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[RI XIII] Friedrich III. (1440-1493) - [RI XIII] H. 23

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K.F. gewährt Gf. Eberhard (V.) d.Ä. von Württemberg und dessen Erben aus ksl. Machtvollkommenheit und rechtem Wissen sowie mit Rat der Fürsten, Freiherren etc. von neuem (de novo concedimus)1 die scolas generales in den Artes, der Medizin, dem kanonischen Recht und der Theologie (juris pontificii ac sacrarum literarum), welche Eberhard nuper2 in seiner Stadt Tübingen errichtet und deren Absolventen Papst Sixtus IV.3 die entsprechenden Grade (premia) zu verleihen bestimmt habe. Um diese Studien zu heben und seiner – in der Arenga breit ausgeführten – Pflicht zur Pflege des Römischen Rechts zu genügen, erteilt er seine ksl. Erlaubnis, daß dort für alle Zeiten durch angesehene Personen omnes et singulas imperiales leges öffentlich gelesen und traktiert werden dürfen, quibus sacrae memoriae praecessores nostri Romani imperatores jus auctoritatemque dederunt, und den Hörern die entsprechenden dignis, honoribus et gradibus verliehen werden dürfen. Er bestimmt, daß diese allenthalben gelten und die legum imperialium doctores et scholares aller Privilegien und Rechte anderer Generalstudien im Reich teilhaftig sein sollen, und gebietet die Beachtung dieses ksl. Dekrets unter Androhung seiner Ungnade und einer der ksl. Kammer (fisco nostro imperiali) verfallenden Pön von 100 Mk.

Originaldatierung:
Vicesima die mensis februarii (nach Kop.).
Kanzleivermerke:
KVr: A.m.d.i.p. Joh(ann) Waldner prot(onotarius) (nach Kop.).

Überlieferung/Literatur

[Org. im Universitätsarchiv Tübingen]. – Kop.: Zwei auf Ersuchen der Universität von Bürgermeistern und Rat der Stadt Reutlingen beglaubigte Abschriften vom 7. Mai 1622 im LA Bad.-Württ., HStA Stuttgart (Sign. A 602, Nr. 6400 [I, II]), beide Pap., wachsfarbenes (Sekret-) S d. Ausst. auf d. letzten Seite aufgedrückt. Druck: Roth, Urkunden zur Geschichte der Universität Tübingen S. 76ff. n. 12; Kaufmann, Geschichte deutsche Universitäten II, Anh. I S. 563f. Reg.: Meyhöfer, Stiftungsprivilegien n. 19; erwähnt auch bei Moser, Verzeichniß S. 99 n. 515. Lit.: Stälin, Württembergische Geschichte 3 S. 771f.4; Haller, Anfänge S. 7; Kaufmann, Geschichte deutsche Universitäten II, S. 13f.; Ders., Universitätsprivilegien S. 160f.; Mertens, Eberhard im Bart als Stifter (1999).

Kommentar

Weil dieses ksl. Edikt völlig ignoriere, daß schon das Universitätsprivileg Papst Sixtus' IV. vom 13. Nov. 1476 das Römische Recht (gradus quoscunque in thelogia utroque jure ...) umfaßt und Gf. Eberhard entsprechende Lehrstühle eingerichtet hatte, sieht Kaufmann, Geschichte deutsche Universitäten II, S. 13f. in ihm einen Markstein der Auffassung K.F., die Errichtung einer Fakultät des Kaiserrechts als ksl. Reservatrecht in Anspruch zu nehmen. Diese habe sich schon in seinen Privilegien für Freiburg im Br. (1456) und Lüneburg (1471) abgezeichnet und habe zu der künftigen Regelmäßigkeit beigetragen, "zur Gründung einer Universität kaiserliche Stiftungsbriefe zu erbitten", ebd. S. 14. Diese Auffassung stützte sich auf die von den Glossatoren aufgrund der Konstitution "Omnem" Kaiser Justinans entwickelte Lehre und wurde namentlich von den Humanisten gegen die überkommene Auffassung vertreten, nur der Papst sei uneingeschränkt zur Gründung von Generalstudien berechtigt. Die ebd. S. 14 Anm. 1 kolportierte negative Entscheidung in Basel (1459/60) wirft ein Schlaglicht auf den gesellschaftlichen Kontext dieser Auseinandersetzung, in welcher die römisch-rechtlichen Überzeugungen und Legitimationsbedürfnisse der Universitätsstifter auf eine analoge "monarchische" Haltung des ksl. Hofes trafen.

Anmerkungen

  1. 1Eine vorherige ksl. Genehmigung der Universität Tübingen ist nicht bekannt.
  2. 2Die "Gründung" war bereits in den Jahren 1476/77 erfolgt; entspr. d. Anm. 3 genannten päpstlichen Privileg hatte Gf. Eberhard am 3. Juli 1477 den eigentlichen Stiftungsbrief und am 1. Okt. 1477 einen Freiheitsbrief erlassen, an welchem Tag das praktische universitäre Leben tatsächlich eingesetzt hatte.
  3. 3Das Universitätsprivileg Papst Sixtus' IV. vom 13. Nov. 1476 war am 11. März 1477 in Urach feierlich verkündet worden.
  4. 4Er verzeichnet S. 772 die älteren Drucke der maßgeblichen Universitätsurkunden, -statuten etc.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

[RI XIII] H. 23 n. 707, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1484-02-20_1_0_13_23_0_711_707
(Abgerufen am 19.04.2024).