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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,4,2

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Papst Nikolaus (I.) erinnert den Episkopat in der Gallia und der Germania (omnibus archiepiscopis et episcopis per Galliam et Germaniam constitutis) an seinen auch wegen der Appellationen Theutbergas (n. 496, n. 508, n. 575) ergangenen Brief (n. 595, vgl. n. 579), berichtet, daß König Lothar (II.) vor Erhalt des erbetenen (n. 574) und versprochenen päpstlichen Urteils (n. 597) seine legitime erste Frau (Theutberga) verstoßen und sich mit einer zweiten Frau (Waldrada) vermählt habe, wie ihm erst nach der Beauftragung zweier Legaten, der Bischöfe (Radoald von Porto und Johannes von Cervia) (vgl. n. 600), mitgeteilt worden sei, befiehlt dem Episkopat, über König Lothar (II.) in Metz kanonisch zu urteilen (cum missis nostris Metim proficiscamini illucque Hlotharium convocantes audiatis et in eum canonicum iudicium proferatis) und droht im Falle von dessen Nichterscheinen und Bußverweigerung dessen Exkommunikation an.

Incipit:
Incognitum vobis esse non credimus ...
Empfänger:
Episkopat in der Gallia und der Germania

Überlieferung/Literatur

Orig.: –.

Kop.: 9. Jh., Paris Bibl. nat.: Ms. lat. 1458 fol. 174v; Ende 9. Jh., Paris Bibl. nat.: Ms. lat. 1557 fol. 56v-57r; 16. Jh., Rom Bibl. Vallicelliana: C 15 fol. 209r-209v; 17. Jh., Paris Bibl. nat.: Ms. lat. 3859A fol. 137r-137v.

Erw.: n. 605; n. 763.

Drucke: Carafa, Epist. III 122; Meurisse, Hist. Metz 233; Sirmond, Conc. Gall. III 195; Conc. coll. reg. XXII 249; Labbe-Cossart, Conc. VIII 394; Hardouin, Acta Conc. V 236; Hartzheim, Conc. Germ. II 281; Mansi, Coll. XV 281; Migne, PL CXIX 800; (Bouquet, Recueil VII 389; MG Epist. VI 275f. n. 10.

Reg.: Bréquigny, Table I 262; J 2038; Anal. iur. pont. X 83 n. 22; JE 2725; Parisse, Bullaire Lorraine 13 n. 5.

Lit.: Dümmler, Ostfränk. Reich II 63f.; Parisot, Lorraine 220-222; Perels, Berufungsschreiben 144; Hefele-Leclercq, Hist. IV,1 319; Engelmann, Legaten 57-60; Perels, Nikolaus 72f.; Haller, Nikolaus 37 Anm. 94, 38 Anm. 97, 60 Anm. 159; De Clercq, Législation II 251; Grotz, Hadrian 89; Bishop, Nicholas 207; Staubach, Herrscherbild Karls 145f., 451 Anm. 218; Boshof, Odo 41 und 48; Anton, Synoden 108f.; Georgi, Erzbischof Gunthar 15, 20; Heidecker, Kerk, huwelijk en politieke macht 179; Esmyol, Geliebte 162.

Kommentar

Die kanonistische Sammelhandschrift Paris Ms. lat. 1458 stammt in diesem Teil aus dem 9. Jh., vgl. dazu Perels, Briefe I 570-572, Mordek, Bibl. capitularium 412-414 und Jasper, Beginning 114; zu den weiteren Hss. vgl. Perels I 550-553 und 565-569 sowie Jasper, Beginning 112-114. In allen Hss. außer Paris Ms. lat. 3859A wird der Adresse pro synodo zugefügt. Das zusammen mit n. 605 übermittelte päpstliche Schreiben berichtet erstmals von der inzwischen stattgefundenen Heirat König Lothars II. mit Waldrada und deren Krönung im Herbst 862, vgl. Böhmer-Mühlbacher2 n. 1297a. Ob der Papst hiervon erst durch Odo von Beauvais im April 863 anläßlich dessen Besuchs in Rom (n. 620) erfuhr und ob dieser auch Überbringer des vorliegenden Briefes sowie von n. 631 sein könnte, wie Parisot und Haller vermuten, ist wegen der Bemerkungen in n. 605 eher auszuschließen, vgl. dagegen bereits Engelmann 58 Anm. 2. Der scharfe Ton des Papstes erklärt sich aus seiner neuen Kenntnis der Lage: Theutberga wird als rechtmäßige Gattin Lothars bezeichnet, außerdem geht es nicht mehr um eine Untersuchung, sondern vor allem um ein in Metz auszusprechendes kanonisches Urteil. Schließlich wird in diesem Brief erstmals eine Exkommunikation Lothars II. angedroht; laut Perels, Berufungsschreiben 144 galt dieser für den Papst auch später als Exkommunizierter, ohne förmlich exkommuniziert zu sein. Gegenüber den Einladungen n. 586, n. 587, n. 588, n. 596 und n. 597, in denen nur einzelne Vertreter der Bischöfe zur Synode bestellt wurden, erfolgt nun die Vorladung des gesamten Episkopats in der Gallia und der Germania. Möglicherweise ist mit Parisot ein Parallelbrief an König Lothar II. zu vermuten, der jedoch nicht belegt ist. Engelmann 58 nimmt eine Übergabe auch des vorliegenden Briefes in Soissons an, wo Karl der Kahle Hof hielt und was aufgrund der indirekten päpstlichen Anweisung (n. 605) durchaus vorstellbar ist. Das Schreiben datiert Perels zeitgleich mit n. 605 auf Anfang 863, vgl. MG Epist. VI 275 Anm. 8 mit Nachweis der älteren Literatur; ob es mit diesem erst in den Zusammenhang der am 28. April 863 ausgestellten Briefe gehört, wie JE und auch Haller 37 Anm. 93 vertreten, erscheint aufgrund des von Haller angeführten Briefes n. 628 möglich. Staubach 146 kontrastiert die im vorliegenden Schreiben feststellbare Ausweitung der Synodalteilnehmer auf alle Bischöfe der Gallia und der Germania mit dem späteren Brief n. 628, in dem der Papst weiter auf der Entsendung von zwei Bischöfen aus jedem Reich beharrt, und möchte es deshalb nach n. 628 datieren (451 Anm. 218); aufgrund dieser verschiedenen Überlegungen ergibt sich der hier bevorzugte insgesamt breitere Datierungsvorschlag.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,4,2 n. 604, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/cf2ffe41-ebf4-47fa-8432-18c2d82c1ce7
(Abgerufen am 24.04.2024).