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RI XIV Maximilian I. (1486/1493-1519) - RI XIV,3,2

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Der Humanist Sebald Schreyer an Konrad Celtis: Er klagt über die allgemeine Unruhe infolge der Türkengefahr. Die Festung Modon wurde von 150.000 (!) Türken belagert, erobert und zerstört. Die Türken wollen nicht nur Italien, sondern ganz Europa unterwerfen. Die Tatarenvölker bedrohen und verwüsten den Nordosten. Es gibt niemanden, der den Feinden der Christenheit Widerstand leistet, weil man sich mit inneren Feindschaften verzehrt. Was ist, wenn die feindlichen Heere das ganze Röm. Reich erobern? Das ist die eiserne Geisel Gottes. Dieses Übel wird erst ein Ende finden, wenn man den Hochmut, die grenzenlose Habsucht und Geldgier, die Wollust und die unaussprechlichen Laster (der Sodomie), die jetzt um sich greifen, aufgibt. Mit recht muß man fürchten, wie Sodoma und Gomorrha durch einen Feuerregen zugrunde zu gehen. Die christliche Tugend ist ausgelöscht. Das Laster, je schlimmer es jemand treibt, ist angesehen, die Tugend wird verachtet. Daher ist nur gerecht, wenn uns Gott mit Katastrophen, Kriegen, Hungersnöten, Teuerung, Pest und neuartigen Krankheiten schlägt, wie sie in Italien und Frankreich zu wüten beginnen. Es entstehen auf dem Körper dreifärbige, dunkle oder blaue Kreuze, an denen die Leute gewöhnlich innerhalb von zwei Tagen sterben; die nicht sterben werden von Depressionen heimgesucht, so daß man sie nach ihrem Benehmen für geisteskrank hält. Auch an den Kleidern zeigen sich diese Kreuze. Es ist eine Mahnung Gottes, das Leben zu ändern. -- Der Komet, der dieses Jahr gesehen wurde, bedeutet eine Mahnung Gottes, wie ein gelehrter Mathematiker unter dem Siegel der Verschwiegenheit dem Schreyer versicherte. Ein Großteil dessen, was dieser Mann voraussagte, ist eingetroffen, vor allem betreffend Papst (Alexander VI.), der am Peter- und Paulstag (1500) zusammen mit seiner Begleitung vom Blitz gestreift wurde. Daher wollte Schreyer die Bedeutung dieses Kometen auch vor Celtis nicht geheim halten. -- Schreyer übersendet Celtis die beschriebene prognostische Abhandlung (eines gewissen Johann Werner) und eine italienische und deutsche Darstellung der beklagenswerten Eroberung von Modon durch die Türken. Ex Neronberg Lunae die 18. (!) Octobris 1500.

Überlieferung/Literatur

ED: Rupprich, Briefwechsel Celtis, 425 ff., Nr 252. -- NB: Über den Mathematiker Johann Werner vgl. Rupprich, Briefwechsel Celtis, 428, Anm. 1. -- Über die Sodomie vgl. Bernd-Ulrich Hergemöller: Sodomiter-Erscheinungsformen und Kausalfaktoren des spätmittelalterlichen Kampfes gegen Homosexuelle. In: Randgruppen der spätmittelalterlichen Gesellschaft, hrsg. v. B.--U. Hergemöller 2. Aufl. Warendorf 1994, 361-403. -- Über den für Papst Alexander VI. lebensgefährlichen Blitzschlag vom 29. Juli 1500 vgl. Pastor, Geschichte der Päpste, III/1, 539 f.

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Empfohlene Zitierweise

RI XIV,3,2 n. 14514, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1500-10-18_1_0_14_3_2_1779_14514
(Abgerufen am 25.04.2024).