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RI XIV Maximilian I. (1486/1493-1519) - RI XIV,3,1

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Der mailändische Gesandte Marchesinus Stanga berichtet Hg Ludovico von Mailand, was ihm KM als innerste Überzeugung darlegte: KM durchdachte alle Möglichkeiten zur Erhaltung des Mailänder Staates, den der Kg von Frankreich erobern will. Weil KM durch die vergangenen Kriege und den gegenwärtigen Schweizer Krieg so geschwächt ist, daß er Hg Ludovico nicht helfen kann, sein Sohn Ehg Philipp kein Gegengewicht zu Frankreich bildet und vom Reich keine Hilfe zu erwarten ist, da KM nur dem Titel und der Würde nach Kaiser sei, nicht aber dem Gehorsam nach, =se bene la Maestà sua è Imperatore, non di mancho ha solum lo titulo et la dignità et non la obedientia, sieht KM das einzig taugliche Mittel zur Rettung Mailands in einem Bündnis des Hgs mit dem Schwäbischen Bund. Der Bund wünsche den Beitritt Hg Ludovicos, und nach der sicheren Niederlage der Schweizer wird man ihnen ein Abkommen diktieren, das den Kriegsdienst für Frankreich unterbindet; sollten die Schweizer das nicht annehmen und (auf der Seite Frankreichs) Mailand angreifen, wird der Schwäbische Bund gegen sie vorgehen. Hg Ludovico möge sich also gegen die Franzosen und Schweizer auf einen Schlag sichern, denn sobald die Schweizer im Schwäbischen Bund ein Gegengewicht hätten, müßten sie zu Hause bleiben und könnten sich nicht mehr als Söldner verdingen; ohne die Schweizer aber könne der Kg von Frankreich nichts unternehmen. KM diktierte Stanga einige Überlegungen (Nr 9188) und fragte dann nach dessen Meinung dazu. Stanga erklärte, daß Hg Ludovico die Mühe KMs dankbar aufnehmen und auf dessen Hilfe hoffen werde, obwohl KM keine Hilfe leisten könne. Die von KM vorgeschlagene Geldzahlung (von 50.000 Dukaten an den Schwäbischen Bund) sei für Hg Ludovico sehr gefährlich, weil die Schweizer sich gegen KM sichern und ihn angreifen würden, wenn sie merken, daß der Hg gegen sie die Waffen ergreifen will. Hg Ludovico wolle gern in den Schwäbischen Bund eintreten, doch so, wie die anderen Fsten. KM erwiderte, daß er während des Schweizer Krieges dem Hg weder von Burgund noch vom Reich her helfen könne; aber weil ihn der Hg finanziell unterstützt, fühle sich auch KM zur Hilfeleistung verpflichtet, weshalb er dem Hg zum (Beintritt zum) Schwäbischen Bund ermuntert. KM befahl Stanga, seine Meinung niederzuschreiben, was dieser tat (Nr 9189). Dieses Schriftstück behielt KM einen Tag und ließ Stanga dann von Lang sagen, daß er auf seiner Meinung beharrt. In der Unterredung mit KM kam Stanga auch auf den Papst und die erwartete Ankunft von vier frz. Gesandten bei KM zu sprechen. Weil der Papst dem Kg Friedrich (von Neapel), Hg Ludovico und den Florentinern wegen eines Bündnisses dauernd gute Worte gab, zugleich aber den Kg von Frankreich zu einem Italienunternehmen ermunterte, erwogen Hg Ludovico und Kg Friedrich, sich bei einem Einfall der Franzosen des Papstes zu bemächtigen. Zur Zügelung der unordentlichen Gelüste des Papstes, =per moderare li desordinati appetiti del Papa, sollen KM und das Reich gegen ihn mit den gleichen geistlichen Waffen vorgehen, wie das die Kge von Spanien getan haben. KM möge einen angesehenen Kriegsmann nach Rom schicken, der gemeinsam mit dem Kriegsvolk Neapels und Mailands vorgehen soll; KM erwachsen dabei keine Kosten. Den frz. Gesandten möge KM sagen, daß der Schutz Mailands Vorrang vor allem anderen habe und Frankreich gar nicht so schnell angreifen könne, daß KM und die Truppen des Reiches nicht zur Stelle wären. Weiters erinnerte Stanga daran, was Pietro (Bonomo) von Triest (im Namen KMs) in Brera vorgeschlagen hatte, nämlich, daß jetzt die günstigste Gelegenheit sei, die Venezianer in die Schranken zu weisen und den Mailänder Staat zu vergrößern: weil Venedig wegen der Türkengefahr an Geld und Truppen entblößt sei, könne Hg Ludovico seine Truppen bis nach Verona vorrücken lassen. Zur Sicherung des Hgs bei diesem Unternehmen möge KM mit dem Kg von Frankreich einen Waffenstillstand für zwei oder drei Jahre eingehen. Danach werde KM stark genug sein, um gegen Frankreich vorzugehen. KM antwortete, daß sich der Papst gewiß nicht seinem Amt gemäß verhalte; aber während des Schweizer Krieges wolle sich KM nicht mit ihm überwerfen, sondern die geistlichen Belange, die auch zu seinen Aufgaben gehörten, zu einem anderen Zeitpunkt lösen. Mit Waffengewalt gegen den Papst vorzugehen, sei augenblicklich zu gefährlich, weil Frankreich dann unter dem Vorwand, den Papst zu schützen, in Italien einfallen könnte. Den frz. Gesandten werde KM, wie von Stanga oben vorgeschlagen, antworten. Die Franzosen hätten ihm schon hunderte Male glänzende Angebote gemacht und wollten ihm Venedig als Beute überlassen, wenn er dafür Hg Ludovico im Stich läßt. KM hat dem niemals zugestimmt und werde das auch jetzt nicht tun; den Waffenstillstand mit Frankreich wolle KM aus Zuneigung zu Hg Ludovico erneut versuchen. Ex Lindo 17 Maij 1499. MARCHISINUS STANGA ss. Nachschrift: Stanga kann dem Hg versichern, daß dieser in ein allfälliges Abkommen zwischen KM und den Schweizern eingeschlossen wird, das der Hg aushandeln soll; zuvor will KM aber das Kriegsglück versuchen. Obwohl Lang erklärt hat, daß KM mit den Ausgleichsbemühungen des Hgs (schon jetzt) einverstanden sei, zeigt sich KM dem gegenüber Stanga ganz abgeneigt; Stanga glaubt nicht, daß KM etwas anderes im Sinn hat, als er sagt. Den Inhalt dieses Berichts kann Hg Ludovico dem Petrus (Bonomo) von Triest mitteilen, wie KM durch Lang sagen ließ.

Überlieferung/Literatur

ORG (Ppr, der äußere Umschlag mit der Adresse und dem Siegel fehlt; teilchiffriert mit interlinearer Dechiffrierung): Mailand AS, ASforz, pot est, alem, cart 1192. ED: P 7, 164-170, Nr 17. Teil-ED: Pélissier, Documents Sforza (1902), Bd 45 (1902), 78-82, Nr 17.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI XIV,3,1 n. 9187, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1499-05-17_2_0_14_3_1_198_9187
(Abgerufen am 29.03.2024).