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RI XIV Maximilian I. (1486/1493-1519) - RI XIV,4,1

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Der venezianische Gesandte Zaccaria Contarini berichtet der Signorie von Venedig vom Königshof: (1) Contarini hat Matthäus Lang mitgeteilt, daß er eine wichtige Nachricht aus Venedig hat und KM darüber berichten möchte. KM empfing Contarini nach dem Abendessen in Anwesenheit des Matthäus Lang und des Pietro (Bonomo) von Triest. Contarini berichtete, daß die Türken1) mehr denn je nach der völligen Vernichtung der Christenheit trachten. Sie rüsten eine mächtige Armee und eine große Flotte aus, die aus 220 großen und kleinen Galeeren sowie einer großen Anzahl an anderen Schiffen besteht. Die Signorie kennt die drohende Gefahr und kann keine so große Flotte ausrüsten, um einem solchen Ansturm allein Widerstand zu leisten. Daher hat die Signorie an alle christl. Fsten geschrieben und vor allem KM als Haupt und Schützer der Christenheit um Hilfe angerufen. KM muß der erste sein, der zur Verteidigung der Christenheit etwas unternimmt. Contarini schloß damit, daß Venedig nachgeben und (mit den Türken) verhandeln müsse, wenn es keine Hilfe erhält. Man kann dann der Signorie nicht vorwerfen, sie hätte durch ihre Gesandten nicht immer wieder vor dieser Gefahr gewarnt. - (2) KM hörte aufmerksam zu. Nach einer Beratung mit den beiden Sekretären sprach er von den Kriegsrüstungen der Türken, vom Sieg (der Türken über den Emir) Caraman (Karamanien = türkenfeindliches Emirat in Vorderasien) und von der schwierigen Lage des Kgs von Ungarn. KM hat ständig seinen geheimen Vertreter dort. Der Kg von Ungarn führt geheime Verhandlungen mit den Türken, da ihm Frankreich und Venedig die versprochenen Hilfsgelder nicht gegeben haben. - KM ist entschlossen, den Krieg gegen die Türken zu beginnen, denn seine Untertanen in Österreich, Steiermark, Kärnten, Krain und auch die Tiroler sind dazu entschlossen. KM hofft sicher auf die Hilfe der Kge von Frankreich und Spanien; von Portugal erhofft er sich wenig. KM will seine Gesandten zu diesen und vielen anderen Kgen schicken, um sie zum Türkenkrieg zusammenzuführen. - (3) KM sagte, daß er im Augenblick über keine anderen Einnahmen verfügt, als über jene eines Hgs von Österreich; daher sei es nicht ratsam, daß er allein den Türkenkrieg unternimmt. KM habe die Signorie um 10.000 Dukaten gebeten, welche sie ihm nicht gab; aber es wird nicht lange dauern, und die Signorie wird es bereuen, daß sie nicht 20.000 oder 30.000 Dukaten gegeben hat. KM führte Kg Federico (von Neapel) als Beispiel an, von dem er 10.000 ducati Geldhilfe für Landsknechte erbat, die mit den Schweizern nach Mailand ziehen und die Franzosen vertreiben sollten. Federico hat das Geld in Augsburg in die Hand einiger Priester gelegt, die es KM nicht rechtzeitig auszahlten; so wurde Kg Federico wie ein Tier vertrieben. - Pietro (Bonomo) meinte dazu, wenn Ludovico Moro das getan hätte, wozu ihn KM ermahnte, wäre KM nach Italien gekommen, um ihm zu helfen, und Ludovico besäße noch immer seinen Staat. - (4) An dieser Stelle hielt es Contarini für angebracht, KM zu sagen, daß er nichts Ehrenvolleres vollbringen könne, als die Gesandten aller Mächte, die am Kreuzzug teilnehmen sollen, zu versammeln und mit ihnen die nötigen Beschlüsse zu fassen. - KM entgegnete, daß es sehr schwierig sei, etwas mit einem Fsten über dessen Gesandte auszuhandeln. Bei einem so großen Unternehmen müsse man gründlich vorgehen; Harfe und Psalter müssen zusammenstimmen. - (5) Der Signorie ließ KM sagen, daß es nicht angebracht ist, daß Venedig trotz der bestehenden Differenzen einen ständigen Gesandten bei KM unterhalte. Contarini bat KM, er möge nicht vom Differenzen mit Venedig reden, da die Signorie sich stets die Zuneigung KMs wünscht. Sie setzt gegenüber KM nur ein Zeichen, wenn sie in unerträgliche Ausgaben gedrängt wird. - Contarini berichtete dann, was die Signorie betreffend die Hilfsgelder der italienischen Fsten unternommen habe, die je nach Kräften am Türkenkrieg teilnehmen sollen. - KM entgegnete, daß außer dem Papst, den Kgen von Spanien und Venedig die restlichen Fsten Italiens sehr schwach sind und kaum einer von ihnen am Türkenkrieg teilnehmen kann. - (6) Contarini erwiderte, in Italien gibt es viele Staaten und jeder ist wichtig, da die Türkengefahr alle betrifft. Die Fsten und Städte könnten neben ihren ordentlichen Einnahmen auch außerordentliche Steuern einheben, z.B. in Form eines Ablasses; alle Staaten zusammen würden eine große Summe einbringen. - KM antwortete, er wolle seine Gesandten in alle italienischen Städte schicken, um von ihnen eine Hilfe zu bekommen. KM will auch einen Gesandten zum Papst schicken und von diesem erreichen, daß er die Ablaßgelder der Städte KM übergibt, auch wenn es sich um geringe Summen handeln sollte. Aber von Deutschland erhofft KM eine große Summe, nächstes Jahr vielleicht noch mehr als vorher, da die Leute mehr geben, wenn der Kreuzzug bereits im Gange ist. - Contarini dankte KM für seine Hilfe und versprach, alles nach Venedig zu berichten. Ex Inspruch 3. Februarij 1501 (=1502).

Überlieferung/Literatur

RE (ital. Bericht): Venedig BNM, MSS ital, class VII, Nr 990, colloc 9582, fol. 133v ff. - NB: Da der venezianische Kalender das Jahr erst mit dem 1. März umsetzte, ist das Jahresdatum für uns 1502. - LIT: 1) Wiesflecker, Kaiser Maximilian I., III, 144 ff., 487 ff. (dort weitere Literatur und Quellen).

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI XIV,4,1 n. 16011, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1502-02-03_1_0_14_4_0_179_16011
(Abgerufen am 19.04.2024).