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[RI XIII] Friedrich III. (1440-1493) - [RI XIII] Suppl. 1

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Hz. M. und Maria widerrufen ein Privileg, das Hzn. Maria der Stadt Brüssel anläßlich ihrer ersten blijden incompst in Brüssel am 4. Juni 14771 bewilligt hatte und gewähren in Anlehnung an das alte Stadtrecht ein neues Privileg. Das alte Stadtrecht beruhte auf einem Privileg, das Hz. Wenzel der Stadt im Jahre 13752 verliehen hatte, Philipp [der Gute] im Jahre 14213, als er Ruwaert von Brabant war, durch einige Zusätze ergänzt hatte und das dann bis zum Tode des Hz. Karl in Geltung geblieben war. Hzn. Maria sei dann im Jahre 1477 zu erheblichen Änderungen gezwungen worden, die seitdem Anlaß zu Mißständen boten. Nach eingehender Konsultation zahlreicher städtischer Notablen und Beratung mit eenigen van onsen bloede, dem Herrn v. Champvans4, dem brabantischen Kanzler [Geldolph van der Noot] und den Mitgliedern des Großen Rates werden folgende neue Bestimmungen erlassen5: 1. Die Angehörigen der geslechten der Stadt Brüssel sollen bei der Schöffenwahl wieder als erster Stand gelten. Bei der Wahl der Schöffen ist wieder wie früher zu verfahren. Statt wie bisher am 13. Juni soll die Wahl nun wieder jährlich am 24. Juni vor neun Uhr im Rathaus erfolgen. Nach erfolgter Wahl sollen die Namen der Erwählten Hz. M. in dessen Abwesenheit dessen commissarissen, die gehalten sind, am Wahltag morgens das Rathaus aufzusuchen, schriftlich mitgeteilt werden. Aus den Erwählten sind sieben Schöffen, einer aus jedem geslecht, zu bestimmen. Desw. ist wie seit alters her aus dem Kreis der geslechten am gleichen Tag ein overburgerneestere zu bestimmen. 2. Die gesworenen der neun städtischen natien haben jährlich am 24. Juni aus der Gesamtheit der natien achtzehn notable Personen zu wählen, deren Namen ebenfalls den commissarissen des Landesherrn zu übergeben sind. Aus dem Kreis der Gewählten sind ein Bürgermeister und drei Schöffen zu bestimmen, welchen mit dem Bürgermeister und den Schöffen der geslechten die Verwaltung des städtischen Rechtswesens obliegen soll. 3. Bei der Wahl der Schöffen aus dem Kreis der geslechten soll das aktive und passive Wahlrecht an ein aus Renten zu beziehendes Mindesteinkommen von 50 fl. rh. pro Jahr, einen Wohnsitz innerhalb der Brüsseler ammanye und das Bürgerrecht gebunden sein, für die Wahl der Schöffen der natien gilt nur für das passive Wahlrecht ein Mindesteinkommen von 50 fl. rh. 4. Sollte ein Schöffe aus dem Kreis der geslechten während seines Schöffenamtes sterben, so sollen die anderen Schöffen der geslechen einen anderen Notablen aus dem selben geslechte zum Schöffen wählen. 5. Die Schöffen, die bisher nach ihrem Abgang vier Jahre nicht wiedergewählt werden durften, sollen künftig nur noch zwei Jahre lang nicht wählbar sein. Eine neue Amtszeit soll dann aber nur ein Jahr betragen dürfen. 6. Um die Verwaltung der städtischen Gelder wieder auf den früheren Stand zu heben, sollen aus dem Kreis derjenigen, denen diese Aufgabe jetzt obliegt, sechs notable Personen, je drei aus dem Kreis der geslechten und der natien zu städtischen Rentmeistern (rentmeesteren) bestimmt werden. Je zwei von ihnen sind jährlich zu ersetzen, diejenigen aus dem Kreis der geslechten durch die Schöffen dieses Standes, diejenigen aus dem Kreis der natien durch Bürgermeister und Schöffen dieses Standes. Diesem Gremium obliegt die Verwaltung des gesamten städtischen Vermögens. 7. Die vier der acht (vier acht) deken der geslechten sollen durch die Schöffen dieses Standes aus der Gesamtheit der geslechten bestimmt werden und die vier der acht deken der natien sollen durch die beiden Bürgermeister und die anderen Personen aus dem Kreis der natien, die ein Amt bekleiden, aus der Gesamtheit dieses Standes bestimmt werden. Jedes Jahr sollen je zwei der acht deken zurücktreten, so daß jeweils vier zwei Jahre lang im Amt sind. Am Ende des ersten Jahres soll der deken der natien zurücktreten, der aus dem Stand der geslechten soll zwei Jahre im Amt bleiben, danach ist umgekehrt zu verfahren. Diese Vorgangsweise soll für alle städtischen Ämter gelten. 8. Für die Wahl der acht Friedensrichter (peysmaekers) soll folgendes gelten: die vier Richter der geslechten sollen durch die Schöffen dieses Standes gewählt werden, diejenigen der natien durch die Bürgermeister und weitere Personen aus dem Kreis der weth[ouderen] der natien. 9. Um Parteiungen, die früher die Wahl der gesworenen der natien beherrschten, künftig zu vermeiden, müssen alle Amtsträger eidlich zusichern, ihr Amt zum Ende ihrer Amtszeit, längstens acht Tage nach dem 24. Juni aufzugeben. Aus dem Kreis der geslechten darf nicht in die Wahl der gesworen der natien eingegriffen werden. 10. Zu over momboirts sollen die beiden abgetretenenen Bürgermeister, der erste Schöffe der geslechten und der erste Schöffe der natien bestimmt werden. 11. Zu momboers der Hospitäler sollen seitens der geslechten Personen aus dem Kreis der Schöffen dieses Standes bestimmt werden, und zwar je einer für jedes Hospital, seitens der natien sollen die beiden Bürgermeister, drei Schöffen dieses Standes und die deken der Gilden diese Aufgabe wahrnehmen. Die Amtsdauer beträgt zwei Jahre mit der Verpflichtung zu jährlicher Rechnungslegung vor zwei wethouderen, einen der geslechten und einen der natien, sowie zwei [städtischen] Rentmeistern. 12. Geslechten und natien sollen wie seit alters her für je einen Teil der Stadttore und türme zuständig sein. Jeder Torwächter hat seinen Schlüssel in Gewahrsam zu halten und abends bei sich zu tragen. Die Wächter, die zu einem früheren Zeitpunkt einer Vereinbarung zwischen den Hzz. und der Stadt ihres Amtes enthoben wurden, dürfen wieder in Dienst gestellt werden. Hz. M. und Maria befehlen dem brabantischen Kanzler und den Mitgliedern des brabantischen Rates, ihrem drossart von Brabant, ihrem amman von Brüssel und allen weiteren Amtsträgern und Untertanen, dieses Privileg zu achten und die Stadt Brüssel in der Umsetzung sämtlicher Verfügungen zu unterstützen, want ons alsoe gelieft.

Originaldatierung:
XXIIen dach van junio.
Kanzleivermerke:
KVr: By mynen heere den hertoghe ende mynre vrouwen der hertoginnen in hueren raide. – Dair die heere van Ravestijn6 ende van Romont7, die heere van Champvans, cancellier myne voirscr. heere ende vrouwen, die heere van Wyere, hoot vanden voirscr. raide in absentie myns voerscr. heere des cancelliers, die heere van Nassauw8 ende van Veire9, die heere van Montigny10, stadhoudere ende gouverneur general van Hollant, Zeelant ende Vrieslant, ghy ende andere waert. Ja. Hujoel (nach Kop.).

Überlieferung/Literatur

Kop. im AGR/AR Brüssel (Sign. Mss. div. 33, f. 327v-328r) (16. Jh.); mnl. – desgl., ebd. (Sign. 33D, f. 30r-37r) (17. Jh.); mnl. – Archivreg., ebd. (Sign. Mss. div. 1277, f. 83v); nl. Lit.: Henne/Wauters, Brüssel, S. 276-291, insbes. S. 289f. – Dickstein-Bernard, Brüssel, S. 161. – Bartier, Brüssel, S. 81f.

Anmerkungen

  1. 1Vgl. die äußerst knappen Regg. bei Verkooren, Brabant, Limbourg 1470-1490, sub dato, mit den dort gen. Überlieferungen.
  2. 21375 Juni 19. Vgl. Verkooren, Brabant, Limbourg, Cartulaires 1312-1383, sub dato.
  3. 31421 Februar 11. Vgl. ders., ebd., Chartes originales et Cartulaires 1415-1427, sub dato. Die dort gen. Überlieferungen datieren das Stück ins Jahr 1420, wegen des brabantischen Osterstils gilt jedoch das Jahr 1421.
  4. 4Jean Carondelet. Vgl. n. 34, Anm. 4.
  5. 5Nummerierung von der Bearbeiterin eingeführt.
  6. 6Wahrscheinlich Adolf v. Kleve, Herr zu Ravenstein und Wijnendale (1425-1492), ein jüngerer Bruder des Hz. Johann I. v. Kleve. Vgl. De Win, Adolphe de Clèves.
  7. 7Jakob v. Savoyen, Gf. v. Romont, gehörte seit dessen Ankunft in den burgundischen Landen zur engeren persönlichen Umgebung Maximilians. Vgl. Wiesflecker, Maximilian, Bd. 1, S. 140, 147ff. Später wechselte er die Seiten. Vgl. ebd. S.176f; vgl. auch Bauchau, J. de Savoie, sowie Fris, Gent, S. 151ff.
  8. 8Engelbert II., Gf. v. Nassau-Dillenburg, Herr zu Breda (1451-1504). Vgl. De Win, Engelbert II, comte de Nassau-Dillenburg.
  9. 9Wahrscheinlich Wolfhard VI. v. Borselen, Gf. v. Grandpré und Buchan, Herr v. Veere (1430-1486). Vgl. Gent, van, Wolfart VI. van Borselen.
  10. 10Josse de Lalaing, Herr v. Montignies (1437-1483), wurde im Mai 1480 Gouverneur von Holland, Seeland und Friesland. Vgl. Baelde, Josse de Lalaing.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

[RI XIII] Suppl. 1 n. 96, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1480-06-22_1_0_13_0_2_96_96
(Abgerufen am 29.03.2024).