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RI VI Rudolf I. - Heinrich VII. (1273-1313) - RI VI,4,2

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König und Kaiser Heinrichs Gesandte, Boten und Bevollmächtigte in der Lombardei, nämlich der Konstanzer Bischof Gerhard [von Bevar], der Churer Bischof Siegfried [von Gelnhausen], Ritter Ugolino da Vicchio und der Astenser Bürger Heinrich von Ralvengo, verkünden in Gegenwart der Adligen Bergando di San Nazzaro aus Pavia, Mailänder Podestà, Kapitan Guido de la Torre sowie des gesamten Klerus und des Großen Rats (conscilii [!] generalis) der Stadt [Mailand], die dafür mit Glocke und Herold zusammengerufen wurden, im Auftrag des Königs und Kaisers (domini regis et imperatoris) dessen Forderungen (oben Nr. 450 § 1–6). Dem untengenannten Notar befehlen sie, darüber ein Notariatsinstrument anzufertigen. – Der Öffentliche Notar Martino Loggia, Bürger der Stadt (civitatis) Ivrea, war bei all dem anwesend und hat zum Beweis des Vorgenannten unterschrieben und sein gewohntes [Notariats-]Zeichen daraufgesetzt. – In nomine Domini amen. Anno eiusdem Domini millesimo CCCXO.

Originaldatierung:
actum in civitate Mediolani de super palatium novum [...] die Lune VIIIto mensis Iunii
Zeugen:
die rechtskundigen Herren Bonifatius de Fara und Jakobus de Modocia, die Ritter Johann Heinrich de Domo und Friedrich (Fredelicus) de Reno, Tebaldo, Bruder des Ugolino (da Vicchio), Heinrich, Kaplan des Churer Bischofs (Siegfried), und andere.

Überlieferung/Literatur

*Original (Pergament, Notariatszeichen des Martino Loggia) Pisa, AS, 1310 giugno 8 Roncioni corta (früher Roncioni 629) mit Rückschrift von der Hand des Bernardo de Mercato R(esponsio) Mediolanensium.

Drucke: Bonaini-Berti, Acta Henrici, S. 15–17 Nr. 11 und Schwalm, MGH Const. 4, S. 313f. Nr. 366 [I], beide ungenau.

Regesten: Cartellieri, Regesta episcoporum Constantiensium 2 (1905) Nr. 3541.

Kommentar

Zusammen mit der Mailänder Responsio vom 22. Juni in einem Notariatsinstrument überliefert; unten Nr. 475. – Mailand liegt 30 km nördlich von Pavia (oben Nr. 455). – Als palatium novum, ital. broletto nuovo, bezeichnete man den 1233 erbauten Palazzo della Ragione; Friedrich Schneider, Kaiser Heinrich VII., S. 96 plädiert dagegen für den »Palazzo imperiale nahe der Ambrosiuskirche im Westen der Stadt«. – Giovanni da Cermenate, Historia cap. 10, ed. Ferrai (1889) S. 20 erwähnt Gesandtschaften König Heinrichs nach ganz Italien in Vorbereitung von dessen Romzug zur Kaiserkrönung. In Mailand sei der Konstanzer Bischof im größeren Palazzo, den die Mailändern den »Neuen Palazzo« nennen, mit den darüber sehr verdrossenen Kapitan Guido della Torre und Podestà Bregadino de Sancto Nazario zusammengetroffen und habe ihnen in schöner und wohlgesetzter Rede König Heinrichs Ankunft angekündigt: In Aachen habe der König nach Willen der Fürsten die silberne Krone empfangen, auf Mailänder Territorium wolle er vom dortigen Erzbischof die Eiserne Krone bekommen, in Rom schließlich werde er die dritte, goldene Krone erhalten; ebd. S. 20f. Die Mailänder, die dem Reich (imperio) direkt unterstünden, sollten ihn dabei unterstützen; sie sollten ihn als ihren Herrn empfangen und ihm die Wege bereiten. Alle Grafen, Großen und ihre Vasallen sollten ihm zum Fuß der Berge entgegenziehen, sobald sie von seiner Ankunft erfahren; ebd. S. 21. Guido della Torres Berater, der Jurist Bonifacius de Fara, habe Bedenkzeit für die Antwort erbeten; ebd. cap. 11, S. 21. Die Bitte um einen fünfzehntägigen Aufschub erwähnt auch der Abschlußbericht der Gesandten; unten Nr. 579 § 7. Gespräche der Bürger über die bevorstehende Ankunft des Königs in der Öffentlichkeit ließ Guido della Torre laut Giovanni da Cermenate von seinen bewaffneten Gefährten und Spießgesellen (per armatos complices et satellites suos) durch Gewaltandrohung verhindern; denn zahlreiche Bürger und Adlige der Grafschaft Mailand wollten König Heinrich wie befohlen mit Pferden und Waffen an die Grenze Italiens entgegenziehen; Giovanni da Cermenate, Historia cap. 11, a.a.O. S. 22. – Die Häupter (principes) der guelfischen Partei der Lombardei trafen, nach Mailand gerufen, in der Halle des Mailänder Kapitans Guido della Torre zu Beratungen über ihr Verhalten gegenüber König Heinrich bei dessen bevorstehender Ankunft in Oberitalien zusammen, wobei nach der Schilderung Giovanni da Cermenates jedoch keine Einigung zustande kam; ebd. cap. 12 S. 22. Als Urheber der Streitigkeiten wird Graf Filippone de Langosco dargestellt, der damals der Anführer und Lenker der Adelspartei Pavias war und einen Aufstand gegen den König, dessen Vasall er sei (se satellitem regis vocat), ablehnte. Sein Schwiegervater Guido della Torre hingegen habe wenig Hoffnung gehabt, seine Herrschaft zu behalten, wenn der König komme. Antonio di Fissiraga, dessen Sorge und Macht die Stadt Lodi unterstand, habe angesichts der Uneinigkeit geraten, jeder solle für sich handeln; auch Lodi werde sich einen Platz in der Halle des Königs suchen. Demgegenüber hätten sich Guglielmo Cavalcabò, der durch seine adlige Abstammung, die Menge seiner Reichtümer und Bewaffneten in Cremona großen Einfluß besessen habe, und Simone Avvocati, das Haupt Guelfen-Partei in Vercelli, mehrfach vergeblich bemüht, den Beschluß des Grafen durch zahlreiche Argumente zu ändern: Die Ankunft des Königs sei zwar gefährlich, doch könne man ihm leicht widerstehen, solange sich darüber alle von ihnen, die ihre Nachbarn kommandieren wollen, einig seien; ebd., S. 22–24. – Knapper, wenn auch im gleichen Tenor, äußert sich Bonincontro Morigia in seinem Chronicon Modoetiense (...1728) Sp. 1095f. Sein Bericht fußt auf Giovanni da Cermenate, weiß über die genaue Antwort der Mailänder allerdings nichts zu sagen. Als Ergebnis der Verhandlungen der guelfischen Partei hält er fest, daß keine Einigkeit hergestellt werden konnte. Die Parteigänger Guidos de la Torre allerdings hätten König Heinrich jegliche Ansprüche und Rechte gegenüber Guido abgesprochen, worauf dieser riet, für die Verteidigung ihrer Rechte Sorge zu tragen; ebd. Sp. 1096. – Ausführliche Berücksichtigung für die Faktengeschichte verdient die Historia Giovanni da Cermenates an dieser Stelle deshalb, weil Graf Filippone di Langosco zusammen mit Bischof und Einwohnern von Pavia tatsächlich zwischen dem 2. und 8. Juni gegenüber den königlichen Gesandten seine Bereitschaft zum Gehorsam gegenüber Heinrich als ihrem natürlichen Herrn verkündet hatte; ähnlich äußerte sich Filippone ein zweites Mal zusammen mit den Angehörigen seiner Grafschaft; oben Nr. 455 und unten Nr. 576. In Lodi erhielten die Gesandten König Heinrichs am 21. Juni von Podestà, Kapitan, Rat und Kommune die Auskunft, daß sich Gesandte Lodis zu Beratungen über die königlichen Forderungen in Mailand aufhielten; weil die umgebenden Kommunen mächtiger seien als Lodi, könne dieses nur in Übereinstimmung mit den Nachbarn handeln und müsse seine Antwort aufschieben; unten Nr. 474. Am 27. Juni äußerten sich Podestà, Kapitan und Rat von Cremona ähnlich zurückhaltend zu den von König Heinrichs Gesandten vorgetragenen Forderungen; vor einer endgültigen Antwort wollten sie den Rat und die Zustimmung des Papstes einholen; unten Nr. 485. Anders als das Oberhaupt der Guelfen in Vercelli laut Giovanni da Cermenate fordert, hatten sich Podestà, Kapitan, Klerus und Volk seiner Kommune bereits Ende Mai bei der Ankunft der königlichen Gesandten, erfreut über die bevorstehende Ankunft Heinrichs, bereitwillig zu Gehorsam verpflichtet; oben Nr. 447. – Den Empfang in Mailand schildern die Gesandten in ihrem Abschlußbericht an König Heinrich, unten Nr. 579 § 7.

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Empfohlene Zitierweise

RI VI,4,2 n. 458, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/d34b0781-3343-43e6-a596-fdef29fc385b
(Abgerufen am 28.03.2024).