RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,4,2

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Papst Nikolaus (I.) antwortet dem König der Bretonen, Salomo (III.) (Salomoni regi Brittonum), bezüglich der Erlaubnis zur Absetzung der (bretonischen) Bischöfe (von Vannes, Dol, Quimper, Alet und Saint-Pol-de-Léon) durch Nominoë habe er nichts im römischen Archiv gefunden; er verweist hingegen mit teilweise wörtlichen Zitaten auf die von Papst Leo (IV.), Benedikt (III.) und von ihm selbst an (Herzog) Nominoë (von der Bretagne) (n. 204, n. 235), an Salomo (n. 418, n. 474), den Erzbischof (Herard) von Tours und die Bischöfe im bretonischen Reich (n. 203) ergangenen Briefe, erklärt für eine Verurteilung von Bischöfen die Provinzialsynode unter der Richterschaft von zwölf Bischöfen für zuständig, berichtigt die königliche Darstellung des Streites zwischen Bischof Actard (von Nantes) und dem Invasor des Bischofssitzes Gislard gemäß dem Brief Papst Leos (IV.) (n. 235), ermahnt (hortamur) Salomo und die Bischöfe in dessen Reich zur Respektierung des Metropoliten (Herard) von Tours, unter dessen Vorsitz zwölf Bischöfe über die abgesetzten (bretonischen) Bischöfe urteilen sollten, andernfalls verlangt er die Abordnung von je zwei Bischöfen beider Parteien nach Rom zur Entscheidung sowohl dieser als auch der Angelegenheit eines Metropolitansitzes für die Bretagne; er lobt die gesandten Boten und erteilt seinen Segen auch an Salomos Ehefrau (Gyembret) und an deren Kinder (Riwallon und Prostlon).

Incipit:
Benedictus Deus et pater Domini ... (Haec quippe sunt praecepta Dei ...)
Empfänger:
Salomo (III.)

Überlieferung/Literatur

Orig.: –.

Kop.: 11. Jh., Paris Bibl. nat.: Ms. lat. 1458 fol. 159r-160r; 18. Jh., Nantes Bibl. mun.: Ms. lat. 34 fol. 442r.

Insert: Chr. Namnetense 18 (Merlet, Coll. de textes 19 58-62) (fragm.); Ivo von Chartres (?), Coll. tripartita I 62, 58 (Ende 12. Jh., Paris Bibl. nat.: Ms. lat. 3858B fol. 70rb-70va; Anf. 13. Jh., Berlin StBibl. Preuß. Kulturbesitz: Ms. lat. Fol. 197 fol. 87rb-87va) (fragm.); Coll. X partium (12. Jh., Köln Hist. Arch.: W. Kl. Fol. 199 fol. 127r-127v) (fragm.); Gratian, Decretum C. III q. VI c. 10 (Friedberg I 521f.) (fragm.); Roger von Wendover, Flores hist. a. 1199 (Hewlett, SS rer. Brit. LXXXIV,1 292f.; Coxe III 145f.) (fragm.); Matthäus Paris, Chr. maiora (Luard, SS rer. Brit. LVII,2 460) (fragm.).

Erw.: n. 765; n. 798; Urk. Leos IX. von 1050 (JL 4225); Chr. Namnetense 17 (Merlet 57); Urk. Urbans II. von 1094 April 5 (JL 5519); Urk. Urbans II. von 1094 April 11 (JL 5520); Urk. Lucius’ II. von 1144 Mai 15 (JL 8609); Urk. Eugens III. von 1147 Jan. 3 (JL 8991); Schreiben der Kirche von Tours an Papst Innozenz III. (von 1199) (Morice, Mémoires de Bretagne I 754); Urk. Innozenz’ III. von 1199 Juni 1 (Innozenz, Register II 150-171 n. 79).

Drucke: Hinkmar von Reims, Opuscula Hincmari (Cordesius 718); Sirmond, Conc. Gall. III 275; Labbe-Cossart, Conc. VIII 509; Hardouin, Acta Conc. V 346; Martène, Veterum scriptorum 40; Martène-Durand, Thesaurus III 859-861; Morice, Mémoires de Bretagne I 316-318; Mansi, Coll. XV 394; Migne, PL CXIX 806; (Bouquet, Recueil VII 406; MG Epist. VI 619-622 n. 107.

Reg.: J 2044; Anal. iur. pont. X 127 n. 90; JE 2708; Acta pont. iur. gentium 385 n. 20.

Lit.: De la Borderie, Hist. Bretagne II 97f.; Levillain, Réformes ecclésiastiques 222, 248; Lot, Festien 30 Anm. 3; Duchesne, Fastes II 270; Duine, Schisme breton 447-449; Perels, Nikolaus 285f.; Pocquet du Haut-Jussé, Papes et Bretagne 12f.; Haller, Nikolaus 155, 176; Fichtenau, Arenga 97; Fuhrmann, Pseudoisidor. Fälschungen II 257, 259; Chédeville, Chrétienté 39; Bishop, Nicholas 194-196; Smith, "Archbishopric of Dol" 66; Smith, Province and Empire 153-158, 179f.; Herbers, Leo 322 mit Anm. 109 und 328f.

Kommentar

Zur Überlieferung vgl. Ramackers, PUU Frankreich V 11, 48 und Merlet in seiner Edition des Chr. Namnetense 58 Anm. 2. Der hier einschlägige Teil der kanonistischen Sammelhandschrift Paris Ms. lat. 1458 stammt aus dem ausgehenden 11. Jh., vgl. dazu Perels, Briefe I 570 sowie ibid. 580 zur Hs. in Nantes. Zur Coll. tripartita vgl. Perels, Briefe II 97-109, Kéry, Canonical collections 244-250, Jasper, Beginning 124 und Fowler-Magerl, Clavis Canonum 187-190. Zur Coll. X partium der Hs. Köln, Hist. Arch. W. Kl. Fol. 199 vgl. Kéry 287 und Fowler-Magerl 191f. Die fragmentarischen Überlieferungen in den kanonistischen Sammlungen enthalten alle nur den späteren Teil des Briefes (bis zur Schlußformel) zur Respektierung des Entscheides unter Vorsitz des Erzbischofs von Tours, ihr (Binnen-)Incipit lautet (teilweise mit kleineren Varianten): Haec quippe sunt praecepta Dei... Auf diesen Überlieferungen basieren auch Roger von Wendover und Matthäus Paris mit ihren Auszügen. Die zahlreichen Erwähnungen verzeichnen ebenso fast ausschließlich die Unterstellung der Bretagne unter die Metropole Tours, so daß man diese knappen Notizen oftmals auch auf n. 766 beziehen könnte; es sei denn, es werden kurze wörtliche Zitate in diese Erwähnungen aufgenommen wie im Schreiben der Kirche von Tours an Papst Innozenz III. von 1199. Ein im Text zweifach genanntes früheres Schreiben Nikolaus’ I. in derselben Angelegenheit (vgl. n. 474) ist ebenso wenig erhalten wie der Brief Salomos an den Papst, in dem wahrscheinlich die frühere Entscheidung Papst Leos IV. dahingehend interpretiert wurde, der Papst habe dem Bretonenherzog Nominoë das Recht zur Absetzung der simonistischen bretonischen Bischöfe gewährt (vgl. dazu n. 204 und den dort wiedergegebenen Bericht des Chr. Namnetense). Nikolaus tritt dieser Deutung energisch u. a. mit einem Zitat aus n. 204 entgegen, vgl. hierzu Herbers 328-330. Zur früheren Absetzung der bretonischen Bischöfe durch die Synode von Coetleu vgl. auch Hartmann (MG Conc. III 185-193). Hinter den Überbringern des königlichen Schreibens vermutet Duine Mönche aus dem Kloster Redon, die sicher nicht uneingeschränkt auf der Seite Salomos standen. Laut Perels sprächen die Verwendung der ersten Person Singular und die Berufung auf das römische Archiv für päpstliches Eigendiktat. Zum geforderten Prozeß der Bischöfe vor zwölf Bischöfen unter Vorsitz des Metropoliten von Tours vgl. bereits n. 203 und n. 416, woraus sich im Gegensatz zum späteren Rothadprozeß (vgl. n. 745) noch keine päpstliche Kenntnis der pseudoisidorischen Dekretalen folgern ließe, so Haller und Fuhrmann. Allerdings setzt jegliche Annahme in dieser Hinsicht voraus, daß Nikolaus die Texte später auch aktiv und selbständig nutzte. – Der Hinweis auf den Frieden Salomos mit Karl dem Kahlen (... postquam Deus inter vos pacem et dilectum filium nostrum Karolum constituerit) wird unterschiedlich auf 863 oder 867 bezogen, vgl. die Zusammenstellung der älteren Literatur in MG Epist. VI 620 Anm. 1. Belege für beide Datierungsvorschläge lassen sich den Ann. Bertiniani entnehmen, zum Jahre 863 (Grat 96) und zum Jahre 867 (Grat 137). JE und MG Epist. datieren auf 862, Merlet 62 Anm. 2 auf 866, diesem Vorschlag folgt Smith, ‘‘Archbishopric of Dol’’; Smith, Province and Empire hält jedoch 863 oder 866 für möglich, so daß eine letzlich zufriedenstellende Eingrenzung der Datierung kaum möglich ist, obwohl manches für den früheren Zeitansatz spricht.

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Empfohlene Zitierweise

RI I,4,2 n. 566, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/d65be74f-2380-41bf-baa8-191a54fd8f1a
(Abgerufen am 18.04.2024).