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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,4,2

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Papst Nikolaus (I.) beklagt gegenüber dem der Konstantinopolitaner Kirche unterstehenden Episkopat und Klerus von Konstantinopel (reverentissimis et sanctissimis confratribus nostris archiepiscopis metropolitanis et episcopis Constantinopolitanae sedi subiacentibus atque universo venerabili clero Constantinopolitanorum ecclesiae) deren partielles Abfallen von Ignatios und die unrechtmäßige Erhebung des Photios, erwähnt dazu ausdrücklich die nach Rom gekommene Legation (n. 509) mit dem kaiserlichen Brief (n. 510), unter der sich der Erzbischof (Method) von Gangra und der Spathar Arsaber befand. Er erinnert weiterhin an die Etappen des photianischen Schismas, die Legation von Radoald (von Porto) und Zacharias (von Anagni) mit den Briefen (n. 525 und n. 526), kritisiert mit Zitat von Papst Leo (I.) (JK 420) die Erhebung des Photios, zitiert (weitgehend wörtlich) aus seinem Brief an Kaiser Michael (III.) (n. 823), erwähnt die dreifache Ausfertigung und Fälschung päpstlicher Briefe, die Ereignisse mit den Legaten in Konstantinopel, deren Rückkehr nach Rom; er berichtet über den kaiserlichen Gesandten Leo, der ein Buch über die Absetzung des Ignatios, ein weiteres über die Bilder(verehrung) nach Rom brachte (n. 564), wobei er die nicht eingehaltene Ordnung in diesen vom Griechischen ins Lateinische übersetzten Schriften kritisiert. Der Papst erwähnt den ebenfalls von Leo überbrachten kaiserlichen Brief, in dem um Zustimmung zur Absetzung des Ignatios und um Bestätigung des Photios gebeten wird (n. 546), nennt seine Stellungnahme, die in päpstliche Schreiben (n. 569 und n. 570) aufgenommen und durch Leo auch nach Konstantinopel übermittelt worden sei, berichtet über das Bekenntnis von Radoald und Zacharias, in Byzanz bestochen worden zu sein, erzählt die Ereignisse im Zusammenhang mit der römischen Synode (n. 616), auf der der anwesende Zacharias abgesetzt und exkommuniziert worden sei, wie dies später ebenso dem mehrfach zu einer weiteren Synode (n. 719) geladenen und nicht erschienenen Radoald widerfuhr und von Nikolaus unter anderem mit Zitaten von Nestorius, Dioskur, Bonifaz (JK 349), Hormisda (JK 775), Felix (JK 601) und Cyrill begründet wird. Der Papst fügt die sechs Kapitel des Konzils von 863 wörtlich bei (n. 616). – Anschließend geht er erneut auf den Fall des (Bischofs) Gregor von Syrakus und dessen angebliche Annahme durch Kaiser und Bischöfe ein, betont (wie in n. 823 mit einem Gelasiuszitat [JK 701]), daß dieser nur vom Papst, nicht vom Kaiser absolviert werden könne, fordert zur Prüfung von Photios unter Nennung der Kanones von Nikaia auf, verweist auf die Kanones von Antiochia und Karthago bezüglich Verdammter und Exkommunizierter, erinnert an die unrechtmäßige Absetzung des Ignatios auf der Synode (in Konstantinopel), weiterhin an die Haltung seiner Vorgänger Leo (IV.) und Benedikt (III.), die beide Seiten hätten hören wollen, tadelt Gregor (von Syrakus), der die Absetzung durch den Apostolischen Stuhl nicht anerkannt habe. Der Papst betont, daß Gregor und dessen Komplizen ohne Rückfrage bei den Päpsten Leo und Benedikt (praesulibus inconsultis) gegen Ignatios vorgegangen seien, zitiert zur Weihe des Photios durch den von Zacharias (von Taormina) geweihten Gregor (von Syrakus) ein Schreiben Papst Gregors (I.) (JE 1747); er erwähnt den im vorigen Jahr (praeterito anno per indictionem videlicet tertiam decimam) von Michael (III.) ihm durch den Protospathar (Michael) zugestellten Brief (n. 762) und tadelt die darin enthaltenen Beleidigungen, erwähnt seine Antwort an Michael (n. 823) mit der Aufforderung zur genauen Untersuchung, informiert über seine Absicht, nach dem Beispiel seiner Vorgänger die Synode (von Konstantinopel) zu kassieren und die gegen Ignatios verfaßten Schriften zu verdammen; er erwähnt nochmals den beleidigenden Brief Kaiser Michaels III. (n. 762), sucht Mitgefühl für Ignatios (patitur unum membrum compatiuntur omnia membra), kritisiert erneut die Weihe von Laien zu Bischöfen mit Verweis auf das Konzil von Serdika (c. 13) und verbietet abschließend, Informationen des vorliegenden Briefes geheimzuhalten oder bei der Übersetzung ins Griechische zu verfälschen.

Incipit:
Ea, quae nuper apud Constantinopolim ...
Empfänger:
Episkopat und Klerus von Konstantinopel

Überlieferung/Literatur

Orig.: –.

Kop.: Ende 9. Jh., Rom Bibl. Vat.: Cod. Vat. lat. 4965 fol. 75v-92r und 108r-108v (fragm.); Ende 9. Jh., Rom Bibl. Vat.: Cod. Vat. lat. 5749 fol. 65r-77r und 91r-91v (fragm.); 15. Jh., Rom Bibl. Vat.: Cod. Vat. lat. 7304 fol. 196r-205v; 15. Jh., Rom Bibl. Vat.: Cod. Regin. lat. 1033 fol. 45v-56r; Ende 15./Anf. 16. Jh., Rom Bibl. Vat.: Cod. Vat. lat. 1332 fol. 86v-103v; Anf. 16. Jh., Rom Bibl. Vat.: Cod. Vat. lat. 1333 fol. 40r-47v; 16. Jh., Rom Bibl. Vat.: Cod. Vat. lat. 1334 fol. 72v-87r; 16. Jh., Rom Bibl. Vat.: Cod. Ottobon. lat. 952 fol. 265r-322v;16. Jh. (?), Rom Bibl. Vat.: Cod. Ottobon. lat. 767 fol. 217r-228v; 16. Jh. (?), Rom Bibl. Vat.: Cod. Ottobon. lat. 769 fol. 76r-92r; 17. Jh., Rom Bibl. Vat.: Cod. Vat. lat. 4169 fol. 116r-139r; 17. Jh., Rom Bibl. Vat.: Cod. Vat. lat. 5593 fol. 115v-134r; 17. Jh., Rom Bibl. Vat.: Cod. Vat. lat. 6813 fol. 112v-136r.

Insert: n. 831; Rather von Verona, Epist. 21 (Weigle, MG Briefe Kaiserzeit I 114) (fragm.).

Erw.: n. 857.

Drucke: Carafa, Epist. III 82; Conc. coll. reg. XXII 184 und XXIII 271; Labbe-Cossart, Conc. VIII 351 und 1064; Hardouin, Acta Conc. V 137 (fragm.), 196 und 842; Mansi, Coll. XV 240 und XVI 101; Migne, PL CXIX 1067; MG Epist. VI 512-533 n. 91; Acta Rom. Pont. (Tàutu 642-652 n. 324) (fragm.).

Reg.: J 2130; JE 2819; MMFH III 149f. n. 29.

Lit.: Hergenröther, Photius I 636f.; Perels, Nikolaus 157 Anm. 3 und 173 Anm. 1; Haller, Nikolaus 19 Anm. 43, 21, 22 Anm. 53, 23, 24 Anm. 60, 28f., 31 Anm. 78, 32, 77, 84f., 106 Anm. 279, 135, 138 Anm. 370, 139 Anm. 372, 142 Anm. 379, 144 Anm. 382, 155 Anm. 415; Devos, Anastase 108f.; Stiernon, Konstantinopel 74; Bishop, Nicholas 105, 113; Hartmann, Synoden 288 Anm. 6, 289f.; Herbers, Ost und West 63, 66.

Kommentar

Die in manchen Editionen (vgl. MG Epist. VI) angegebenen Kopien in Vat. lat. 3789, 3827 und in Ottobon. lat. 276 bieten den vorliegenden Brief lediglich als Insert in n. 831 und sind damit keine eigenständigen Überlieferungen. Die weiteren angegebenen Hss. überliefern den vorliegenden Brief innerhalb der von Anastasius Bibliothecarius übersetzten Akten des Konzils von Konstantinopel 869/70, vgl hierzu Lohrmann, Arbeitshandschrift sowie Perels, Briefe I 542-545, Jasper, Beginning 115 und Kuttner, Catalogue 63-65. Das Schreiben breitet die gesamte Vorgeschichte zum Streit zwischen Ost- und Westkirche aus und greift vielfach Argumente aus früheren Schriften auf. Neben den oben belegten Stellennachweisen gibt es weiterhin wiederholt kleinere Übernahmen aus den anderen Parallelbriefen, vgl. die Anm. bei Perels in MG Epist. VI. – Zitate aus dem vorliegenden Brief finden sich in der Vier-Bücher-Sammlung des 10. Jahrhunderts, vgl. Schmitz, Vier-Bücher-Sammlung 237 und 247, der nachweist, daß dort mit falscher Inskription wie im Pittaciolus Hinkmars von Laon zitiert wird. Zur Verwendung von Textteilen der im Brief eingefügten sechs Capitula der römischen Synode von 863 beim Konzil 964 vgl. Hehl, Der wohlberatene Papst 265f. und 268f. sowie MG Conc. VI 240-251. Zu datieren ist der Brief zeitgleich mit den weiteren Parallelschreiben n. 823, n. 825, n. 826, n. 827, n. 828, n. 829, n. 830 und n. 831, die durch die päpstlichen Legaten Bischof Donatus von Ostia, den römischen Presbyter Leo von S. Lorenzo in Damaso und den römischen Diakon Marinus überbracht werden sollten, vgl. n. 834.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,4,2 n. 824, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/abbf2c36-bd5f-4012-9a73-abe7e839485b
(Abgerufen am 23.04.2024).