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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,4,3

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Papst Johannes (VIII.) drückt gegenüber dem dux Ursus (Particiacus) von Venedig (Urso duci Veneticorum) seine Verwunderung darüber aus, daß dieser entgegen seinem Versprechen (n. 160) den zum Nachfolger des Bischofs (von Torcello) gewählten Dominicus (Dominicum vocatum electum) nicht zusammen mit seinem Sohn zum Papst geschickt habe, nachdem sich der Bischof und Metropolit Petrus von Grado (Petri sanctę Gradensis ecclesię antistitis ... qui ... metropolitanus) an den heiligen Stuhl gewandt und um eine gerichtliche und kanonische Beendigung (finem legitimum ... secundum ... ius canonicum) des Konfliktes zwischen ihm und Dominicus gebeten habe (n. 156), und befiehlt erneut (rursus pręcipimus) (n. 216) (unter Verweis auf Bonifaz I.) (JE 349), daß Dominicus am 1. Februar in Rom erscheinen solle (kalendis ... Februariis Romam ... occurrat), um sich vom Vorwurf der Bestechung (ambitionis ... crimine denotatur) zu reinigen; der Papst informiert den dux darüber, daß er auch den Bischöfen Felix (von Malamocco) und Petrus (von Jesolo) (episcopis ... Felicem ... et Petrum), der seine Reise nach Konstantinopel solange aufschieben solle (vgl. n. 215), befohlen habe zu erscheinen und daß er Bischof Felix aufgefordert habe, einen geeigneten Vertreter zu schicken, falls er selbst nicht anwesend sein könne (vgl. n. 218); der Papst befiehlt (iubemus), daß der Archidiakon von Torcello, der Abt des Klosters von (S. Stefano zu) Altino, der Archipresbyter, der Archidiakon (Laurentius) sowie sein Neffe, der Diakon Laurentius von Grado (archidiaconum ... Torcellensis ecclesię ... et Altinensis abbatem monasterii ... et archipresbyterum et archidiaconum atque huius ęquivocum et nepotem Laurentium diaconum Gradensis ecclesię) zur kanonischen Verhandlung der gegen sie erhobenen Anschuldigungen am 13. Februar zur Synode in Rom (Romam idibus Februariis fore venturos) kommen sollten, teilt dem dux mit, daß diese, wenn sie nach dreimaliger Ermahnung (quia tertio iam commoniti ... occurrere contempserunt) (n. 153) zu dem genannten Datum oder früher (nisi forte instanter properare delegerint) nicht beim Papst erschienen, exkommuniziert und bei nichtgeleisteter Buße mit dem Anathem belegt würden (anathematis postmodum sententia feriendum), und fordert den dux auf, die geeigneten Mittel zu Verfügung zu stellen.

Originaldatierung:
Data kalendis Decembris indictione X.
Incipit:
Cum pro causa venerabilis fratris ...

Überlieferung/Literatur

Orig.: –.

Kop.: 11. Jh., Rom Arch. Vat.: Reg. Vat. I fol. 8r; 16. Jh., Rom Arch. Vat.: Arm. XXXI, t. 1 fol. 14v.

Erw.: n. 220; n. 257; Indexfragment aus dem 13. Jh. (vgl. Lohrmann, Päpstliche Register 404).

Drucke: Carafa, Epist. III 300; Conc. coll. reg. XXIV 21; Labbe-Cossart, Conc. IX 14; Hardouin, Acta conc. VI 6; Mansi, Coll. XVII 16; Migne, PL CXXVI 703; MG Epist. VII 15–17 n. 18; Cessi, Documenti relativi alla storia di Venezia 10f. n. 7.

Reg.: J 2299; Cipolla, Fonti 112 n. 78; JE 3069; IP VII/2 16 n. 18 und 45 n. 46.

Lit.: Kretschmayr, Venedig 99; Hartmann, Gesch. Italiens III,2 36; Kehr, Rom und Venedig 60-64; Riesenberger, Prosopographie der päpstlichen Legaten 191; Rando, Una chiesa 49-52; Arnold, Johannes 199f.

Kommentar

Das Schreiben ist lediglich in den Registerabschriften überliefert, vgl. zu diesen Caspar, Register Johanns 85-99 und Lohrmann, Register Johannes 5-156. Zur Erwähnung im Indexfragment aus dem 13. Jh. vgl. Lohrmann, Päpstliche Register 401-408. Wie Johannes Diaconus, Istoria Veneticorum berichtet (Monticolo 121f.; Berto 134-136), entbrannte nach dem Tod des Bischofs Senator von Torcello zwischen dem dux Ursus Particiacus von Venedig und dem Patriarchen Petrus von Grado ein Streit über die Einsetzung des Nachfolgers. Auf Wunsch des dux war dazu der Abt Dominicus des Klosters S. Stefano von Altino gewählt worden, der sich laut Johannes Diaconus aufgrund eines ihm vorgeworfenen Verbrechens selbst entmannt hatte (subrogatus est in ea sede Dominicus abbas Altinas monasterii ... pro inposito crimine veretro sibi asiso, Monticolo 121/Berto 134-136). Nachdem Bischof Petrus ihm gegen den dux die Weihe verweigert und mit dem Anathem gedroht hatte, mußte Petrus – vom dux bedroht – heimlich fliehen und zog nach Rom (occulte de Venecia exivit, Romamque adire disposuit ..., Berto 136), um den Papst um Hilfe bei der Beilegung des Konflikts zu bitten, vgl. n. 155, n. 156 und n. 220. Wie aus n. 218 hervorgeht, hatten ihm seine Suffraganbischöfe jegliche Unterstützung verweigert und auch der dux Ursus schickte lediglich ein Schreiben mit Versprechungen und Ausflüchten nach Rom, vgl. n. 160. Ob mit dem genannten Sohn der Ursus als dux nachfolgende Johannes gemeint ist, kann nicht geklärt werden. Die vorangegangenen zwei Ermahnungen (vgl. n. 153), die im Schreiben erwähnt werden, beziehen sich nach Kehr, Rom und Venedig 62, auf die Synoden vom 19. April und 30. Juni 876 in Rom, vgl. n. 175 sowie n. †?183. Allerdings ist fraglich, ob die zweite Synode überhaupt stattgefunden hat. So hat schon Dümmler, Auxilius 56f., Zweifel an der Echtheit des Berichts angemeldet, vgl. in diesem Zusammenhang auch Hartmann, Synoden 347 Anm. 10. Daher könnte auch eine andere, sonst nicht bekannte Synode etwa zum üblichen Septembertermin gemeint sein, deren Abhaltung jedoch am Fernbleiben der Geladenen gescheitert sein muß. Ebenso fand die für Februar 877 angekündigte Synode offensichtlich nicht statt, da die geladenen Bischöfe und Kleriker erneut ausblieben, jedoch ist nicht überliefert, ob sie, wie angedroht, tatsächlich exkommuniziert wurden. Der Streit wurde erst im August im Anschluß an die Synode in Ravenna beigelegt, vgl. dazu n. 276. Der Brief wurde zusammen mit n. 216, n. 218 und n. 219 von Bischof Delto von Rimini überbracht, vgl. n. 220, jedoch verweigerte der dux ihm offensichtlich die Audienz, vgl. n. 257.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,4,3 n. 217, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/b95f7dcf-c243-44d1-9dc9-f753e8d40368
(Abgerufen am 28.03.2024).