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RI XIV Maximilian I. (1486/1493-1519) - RI XIV,2

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KM bekundet den Erlaß einer Hofordnung: Durch Gottes Fügung Röm. Kg, habe er als Haupt der Christenheit und künftiger Röm. Kr die Pflicht, das Heilige Reich und die Christenheit zu beschirmen, das Reich in Frieden, Recht und Einigkeit zu regieren und vor den Türken und anderen fremden Nationen zu schützen, die täglich gegen KM, das Reich und die Deutsche Nation vorgehen. Dies habe KM bereits bisher unter Einsatz seines Leibes und Gutes getan, sich nun aber entschlossen, ein hofeordnung zu machen und aufzurichten, damit zukünftig sowohl das Haus Österreich und KMs andere Fstmer und Länder, die an die Türken und andere Reichsfeinde grenzen, besser regiert werden können als auch den Angelegenheiten des Reiches, der Hl. Liga, =unsers heiligen vater pabsts punt, und anderer Könige und Fürsten besser nachgekommen werden kann und KM dabei entlastet wird. KM wird alle seine anderen Regimente, die er bisher außerhalb des Hofes hatte, auf die Hofordnung abstimmen, weil bisher manig tausent Parteien und KM durch das Herumreisen zwischen dem Hof und den Regimenten grose cost, müe, spot und unlust erwachsen sind. In Zukunft soll der Hofrat folgendermaßen arbeiten: 1.) KM bestellt seine bisher in eigenen Geschäften verwendeten hofrete zu einen obristen regenten und bevollmächtigt sie, ausnahmslos alle Angelegenheiten des Reiches, der Christenheit, der Erbländer und des Hofes zu beraten und ihre mit Mehrheit, =nach irem maisten rate, gefaßten Beschlüsse mit KMs gewöhnlichem Hofsiegel, Titel und Sekret auszufertigen; jedoch bei gros und swere hendel müssen sie zuvor KMs besluss und willen einholen. 2.) Die Hofräte sollen, wenn notwendig, täglich von 7-9 Uhr und von 12-16 Uhr ihre Ratssitzungen abhalten, wobei noch zwei Sekretäre anwesend sein sollen, von denen einer die anstehenden Sachen vorliest, und der andere die diesbezüglichen ratsläg aufschreibt; mit Wissen des Kanzlers, oder bei seiner Abwesenheit des obersten Sekretärs, sollen die beiden Sekretäre dann die entsprechenden brief abfassen, und zwar stets nach dem mererm ratslag. Die zu beratenden Angelegenheiten bestimmt der Hofmeister und die Umfrage nimmt der (Hof-)Marschall vor, wobei einer den anderen bei Abwesenheit vertreten soll. -- KM bestellt einen Kanzler oder (!) obersten Sekretär mit Namen ... (fehlt), der ebenfalls den Hofratssitzungen beiwohnen und vormittags halbstündlich und nachmittags stündlich die von dem einen Sekretär festgehaltenen Ratschläge vorlesen und selbst umfragen soll, ob sie dem Rat und Meinung der Mehrheit der Hofräte entsprechend notiert wurden; wenn ja, soll der Kanzler oder (!) oberste Sekretär die brief von den zwei Sekretären schreiben und in der nächsten Ratssitzung verlesen lassen, wo sie dann von Kfst Hg Friedrich von Sachsen im Namen KMs, =in unserm namen (=mit per regem), und vom Kanzler oder bei seiner Abwesenheit vom obersten Sekretär mit Handzeichen und Namen unterschrieben werden sollen, falls sie inhaltsgleich mit den notierten Ratschlägen sind und im Hofrat angeschafft wurden. -- Wenn es notwendig wird, soll man im Rat jederzeit siegeln, wobei der Sekretär, der die Ratschläge aufschreibt, Siegler sein soll und der andere, der vorliest, Zustecher. -- Den Parteien soll man für gewöhnlich während der vormittäglichen Ratssitzung durch ... (Name fehlt) ihren Bescheid geben; in der Nachmittagssitzung soll man ihre Eingaben oder sie selbst verhören und darüber beraten und Beschlüsse fassen. -- Das Siegel und Sekret KMs sollen im Hofrat so verwendet und verwahrt werden, wie das in einem (weiter unten) folgenden Artikel bestimmt ist. -- Die Hofräte, der Kanzler oder oberste (Sekretär) und die beiden anderen Sekretäre (des Hofrates) haben zu geloben und zu schwören, von niemandem Bestechungsgelder oder Geschenke anzunehmen, und dürfen weder von einem anderen König noch von anderen Fürsten, Herren und Städten Sold- oder Dienstgeld haben. Weder die Hofräte noch der Kanzler und die Sekretäre dürfen jemandem mitteilen, welchen Ratschlag ein Hofratsmitglied abgab, sondern sind gemäß des rats aid sowohl diesbezüglich als auch ganz allgemein zur völligen Amtsverschwiegenheit bis in den Tod verpflichtet. Ein Hofrat soll weder einer Partei zu lieb noch zu neid oder laid raten, sondern das, was ihm sein Gewissen sagt und er vor Gott verantworten will. -- Zu bedeutenden Angelegenheiten, =gros hendel, die KM vorzulegen sind, sollen immer Hg Friedrich von Sachsen, der Hofmeister (Hg Georg von Bayern), der Hofmarschall (Gf Heinrich von Fürstenberg), und der Kanzler (Dr. Konrad Stürtzel) oder ihre Stellvetreter, =ir verwalter, oder der oberste Sekretär (Zyprian von Serntein) und jener Hofrat, der von der Sache am meisten versteht, die Entscheidung KMs einholen und dann dem Hofrat mitteilen. -- Alle Supplikationen sollen an eine nodelsnur gehenkt und vom Kanzler oder obersten Sekretär, stets die ältesten zuerst, erledigt werden. -- KM verbietet allen seinen Räten, Sekretären, Kanzleischreibern, Hofbeamten und anderen zum Hofgesinde Gehörigen jegliche procurei (Parteienvertretung); entsprechend ihrem Gelöbnis und Schwur sollen sie alles in den Hofrat bringen und dort behandeln lassen. -- In einer großen Truhe mit vielen Kästchen, =kestlin, die ratstruhen genannt, soll folgendes aufbewahrt werden: im ersten Kästchen die an eine Schnur gebundenen Suppliken; im zweiten die Suppliken, die wegen notwendiger Erkundigungen länger im Rat liegen bleiben; im dritten unbeschriebenes Papier; im vierten verschiedenes Schreibzeug; im fünften Pulver, Uhr und Rechenpfennige; im sechsten das Rechentuch, =das tafeltuech, darauf zal und rechenung gestickt sei; im siebenden die Missiven, =missivenbrief, im achten die hofgeschriben brief, die nit übersehen sind (die nicht im Rat überlesenen Schriftstücke KMs? Die noch nicht überlesenen Reinschriften?); im neunten (zum Schmelzen des Siegelwachses) ein öfenle zu der gluet; im zehnten (Siegel-)Wachs, kapsen (Siegelkapseln), pressel (Pergamentstreifen, an dem das Siegel hängt), custodes (Lesezeichen); im elften, durch ein kleines Schloß gesichert, das Siegel und Sekret, wofür der Kanzler oder oberste Sekretär den Schlüssel haben soll. Der große Kasten (=die Ratstruhe) selber soll vier verschiedene Schlösser haben, wobei einen Schlüssel Hg Friedrich von Sachsen an Stelle KMs haben soll, einen der Hofmeister, einen der Hofmarschall und einen der Kanzler oder oberste Sekretär; die Truhe soll aber nur in Anwesenheit der Mehrzahl der Hofräte geöffnet werden. -- Ganz zu unterst soll im großen Kasten (=in der Ratstruhe) ein creuzkasten für allerlei extraordinari hendel sein. -- Ein Hofrat, Kanzler und Sekretär darf den Hofratssitzungen nur fernbleiben, wenn ihm das von den obgemelten (= Kfst Friedrich von Sachsen, dem Hofmeister und dem Hofmarschall) erlaubt wird, er krank ist oder er von KM zu sich gerufen wird. -- KM befiehlt den Hofräten, dem Kanzler, dem obersten und den beiden anderen Sekretären streng, obige Ordnung in allen Punkten einzuhalten etc. und bevollmächtigt sie zum Vollzug. Mittichen sant Lucien und Otilien tag 1497, Röm. 12. Hung. 8. MAXIMILIANUS rex ss. -- KV: A.m.d.r. prop. C. STÜRTZEL canzler ss.

Überlieferung/Literatur

ORG mit Spuren, daß ein Siegel gehangen ist, da Schattenlinien der Siegelschnur (=Pergamentstreifen) sichtbar sind: Wien HHSA, ukd. -- ED: Fellner-Kretschmayr, Zentralverwaltung, 6-16, Nr 4. -- NB: Die späteren Überarbeitungen dieser Hofordnung vgl. als Nr 5869 und Nr 5872 -- Zur Ortsangabe: Der Ort ergibt sich aus dem Itinerar KMs, das aus anderen Dokumenten für diesen Tag gesichert ist. -- LIT: Adler, Centralverwaltung, 43 ff.; Wiesflecker, Kaiser Maximilian I., II, 193, 466; Ploebst, Maximilian 1497, 139 ff.

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Empfohlene Zitierweise

RI XIV,2 n. 5610, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1497-12-13_1_0_14_2_0_1950_5610
(Abgerufen am 25.04.2024).