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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,4,3

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Papst Johannes (VIII.) erteilt den Bischöfen Paulus von Ancona und Eugenius von Ostia sowie dem Kardinalpresbyter Petrus (von S. Grisogono) (n. 560) folgende Anweisungen: 1. In Konstantinopel angelangt, sollen sie dahin gehen, wo der Kaiser (Basileios) es befehle, und nur ihm die Briefe (n. 551 und n. 552) überreichen; 2. bei einer Nachfrage sollen sie den Herrscher auf die Schreiben verweisen; 3. sie mögen Photios ein weiteres Schreiben überreichen (n. 553); 4. der Patriarch Photios, den er auf Wunsch des (byzantinischen) Kaisers (n. 478) anerkannt habe (n. 550), soll an einer Synode teilnehmen, wo er gemäß den Anweisungen in den päpstlichen Briefen von der (gesamten Ost)kirche anerkannt würde; die Legaten mögen in Anlehnung an diese Entscheidung den Patriarchen anerkennen; 5. die Gesandten mögen Photios über seine an die (an der Synode teilnehmenden) Bischöfe und Priester ergangene Ermahnung, von Photios die Kommunion zu empfangen, informieren; (unter dem ersten Patriarchat des Ignatios) geweihte (Bischöfe) haben ihre (Bischofs)sitze wiederzubekommen, (während des zweiten Patriarchats) konsekrierte (Bischöfe) seien von letzteren zu unterhalten; 6. auf der Synode soll eingangs das Schreiben an den Kaiser verlesen und die Teilnehmer sollen gefragt werden, ob sie die darin enthaltenen Anweisungen akzeptieren und befolgen; 7. diejenigen, die einer Wiederherstellung der Einheit der Kirche entgegenstehen, sollen nach dreifacher Mahnung exkommuniziert werden; 8. nach Photios' Tod soll kein (anderer) Laie die Nachfolge antreten, wie auch den Papstbriefen zu entnehmen sei; 9. die Legaten mögen vor der Synode Photios bitten, kein Pallium nach Bulgarien zu senden und dort keine Weihen vorzunehmen; 10. die Legaten sollen vor der Synode sowohl das unter Papst Hadrian (II.) (869) in Rom stattgefundene Konzil (JE I p. 370f.) als auch das in Konstantinopel (869/70) für nichtig erklären; sie seien nicht mehr unter den heiligen Synoden anzuführen; 11. die Gesandten sollen den Befehlen des Papstes gehorchen und sich nicht durch Geschenke, Schmeicheleien oder Angst beeinflussen lassen. – Μετὰ τῆϛ τοῦ ϑεοῦ βοηϑείαϛ ...

Überlieferung/Literatur

Orig.: –.

Kop.: –.

Insert: Akten der Photianischen Synode 879 (Mansi, Coll. XVII 468); Ivo von Chartres, Decretum IV 77 (Migne, PL CLXI 285) (fragm.); Coll. der Bibl. de l'Arsenal 713 (12. Jh., Paris Bibl. de l'Arsenal: Ms. 713 fol. 136r) (fragm.).

Erw.: n. 553; n. 554.

Drucke: Baronius, Ann. eccl. a. 879 c. 47 (lat. Übers. der griech. Fassung); Conc. coll. reg. XXIV 462 (lat. Übers. der griech. Fassung); Labbe-Cossart, Conc. IX 322 (lat. Übers. der griech. Fassung); Hardouin, Acta conc. VI 207 (lat. Übers. der griech. Fassung), 293 (griech. Fassung mit lat. Übers.); Mansi, Coll. XVII 361 (lat. Übers. der griech. Fassung), 467 (griech. Fassung mit lat. Übers.); Migne, PL CXXVI 867 (lat. Übers. der griech. Fassung); MG Epist. VII 188–190 n. 211a (griech. Fassung); Fontes historiae Bulgaricae 173 (fragm., griech. Fassung); Boojamra, Photian Synod of 879-80 8-14 (griech. Fassung mit engl. Übers.).

Reg.: JE 3276.

Lit.: Hergenröther, Photius II 382, 390f., 396-416; Lapôtre, Jean VIII 63 (ND 129) Anm. 3; Hefele-Leclercq, Hist. IV,1 583f.; Jugie, Synode photien 91; Grumel, Lettres 138f., 152f.; Schieffer, Päpstliche Legaten 21 Anm. 37; Dvorník, Photian Schism 175, 181, 191f.; Dvorník, Légendes 299; Haugh, Photius, 125f.; Stiernon, Konstantinopel IV 214-218; Beck, Gesch. der orthodoxen Kirche 111f.; Boojamra, Photian Synod of 879-80 1-7, 15-23; Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 249-255.

Kommentar

Das griechischsprachige, von Photios (zu anderen Theorien vgl. Grumel 142-156) interpolierte Schreiben ist nur innerhalb der Akten der Photianischen Synode von 879 überliefert. Die Kanonessammlungen enthalten lediglich einen kurzen Auszug, der ebenfalls auf der interpolierten Version fußt. Die Hs. Paris Bibl. de l'Arsenal: Ms. 713 stammt in diesem Teil aus dem 2. Viertel des 12. Jh., vgl. Fowler-Magerl, Clavis Canonum 192f. Die bei Pflugk-Harttung, Iter 107 genannte Handschrift Vallicelliana C 31 stellt keine eigenständige kopiale Überlieferung dar, sondern bietet lediglich eine lateinische Übersetzung der Konzilsakten. Nach dem Schriftstück folgen in den Akten die Wortmeldungen der Konzilsteilnehmer, gefolgt von einer Liste mit den Unterschriften der 23 den Papst bei der Entsendung des Legaten Petrus beratenden Bischöfen (ob es sich bei diesen Beratungen um ein römisches Konzil handelte, als das Mansi, Coll. XVII 359-364 es aufgenommen hat, ist aus den überlieferten Quellen nicht mehr zu erschließen). Das Commonitorium ist in Capita (Κεφάλαια) untergliedert, wobei diese Unterteilung in der lateinischen Übertragung (Hardouin) fehlt. Die Überschrift lautet: Κομμονιτόριον τοῖς ἀδελφοῖς Παύλῳ καὶ Εὐγενίῳ τοῖς ἐπισκόποις ὡαύτως καὶ Πέτρῳ πρεσβυτέρς καρδινάλι ἡμῶν τοῖς εν Κωνσϯανϯινουπόλει ἀπεσταλμένοις. Auf Grundlage der Registerüberlieferung von n. 551, n. 552 und n. 553 können einige Passagen als zweifelsfrei interpoliert bestimmt werden: So fand sich die Unterscheidung zwischen den während des ersten Patriarchats des Ignatios (zwischen 847 und 858) und den während des zweiten Patriarchats (zwischen 867 und 877) geweihten Bischöfen sicher nicht im ursprünglichen Brief Johannes' VIII., da diese eindeutig die Sichtweise Photios' widerspiegelt. Auch die Kassierung des VIII. ökumenischen Konzils und der Beschlüsse der im selben Jahr in Rom von Hadrian II. veranstalteten Synode kann nicht Johannes VIII. zugeschrieben werden. Vgl. zu den Interpolationen weiterhin Grumel 152f. und zu den übrigen Aspekten des Commonitoriums auch n. 551. Wie aus den weiteren erhaltenen Akten (Mansi, Coll. XVII 365-530) hervorgeht, entspricht der im Commonitorium vorgegebene Ablauf wohl weitgehend dem tatsächlichen Verlauf der Synode, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, daß das Commonitorium in seiner überlieferten Gestalt stark von den Interpolationen des Photios geprägt ist, der auch federführend bei der Organisation des Konzils war. In der Aufforderung des Papstes an die Gesandten, keine Geschenke anzunehmen, könnte man, sofern diese im ursprünglichen Commonitorium gestanden hat, einen Reflex auf die Bestechung der Legaten in Konstantinopel 861 unter Nikolaus I. (Böhmer-Herbers n. 563) sehen. Das Commonitorium wurde wohl von dem Legaten Petrus von S. Grisogono, an den es neben den bereits in Konstantinopel weilenden Bischöfen Paulus und Eugenius (n. 331) adressiert ist, selbst mitgenommen, vgl. n. 560. Zu datieren ist gleichzeitig mit dem Brief an die Bischöfe (n. 554).

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,4,3 n. 555, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/bf81ea86-1716-4613-8061-b02d36f41173
(Abgerufen am 28.03.2024).