Landsleute (compatrios vestros) trotz der Pakte zwischen den Brüdern (sanguinus affinitatem fraternaque pacta perpendens) und der Erinnerung an (die Schlacht von) Fontenoy (841) (madentibus adhuc campis Fontanicis) nicht vom Einfall in das Westfrankenreich und der Störung des Friedens zurückgehalten hätten, er berichtet, Karl (der Kahle) sei (in Rom) mit Zustimmung aller, wie es bereits die Vorgänger Nikolaus (I.) und Hadrian (II.) gewünscht hatten, zum Kaiser erhoben und von ihm gekrönt worden (per apostolicae sedis privilegium cunctorum favoribus approbatum sceptris imperialibus sublimavit) (n. 145), und bringt seine Hoffnung zum Ausdruck, daß die römische Kirche durch Karl die gleiche Fürsorge erfahren möge wie die Kirche im Westfrankenreich; der Papst ruft die Erzbischöfe dazu auf, die Invasion des Reiches Karls (des Kahlen) zukünftig zu verhindern, informiert sie darüber, daß er seine beiden Legaten, die Bischöfe Johannes von Cervia und Johannes von Tuscania (Johanne Siculensi itemque Iohanne Tuscanensi) (n. 169), ins Frankenreich gesandt habe, damit an einem von ihnen angegebenen Ort die Angelegenheit zwischen den beiden Brüdern kanonisch bzw. rechtlich (canonice sive legaliter) behandelt werde, und bedroht sie bei jeglicher Zuwiderhandlung und Nichterscheinen unter Hinweis auf Papst Leo (I.) (JE 402) mit der Absetzung und dem Anathem.

Incipit:
Apostolicae moderationis ordinem sequimur, si ...

Überlieferung/Literatur

Orig.: –.

Kop.: 12. Jh., Reims Bibl. mun.: Ms. 672 fol. 214vb-215va.

Erw.: n. 182.

Drucke: Sirmond, Conc. Gall. III 423; Conc. coll. reg XXIV 360; Labbe-Cossart, Conc. IX 222; Hardouin, Acta conc. VI 106; Mansi, Coll. XVII 227; Migne, PL CXXVI 667; Bouquet-Delisle, Recueil VII 460; MG Epist. VII 320–323 n. 7.

Reg.: J 2267; JE 3039.

Lit.: Dümmler, Ostfränk. Reich II2 404f.; Lapôtre, Jean VIII 260 (ND 326) Anm. 2; Engelmann, Legaten 81; Schieffer, Päpstliche Legaten 17f., 20; Arnaldi, Giovanni Immonide 71 mit Anm. 3; Riesenberger, Prosopographie der päpstlichen Legaten 227f. und 231; Lohrmann, Register Johannes 243-245; Arnaldi, Natale 875 31-35, 41 Anm. 87, 49 Anm. 104, 50 Anm. 108; Deutinger, Rolle Bayerns 47; Arnold, Johannes 38, 81f., 95-97; Scholz, Politik 227f.; Bougard, Petitor et medius 336.

Kommentar

Zur Überlieferung vgl. Mordek, Bibl. Capitularium 626. Neben Anastasius Bibliothecarius hat wohl auch Johannes Hymmonides bei der Abfassung des Schreibens mitgewirkt, vgl. dazu Lohrmann 244f. Zur Bezeichnung Ludwigs als rex Baioariae vgl. Deutinger. Bei dem erwähnten ipsum postremo filium handelt es sich wohl nicht um Karlmann, wie Caspar, MG Epist. VII 321, angibt, sondern um Ludwig den Jüngeren, vgl. dazu die Synodalakten von Ponthion von 876 (MG Conc. V 51): ... ab Hludowico rege itemque Hludowico filio eius ... Wie aus der Beschreibung des Konzilsverlauf in den Ann. Bertiniani a. 876 (Grat 203) hervorgeht, wurde das Schreiben in Ponthion vorgelesen und anschließend Erzbischof Willibert von Köln zur Übermittlung ins Ostfrankenreich ausgehändigt, vgl. dazu neben n. 182 auch GP VII 35 n. *68. Zuvor hatten die Legaten bereits versucht, den Brief und n. 165 persönlich ins Ostfrankenreich zu übermitteln, was jedoch wegen der Weigerung Ludwigs des Deutschen, sie zu empfangen, offenbar gescheitert war, vgl. n. 169 sowie MG Capit. II 351 c. 4. Zu weiteren Hintergründen sowie zu den päpstlichen Legaten vgl. n. 140, n. 141, n. 166 und n. 169. Nicht der im vorliegenden Brief genannte Johannes von Cervia sondern Bischof Johannes von Arezzo zog als päpstlicher Legat ins Westfrankenreich, vgl. n. 169 und n. 182. Da die Auswechslung des Legaten wohl auf Karl den Kahlen zurückgeht und erst in Pavia oder Vercelli geschah, ist hier und in n. 165 (in n. 166 und n. 167 stehen die Legaten ohne Nennung eines Bistums) noch der Name des ursprünglich von Johannes VIII. entsandten Johannes von Cervia enthalten. Aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs mit n. 166 ist das vorliegende Schreiben wohl ebenfalls auf den 17. Februar zu datieren.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,4,3 n. 164, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/d8fe2798-e127-4b69-91d2-330dfdaa32a9
(Abgerufen am 16.04.2024).