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RIplus | Erzbischöfe von Mainz - Böhmer, Regesta archiepiscoporum Maguntinensium 1 (742?-1160)

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Die zahl der quellen, aus denen wir nachrichten über Richulf schöpfen können, ist eine weit geringere, als diejenige für die geschichte seiner beiden vorgänger, und namentlich fehlt es ihm, wie den meisten seiner nachfolger an einem eigenen biographen. Im verhältniss bieten noch am meisten die annalen; die zahl der briefe von ihm und an ihn ist nur eine geringe; ausserdem wird er in einigen urkunden Karl's d. Gr. erwähnt, wie auch mehrere sonstige aufzeichnungen kunde von ihm geben. Seine abstammung ist dunkel. Der name Richulf kommt zuweilen in urkunden vor, die dem gau Wetterau angehören. (Dronke, Cod. dipl. Fuld. 108.) Dass unser Erzbischof dieser gegend entstammte, dafür spricht aufs klarste eine stelle der "Descriptiones eorum qui in Moingowe et in Wetereiba sco Bonifacio sua bona tradiderunt." in: Dronke, Trad. et Ant. Fuld. 103: "Rutekar trad. deo et sco Bon. in uilla Retlenheim quicquid ibi proprietatis habuit, tam ipse quam et frater eius Richulfus eps. cum omni amborum substantia et multa familia." Auch verdienen hier erwähnung die orte "Richolfesheim" (Will, Monumenta Blidenstatensia. 1) und "Richolveschiricha" (Böhmer, C. d. Moenofrancof. 8 und Weigand, Oberhessische Ortsnamen. in: Archiv für hessische Geschichte. VII, 320.)   Alcuin nennt Richulf seinen schüler, "filium dilectissimum", "filium charissimum", "quia semper ubique fidelem inveni et benevolum in me agnovi, sicut filium in patrem," "probatissimum amicum," oder redet ihn mit "vir clarissimus" und mit "piscator magnus" an. Im jahre 781 wurde ein diacon Riculf von Karl d. Gr. als gesandter an den Herzog Thassilo von Baiern geschickt, der höchst wahrscheinlich mit dem spätern Erzbischof dieses namens identisch ist. (Einh. Ann. "Electi et directi sunt in hanc legationem .. de parte regis Richolfus diaconus" etc.) Entspricht diese unsere vermuthung der wirklichkeit, so gewinnen wir dadurch einen beweis gegen die erzählung, dass er als laie vermöge eines päpstlichen privilegs zum nachfolger der hl. hl. Bonifatius und Lullus von dem Kaiser ernannt worden sei. (Vergl. Serarius bei Joannis, R. M. I, 379), und erhalten boden für die annahme, dass die erhebung Richulf's auf den mainzer erzbischöflichen sitz entweder ganz das werk Karl's war, oder doch wenigstens dessen wünschen entsprochen habe. In den jahren 783–785 begleitete er König Karl in den kampf gegen die Sachsen. Alcuin beklagt in einem schreiben an ihn seine abwesenheit im lande der feindlichen Sachsen und wünscht ihm glückliche reise und rückkehr. Am schluss des briefes ruft er ihm zu: "Tu, fili karissime, cum tuae reverentiae commilitonibus pro eo intercedere satage: quatenus spiritus consolationis hos eius animi motus tranquilla pace componere dignetur; et David, dilectum suum, et vos omnes victores cum gaudio reducat in patriam. Aeter nae patriae civem te faciat divina clementia, dilectissime fili." (Monumenta Alcuiniana. edd. Wattenbach und Dümmler. 149, wo die noch zuletzt von Abel, Jahrbücher d. Fränk. R. unter Karl d. Gr. I, 446 Note 7. vertretene ansicht in bezug auf die chronologie der briefe Alcuins eine rectifikation findet. Unter dem titel "Alcuinstudien" veröffentlichte soeben Sickel in den Sitzungsberichsen der k. k. Akademie der Wissenschaften LXXIX, 461 flgde die eingehendsten forschungen.) Dann sehen wir Richulf als Erzbischof mehrfach im vertrauen des kaisers stehen und im testament desselben erscheint er als zeuge, woraus sich deutlich genug das intime verhältniss zwischen den beiden erkennen lässt. Aus den beziehungen unseres Erzbischofs zu Alcuin (eine schöne monographie über denselben erschien 1873 als Programm des Gymnasiums zu Zittau von H. J. Kaemmel.) und zu der hochschule Karl's, in welcher er den namen "Flavius Damoetas" führte, geht hervor, dass es ihm nicht an der geistigen bildung und wissenschaft gebrach, die ihn des engeren verkehrs mit den besten seiner zeit würdig machte. Mit recht bezüchtigt Wattenbach (Deutschl. Gqq. 3. Aufl. I, 182) den St. Galler chronisten, welcher Riculf als dumm und hochmüthig schildert (Fuit quidam episcopus, vanae gloriae et inanium rerum valde cupidus. MGH SS 2, 737), der übertreibung und wir glauben, dass es wol nur die schwäche der eitelkeit war, die an unserem Erzbischof tadel verdient. Seine thätigkeit als kirchenfürst leuchtet selbst aus den spärlichen überlieferungen über weihen der kirchen durch seine hand und über concilien seiner zeit deutlich hervor, und dass er der politik nicht ganz fern gestanden, dafür sprechen die aufträge, welche er wol häufiger, als es überliefert ist, von dem Kaiser erhielt. Die betheiligung Richulf's an der abfassung und verbreitung der pseudoisidorischen decretalen, welche man aus einer stelle in der vorrede zu den capitularien des Benedictus Levita (MGH LL 2b, 39; vergl. unten bei Otgar) und aus einer notiz bei Hincmar. Rhem. contra Hincmar. Laudun. (Sirmond II, 575) herleiten zu können glaubte, ist nunmehr von der kritik ganz aufgegeben. "Es denkt dabei [bezüglich des Verf. d. pseudois. Decret.] jetzt freilich Niemand mehr an Erzbischof Riculf von Mainz." sagt Weizsäcker in seinem aufsatz über d. pseudois. frage in ihrem gegenwärtigen stand. (v. Sybel's hist. Ztsch. III, 88.) – Uebrigens darf nicht unerwähnt bleiben, dass wohl durch Richulf handschriftliche materialien, unter denen sich vielleicht eine Bonifazische briefsammlung befand, in dem archiv der mainzer metropolitankirche hinterlegt wurden. (.. et maxime in sanctae Mogontiacensis metropolis ecclesiae scrinio a Riculfo eiusdem sanctae sedis metropolitano recondita. Benedicti Levitae capitularia. in: MGH LL 2b, 39.) Vergl. Hahn, Noch einmal die Briefe und Synoden des Bonifaz. in: Forschungen z. d. G. XV, 112.

Anmerkungen

  1. 1Riculf, Riculph, Riulfus, Richolfus, Ricolfus, Rihcolfus, Riccholfus, Riholfus.

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Empfohlene Zitierweise

RIplus Regg. EB Mainz 1 [n. 215], in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/a7aee205-7770-4dde-8501-e3a6527407e8
(Abgerufen am 16.04.2024).

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