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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,4,2

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Papst Nikolaus (I.) übersendet dem fränkischen König Karl (dem Kahlen) und allen Reichen und Kirchen mit Anathemandrohung der (in Rom versammelten) Bischöfe (... a sancto papa Nicolao et a sede sancta Romana Karolo regi Francorum gloriosissimo, omnibus regnis et ecclesiis sub anathemate omnium episcoporum) ein Dekret zur Bestätigung. (1) Der Papst verbietet (interdicimus ... et prohibemus), nachdem er von mehrfachen Mißständen erfahren habe, Übergriffe der Bischöfe auf die Klöster, insbesondere das Anlegen von Besitz- und Urkundenlisten, die Feier öffentlicher Messen, Einmischung nach Tod des Abtes, Aufstellen einer Cathedra und betont die Freiheit der Klöster. (2) Der Papst bestätigt (mit wörtlicher Übernahme von Teilen aus n. †[?] 682) die Freiheit der gallischen Klöster, insbesondere die freie Abtswahl sowie das Verbot von Übergriffen durch geistliche und weltliche Personen, verbietet bischöfliche Amtshandlungen mit Ausnahme von Weihehandlungen auf Einladung des Abtes, bestimmt für den Fall von Infamie die Anzahl von zehn königlich bestimmten erz- bzw. bischöflichen Richtern. Die Bischöfe bestätigen die päpstlichen Anordnungen.

Incipit:
Quam sit necessarium monasteriorum quieti ... (Decernimus apostolatus nostri auctoritate, ut …)
Empfänger:
König Karl (dem Kahlen) und allen Reichen und Kirchen

Überlieferung/Literatur

Orig.: –.

Kop.: 10.-12. Jh., Trier Stadtbibl.: Ms. 1709 fol. 75r-77v; 15. Jh., Koblenz Landeshauptarchiv: Best. 18 Nr. 2066 fol. 59 n. 85. Faks.: Das „Goldene Buch" 165-168.

Drucke: Martène-Durand, Veterum scriptorum I 152; Mansi, Coll. XV 675; Migne, PL CXIX 844; Beyer, UB mittelrhein. Territorien I 112 n. 107 (nur 1); Forst, Prüm 284 (nur 2); Werminghoff, Beiträge 50-52 und 53-56; MG Epist. VI 678f. n. 158. Übers.: Das „Goldene Buch" 320-322.

Reg.: JE 2733.

Lit.: Werminghoff, Beiträge 49-59; Lesne, Nicolas Ier et les libertés 333-344; Hirsch, Untersuchungen 365; Lemarignier, Exemption monastique 312; Boshof, Traditio Romana 10 Anm. 35; Sauer, Fundatio 240f., 247 Anm. 18.

Kommentar

Die Adresse des nur in den oben angeführten Handschriften des „Liber aureus" von Prüm überlieferten Dekretes ist aus dem Lemma ersichtlich. Zur Überlieferung vgl. Sauer, Fundatio 215-247. Zum Lemma und zur Abbildung Karls des Kahlen und Nikolaus’ I. im „Liber aureus" und der davon abhängigen Abschrift des 15. Jh. vgl. ibid. 231f., 247 Anm. 118 und Abb. 50. Zur Hs. Trier Stadtbibl.: Ms. 1709 vgl. weiterhin bereits Perels, Briefe I 580. Das Dekret haben Werminghoff sowie Lesne als eine Fälschung erwiesen, die Passagen aus den gefälschten Konzilstexten Gregors des Großen (JE †1366) (in 1) sowie aus n. †(?) 682 (in 2) aufweist. Entsprechend sind zwei Teile zu unterscheiden, von denen der erste mit einem fiat abschließt, der zweite mit einem weiteren Lemma (Item in decretis eiusdem Nicolai papae) eingeleitet wird. Die wenigen eigenständigen Worte dienten vor allem dazu, n. †(?)  682 allgemein zu formulieren (vgl. auch die dort angegebene Literatur). In der Ermittlung der Abhängigkeiten ist Lesne noch einen Schritt weiter gegangen und hat sogar die Fälschung von JE †1366 aus verschiedenen echten Briefen Gregors I. durch denselben Fälscher für möglich erachtet (343f.), vgl. auch die weiteren Überlegungen von Lemarignier. Die abschließend genannte Antwort der Bischöfe sowie die Abhängigkeit von n. †(?) 682 hat in der älteren Forschung – vor Werminghoff – dazu geführt, ein Konzil zum Jahre 863 anzunehmen, was jedoch aufgrund des Fälschungscharakters keinesfalls zwingend ist und heute allgemein abgelehnt wird. Abweichend von n. †(?) 682 nennt das vorliegende Stück bei Infamie statt sechs sogar zehn bischöfliche Richter, darunter Erzbischof und Bischöfe. Dies hat die Forschung neben dem Argument der Überlieferung auf das Erzbistum Trier als Entstehungsort der Fälschung geführt. Den Fälschungszeitpunkt vermutete Werminghoff im 11.-12. Jh., als man eventuell ein Machtmittel gegen Ambitionen von Trier schaffen wollte; für Lesne (342) scheint die Fälschung ähnlich in die Zeit des 11. Jh. zu gehören. Die Bedeutung der Fälschung um 1100 unterstreicht laut Sauer auch die Abb. im „Liber aureus". Der Zeitpunkt, auf den hin gefälscht wurde, sollte sich an n. †(?) 682 orientieren.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,4,2 n. †683, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/d1d23524-4f39-4ce7-b68c-e7db1211243b
(Abgerufen am 29.03.2024).