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RI VI Rudolf I. - Heinrich VII. (1273-1313) - RI VI,4,2

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König Heinrich [wiederholt] seinen Versprechenseid [vom 17. August 1310 aus Hagenau] (oben Nr. 586) mit [von Papst Clemens V. gewünschten] Erweiterungen und Präzisierungen, unter anderem in bezug auf die Herrschaftsgebiete der Römischen Kirche hinsichtlich der Grafschaft Bertinoro mit der Stadt Bologna, der Stadt Orvieto und Cesi (Arx Cesarum). – Sanctissimo in Christo patri et domino suo [...]. Ferventi desiderio cupientes.

Originaldatierung:
datum Lausanne, V. idus Octobr.

Überlieferung/Literatur

Original (Pergament, Königssiegel an weiß-blauen Seidenfäden) Rom, Archivio Segreto Vaticano, Arm. I c. VI Nr. 1 mit Rückschrift Littera concessa per .. regem Romanorum super donacionibus et confirmacionibus [et terris] ecclesie et privilegiis; gleichzeitiges Konzept aus der päpstlichen Kanzlei, Original (Pergament, unbesiegelt) Turin, AS, Diplomi Imperiali, Mazzo 4, Nr. 10, dessen Text hinter de vestro mandato specialiter recipientis abbricht, mit Rückschriften, darunter zeitgenössisch: von der Hand Bernardos de Mercato Forma iuramenti prestiti per imperatorem apud Lausan., von anderer Hand apud Lausannam sowie von etwas späterer Hand forma iuramenti prestiti per dominum imperatorem Henricum domino Clementi pape; Abschrift des verkürzten Konzepts durch Bernardo de Mercato, ebd., Mazzo 4, Nr. 11 fol. 20r–21r; Abschrift von kurz nach 1336 in der Losse-Handschrift Kassel I, Kassel, Universitätsbibliothek – Landesbibliothek – Murhardsche Bibliothek 2° Ms. jurid. 25, fol. 4v–5v [Nr. 5] und fol. 273v–274v [Nr. 569a]; Abschrift Anfang 15. Jh., Luzern, Zentralbibliothek, Msc. 16 in 2° fol. 49v–51r.

Drucke: Raynaldus, Annales ecclesiastici 15 (1694) S. 56–58; Lünig, Reichs-Archiv 19, S. 185–187 Nr. 27; ders., Codex Italiae diplomaticus 2 (1726) S. 759–764 Nr. 41; von Olenschlager, Staats-Geschichte (1755) Urkunden-Buch S. 31–34 Nr. 11 nach Raynaldus; Boretius, MGH LL 2, (1837) S. 501–503 nach Raynaldus; Dönniges, Acta Henrici, S. 123–126 Nr. 5 aus dem Konzept und dessen Abschrift; Theiner, CD dominii temporalis S. Sedis 1 (1861) S. 439 Nr. 612 aus dem Original; ders., Annales ecclesiastici 23 (1871), S. 450–452 §§ 3–7; Altmann/Bernheim, Ausgewählte Urkunden (11891) S. 91–95 Nr. 24a nach Raynaldus (1694) = (21895) S. 119–122 Nr. 53 = (31904) S. 132–135 Nr. 65; *Schwalm, MGH Const. 4, S. 395–398 Nr. 454 aus dem Original = Altmann/Bernheim, Ausgewählte Urkunden (41909 = 51920) S. 134–137 Nr. 65.

Regesten: Böhmer, Heinrich VII., Nr. 332; Lullin/Le Fort, Régeste Genevois (1866) Nr. 1666.

Besondere Erwähnung: Stengel, Nova Alamanniae 1 (1921) Nr. 78 mit Nachträgen bei Stengel/Schäfer, Nova Alamanniae 2 II (1976) S. 716 Nr. 78α und S. 1227 zu Nr. 78.

Kommentar

Das in Turin aufbewahrte Konzept für den Eid aus der päpstlichen Kanzlei hatte Clemens V. seinem Brief vom 16. September 1310 beigefügt; oben Nr. 658. – Ein Regest von 1366 bietet der von Jakob Schwalm in: MGH Const. 4 I S. 395 zitierte Codex Estensis im StaatsA Modena auf fol. 36 für die Königsurkunde sowie ein weiteres auf fol. 35 für zwei darüber angefertigte Notariatsinstrumente; zitiert bei Schwalm a.a.O. S. 395. Das Regest der Notariatsinstrumente nennt neben vielen anderen Zeugen außer Johannes de Molans als Aussteller explizit den Basler Bischof Gerhard von Wippingen. Die beiden Notariatsinstrumente sind nicht erhalten. – Nach dem brieflichen Protest Clemens’ V. vom 16. September (oben Nr. 658) wiederholte König Heinrich nun doch kurz vor der Überquerung der Alpen den Versprechenseid in der vom Papst gewünschten erweiterten Form. Bereits in Hagenau hatte er den Eid im wahrscheinlich zunächst ausgehandelten, kürzeren Wortlaut geleistet und darüber unter dem 17. August 1310 eine Königsurkunde ausgestellt; oben Nr. 586. – Von den über den Hagenauer Eid hinausgehenden vier neuen Namen stehen Bertinoro und Bologna auch schon in den Diplomen König Rudolfs I. für Papst Nikolaus III.: Schwalm, MGH Const. 3, S. 207 Z. 22 und S. 208 Z. 8 sowie S. 210 Z. 8 [!] Nrn. 222f. vom 14. Februar 1279; im zugehörigen Regest Böhmer/Redlich (1898) Nr. 1063 bleiben beide unerwähnt, weil von den Listen jeweils nur die ersten Namen erscheinen. – Im vorliegenden Stück folgt nun nicht nur zusammenfassend am Schluß dieses Abschnitts, sondern hinter jedem Bereich und somit siebenmal explizit die Pertinenzformel »mit allen Städten, Landgebieten, Marken, Bezirken und Nachbarschaften sowie mit all deren Rechten und Gerechtsamen«; § 3 in MGH Const. 4 I S. 397 Z. 3–19; dazu Bresslau, Erste Sendung (...1926) S. 552 und Menache, Clement V (1998) S. 156, hier mit anderer Wiedergabe der Pertinenzen. Rechtlich noch bedeutsamer als diese Ergänzungen war aus königlicher Sicht jedoch wohl die Forderung, daß Heinrich VII. sich nunmehr nicht nur für seine eigene Person, sondern auch für seine Nachfolger zur Einhaltung aller bisher erteilten Privilegien für die Kirche verpflichten sollte, mit der zusätzlichen Präzisierung, daß diese »dauerhafte« Gültigkeit (robur obtineant perpetue firmitatis) besitzen sollten; § 2 in MGH Const. 4 I S. 396 Z. 28 und Z. 32. Außerdem wünschte der Papst die Ergänzung, daß nicht nur seine und seiner Nachfolger Person vom König zu schützen sei, sondern dieser auch ihre »Stellung und Ehre« (statum et honorem) zu verteidigen habe »gegen wen auch immer, welcher Stellung, welchen Ranges und welcher Würde er auch sei«; § 2 in MGH Const. 4 I S. 396 Z. 19–21; dazu Bresslau a.a.O. Die detaillierteren Formulierungen des Eides an diesen Stellen sollten wohl dazu dienen, rechtliche Schlupflöcher für den König von vornherein auszuschließen. Wenn Menache a.a.O. S. 156f. suggeriert, der »Kaiser-Elekt [habe erst] in Lausanne [...] seiner etwas zu optimistischen Hoffnung auf Vermeidung jedweder Konfrontation mit den Guelfen« Ausdruck verliehen, übersieht sie, daß quod devotos et fideles ecclesie [...] benigne tractabimus [...] von § 5 schon im gleichen Abschnitt des bis auf eine Wortumstellung hier völlig gleichlautenden Hagenauer Eids gestanden hatte und ohnehin ursprünglicher Bestandteil beider päpstlicher Entwürfe gewesen war; MGH Const. 4 I S. 342 Z. 15f. Nr. 391 = ebd. S. 345 Z. 36f. Nr. 393 III = ebd. S. 398 Z. 2f. Nr. 454, hier übrigens wie in der ganzen Nummer ohne Petitdruck. – Cesi, 7 km nw. von Terni in Süd-Umbrien, war das Zentrum der terra Arnulphorum; Partner, Lands of St Peter (1972) S. 428. Bei Nobili, Cesi nel Medioevo (2004) wird der Lausanner Versprechenseid nicht behandelt. – Für [die 57 Kilometer von] Lausanne nach Genf nennen Gesta Baldewini II 9 die [erst nach 35 km erreichbare] Zwischenstation Nyon (Leonon); Wyttenbach/Müller 2 (1838) S. 212, identifiziert und lokalisiert bei Ludwig, Reise- und Marschgeschwindigkeit (1897) S. 74. Hiervon übernimmt Friedrich Schneider, Kaiser Heinrich VII., S. 79 als Ankunftstag noch den 11. Oktober: sichtlich als »Nachtstation« auch König Heinrichs; vgl. Ludwig a.a.O. S. 68.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI VI,4,2 n. 698, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/aa70a0bd-de37-4e59-bca3-9cd8d4da28ce
(Abgerufen am 28.03.2024).