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RIplus | Urkundenregesten Hofgericht 15 - Die Zeit Ruprechts (1400-1403)

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Kg. Ruprecht bekundet: Vor Zeiten hat Kg. Wenzel, sein Vorgänger, Fürsten, Herren und Städten die Gnade verliehen, von der Judenschuld befreit zu sein. Er hat dies Fürsten und Städten gesondert verbrieft1. Namentlich die Städte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Windsheim und Weißenburg erhielten gemeinsam eine Verbriefung, daß sie und ihre Bürger samt und sonders, ihre Untersassen und alle die Ihren von jeglichen Schulden, Geldschuld wie Wechsel, bei den Juden ledig sein sollten. Insbesondere sollten die von Nürnberg ihrer Schulden bei den Juden Jeklein von Ulm, Ashalm und Jüdlein, den Söhnen der Frau des Isaak2(Isaakin), und deren Erben ledig sein. Und zwar sollte die Befreiung für Schulden jeglicher Form, gleich wann und wo sie gemacht und auf welche Weise auch immer sie verbürgt worden seien und gleich wo die Juden gewohnt hätten oder wohnten, gelten bis zu dem Tag der Freiung (gnade und ledigunge), die geschehen ist mit Brief von 1390 Sept. 163 (des nesten frytages nach des heiligen Creutzs dag als ez erhaben wart, 1390). Von Seiten des Bürgermeisters, Rats und der Bürgergemeinde zu Nürnberg wurde ihm vorgebracht, daß es etliche gäbe, die versuchten, ihnen diese Freiheiten zu beschneiden, und die trotz der Freiheiten Anteil an Juden und Judenschuld beanspruchten, und sie und die Ihren an Hab, Gut und Kaufmannschaft in jeder Form zu hindern und zu schädigen trachteten (wie in etlich an solichen gnaden und ledigungen inval zu machen und dar wider sich und ein teil Juden und Juden schulde gein in und den yren mainten anzenemen und dar umb die iren und ire gute hab und kaufmanschafft zu hindern auf zuhalten und zu bekummern).

Dem Kg. ist bekannt, daß diese Gnade und Befreiung von der Judenschuld redlich geschahen4 (und wan uns kuntlich und wissentlich ist daz solich gnade und ledigunge de Judenschult redlich zugangen und gescheen ist). Sie wurden nicht allein denen von Nürnberg sondern Fürsten, Herren, Städten, Rittern und Knechten erteilt, die diese Freiheit nach wie vor ungebrochen genießen.

Deshalb hat er wohlbedacht, mit gutem Rat und rechtem Wissen unmittelbar, nachdem er gewählt und in Köln zum röm. Kg. gekrönt war, bestimmt und setzt hiermit kraft kgl. Macht, daß die Stadt Nürnberg bei der oben genannten Gnade und Befreiung von der Judenschuld ganz und gar verbleibt und jeglicher Judenschulden wie beschrieben ledig sein soll5.

[Es folgen sehr ausführliche Darlegungen, für welche Arten der Judenschulden die Befreiung zu gelten hat. Wechsel, Pfänder, Schuldbriefe sind unwirksam und auszuhändigen, zurückgehaltene Schuldbriefe sollen unwirksam sein6, Unterstützung bei der Eintreibung oder Übertragung der Forderungen durch Dritte wird ausgeschlossen. Wer sich der Befreiung widersetzt oder sie hintertreibt, zieht sich die schwere Ungnade von Kg. und Reich zu, der Kg. wird den Schuldnern helfen. Wer auch immer wem auch immer bei der Eintreibung der Judenschuld behilflich ist, soll als Räuber verurteilt und angegriffen werden.]

Sollte irgendeinem der Fürsten, Gff., Herren, Ritter, Knechte, Städte, Märkte, Gemeinden, Juden oder sonstwem ein Brief, eine Freiheit gegeben worden sein oder gegeben werden, die dem widerspricht, so sollen diese gänzlich unwirksam sein (dhene krafft oder maht haben).

Originaldatierung:
geben zu Collen, 1401, auf der heyligen dryer kunige dage Epiphania domini zu latin, r.R. 1.

Überlieferung/Literatur

Ü: B1 GLA Karlsruhe, 67/801 Bl. 31r.-v. (alt:13r.-v.). - Überschrift: fryheit und bestetigunge daz die von Nurenberg aller Juden schult ledig sein.

B2 HHStA Wien, Reichsregister C Bl. 25r.-v. (alt: 6r.-v). - Überschrift wie B1.

B3 StadtA Weißenburg, Archiv der Reichsstadt, Urkundenselekt 1401 Jan. 6 (alt: A 4605). - Papierkopie, 15. Jh., unbeglaubigt, undatiert.

B4 StA Nürnberg, Siebenfarbiges Alphabet Nr. 326. - Vidimus der kgl. Landgerichts Nürnberg von 1401 Aug. 6.

D: Quellen Handelsgeschichte Nürnberg S. 40ff. Nr. 28 (nach B6).

R: Reg. Pfgff. 2 Nr. 351. - Reg. Weißenburg 1 Nr. 160. - Regesta Ruperti Nr. 65. - Wiener S. 54 Nr. 5.

Kommentar

Die Verbriefungen Kg. Ruprechts konnten die Auseinandersetzungen, die infolge der Vertreibungen zur Zeit und mit Billigung Karls IV. 1348/49 und aufgrund der Judenschulderlasse Kg. Wenzels von 1385, einem Zusammenspiel des Kg. mit dem Großen Städtebund, und von 1390 entstanden waren, nicht beenden, zumal durch eine Judenschuldverordnung Wenzels von 1392 ein Schuldposten der Stadt bei den Juden mißverständlich formuliert war, offen und strittig blieb. - Kg. Ruprecht mußte noch mehrfach schlichtend eingreifen (vgl. unten Nr. 121, 161, 168). - Zu den Auseinandersetzungen um die Nürnberger Juden vgl. Kurländer S. 35ff. - Arnd Müller (wie Anm. 2) S. 62ff. - Kuno Ulshöfer: Zur Situation der Juden im mittelalterlichen Nürnberg. In: Geschichte und Kultur der Juden in Bayern. 1988. S. 147-160.

Anmerkungen

  1. 1Mit Brief von 1390 Sept. 16 (D: RTA 2 S. 312ff. Nr. 174). Dies war eine der zahlreichen Befriedungsmaßnahmen nach dem Großen Städtekrieg (vgl. ebda., S. 307ff. Kapitel C). - Vgl. Vorregest Anm. 1.
  2. 2Die Städte nutzten das Verfügungsrecht über die Schulden der Juden, das sie bei der ersten Schuldentilgung von 1385 erlangt hatten, um den bei ihnen ansässigen und gefangengenommenen Juden für die Freilassung eine Pauschalsumme abzupressen, die je nach Außenständen berechnet war. Jeklein von Ulm und seine Söhne mußten 15 000 Gulden aufbringen. Er ist seit 1390 nicht mehr in Nürnberg nachweisbar. Über seinen Verbleib ist nichts bekannt. Seine beiden Söhne hatten sich in den Schutzbereich des österreichischen Hzg. begeben. Er oder die Söhne hatten offenbar Schuldscheine mitgenommen, weshalb seine Häuser in Nürnberg beschlagnahmt wurden (vgl. hierzu Arnd Müller: Geschichte der Juden in Nürnberg 1146-1945. Nürnberg 1968. S. 64ff.). Der österreichische Vogt Ritter Ulrich von Ems nahm sich der Sache seiner Söhne vehement an und führte eine Fehde gegen Nürnberger Kaufleute. Nürnberg ließ ihn vor das Hofgericht laden (vgl. unten Nr. 121, 161, 167ff.). - 1402, inmitten der Auseinandersetzung, als man sich auf Druck des Kg. hin schon auf Waffenstillstand und Schiedsverfahren geeinigt hatte, versuchte der Rat der Stadt Nürnberg, sich einen Überblick über Art und Umfang der Judenschulden, namentlich jener bei dem Jeklein von Ulm und seinen Erben, zu verschaffen (Ü: A StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, Ratsbuch 1 Bl. 76). Die Streitigkeiten kamen erst 1403 durch Schiedsrichter zum Ende. Ein Quittbrief der Juden für Nürnberg, erteilt im Rahmen von Ausgleichsverhandlungen, wurde 1403 Jan. 29 unter anderem von den Söhnen des Jeklein beurkundet (Ü: A StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, Siebenfarbiges Alphabet, Nr. 346).
  3. 3Mit Brief von 1390 Sept. 16 (vgl. URH Bd. 12 Nr. 251).
  4. 4Diese Briefe Wenzels sind 1390 im Sept. auf dem Tag zu Nürnberg erteilt. Wenzel war nicht auf diesem Tag. Alle drei an diesem Tag und diesem Ort ausgestellten Urk. gehören zu den von Ruprecht selbst inkriminierten Blanketten (vgl. Nr. 90 Anm. 1, 106). Die Betonung der Rechtmäßigkeit dieses Privilegs Wenzels für Nürnberg zeugt von dem Sachzwang, die reiche Stadt für den frisch gekrönten Kg. zu gewinnen.
  5. 5Mit Brief vom gleichen Tag erhält Nürnberg zudem ein allgemeines Judenprivileg (Ü: A StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, Kaiserprivilegien Nr. 240).
  6. 6Aufgrund dieser Klausel führte der Rat von Nürnberg 1410 vor dem kgl. Hofgericht einen Prozeß gegen die Witwe des Juden Jakob Rapp, die Söhne sowie Tochter. Rapps Witwe war 1388 nach Ascona ausgesiedelt, während ihr Vater Anselm von Nördlingen die Geschäfte weiterführte. Sie sollte zurückgehaltene Schuldscheine im Wert von 2 000 Mk. Golds ausliefern, tat es nicht, wurde samt Kindern geächtet, deren und ihr Vermögen -der Vater war verstorben- der Stadt zugesprochen (vgl. Hofgerichtsbriefe von 1410 Jan. 21 und Apr. 16, URH Bd. 17, sub dat. - Wiener S. 68 Nr. 98). - Aufgrund dieser Klausel versuchte Nürnberg auch, die Ansprüche des Jeklein von Ulm abzuwenden (vgl. Anm. 2).

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RIplus URH 15 n. 19, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/bb72b9a8-8189-4c22-b079-2f4b5f88ec84
(Abgerufen am 16.04.2024).

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