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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,4,3

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Papst Johannes (VIII.) verleiht dem Marienstift (spätere Abtei Saint-Corneille) der Pfalz Compiègne (in palatio videlicet Compendio, in honore gloriosę Dei genitricis ac perpetuę semper virginis Marię monasterium cui regium vocabulum dedimus) ein Privileg.

Überlieferung/Literatur

Erw.: Urk. Karls des Kahlen von 877 Mai 5 (Lot-Tessier, Recueil II 453 n. 425); Urk. Karls des Einfältigen von 917 Juli 26 (Lauer, Recueil Charles III I 202-206 n. 90); Urk. Ludwigs IV. von 936 Dezember 25 (Lauer, Recueil Louis IV I 8-13 n. 4); Urk. Philipps I. von 1085 nach Sept. 1 (Prou, Recueil Philippe Ier 297-300 n. 117); Urk. Odos von Péronne von 1091 (Morel, Cartulaire de Saint-Corneille 44-46 n. XVIII); Urk. Philipps I. von 1092 (Morel, Cartulaire de Saint-Corneille 46-48 n. XIX); Urk. Philipps I. von 1092 (Morel, Cartulaire de Saint-Corneille 49-51 n. XXI).

Reg.: Lohrmann, PUU Frankreich N. F. VII 205 n. 1; Morel, Cartulaire de Saint-Corneille 8 n. V.

Lit.: Schramm, König von Frankreich I2 32 und II2 44 Anm. 2; Falkenstein, Aachener Marienstift 34, 85 und 116f.; Schneidmüller, Karolingische Tradition 102 Anm. 7; Falkenstein, Kirche der hl. Maria 18f., 27, 52, 56 und 67; Montaubin, Saint-Corneille de Compiègne 130f.

Kommentar

Nur aus den erwähnten Königsurkunden ist das Privileg für das von Karl dem Kahlen gegründete Stift bekannt. Während die Urkunde Karls des Kahlen nur kurz ein Privileg Johannes' VIII. nennt, erwähnen die Urkunden Karls des Einfältigen und Ludwigs IV. ausdrücklich die Exkommunikation als für die Perturbation angedrohte Strafe. Die Privilegien des 11. Jh. wissen hingegen zu berichten, Johannes habe die Kirche in Compiègne (zusammen mit 70 Bischöfen) geweiht. Racinet, Collégiale 42 und Woimant, Saint-Corneille de Compiègne 29 halten an einem solchen Akt in Gegenwart des Papstes und von (diesmal 72) Bischöfen fest. Die Weihe müßte, wenn überhaupt, während der Reise Johannes' VIII. ins Frankenreich (878) stattgefunden haben, ist aber nicht mit dem päpstlichen Itinerar in Einklang zu bringen. Auszugehen ist stattdessen von einer Weihe in Gegenwart Karls des Kahlen sowie der päpstlichen Legaten Petrus von Fossombrone und Petrus von Senigallia, und zwar am 1. Mai 877, vgl. n. 231, Ann. Bertiniani a. 877 (Grat 212) und Lohrmann 204. Die Ann. s. Maximini Treverensis a. 875 (MG SS II 213) berichten, das Stift sei zunächst regium, sodann kraft päpstlicher Autorität novum genannt worden. Zur Diskussion der Frage, ob es sich bei dem Privileg um eine Exemtion oder "nur" eine päpstliche Schutzverleihung handelte, vgl. zuletzt Montaubin. Seit 879 befand sich im Stift von Compiègne das Grab Ludwigs des Stammlers, vgl. Ann. Vedastini a. 879 (MG SS rer. G. [12] 44). Zur Neugründung König Karls des Kahlen vgl. Vieillard-Troïekouroff, Chapelle du palais, Schneidmüller, Karolingische Tradition 101-105, Falkenstein, Kirche der hl. Maria, Montaubin, Saint-Corneille de Compiègne, bes. 127-133, Racinet und Woimant. Das Privileg wurde wohl in den Wochen vor der Reise der Legaten Petrus von Fossombrone und Petrus von Senigallia ins Frankenreich ausgestellt, zu Ostern (7. April) 877 waren die Gesandten in Compiègne anwesend, vgl. n. 231. Eine Ausstellung direkt im Anschluß an die Kaiserkrönung Karls (n. 145), wie sie Lohrmann erwägt, entbehrt der Quellengrundlage und erklärt zudem nicht, warum die Weihe und die Privilegierung Karls über ein Jahr später stattgefunden haben sollen. Nicht unwahrscheinlich, aber ebenso ohne Quellenbeleg ist die Annahme Lohrmanns 204 und auch der älteren Literatur, daß Karl der Kahle anläßlich der Kaiserkrönung um ein Privileg für Compiègne und sogar um Reliquien gebeten habe.

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Empfohlene Zitierweise

RI I,4,3 n. 224, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/c1b0c07d-687a-416d-9045-383db9a023d7
(Abgerufen am 23.04.2024).