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[RI XIII] Friedrich III. (1440-1493) - [RI XIII] H. 22

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K.F. erklärt sich und seine Erben, ebenso wie dies unter seinen Vorfahren als Hzz. von Österreich geschehen war1, gegenüber Richter, Rat und Gemeinde (universitas) von Triest, die sich vor kurzem amplius dicioni nostre unterworfen haben2, für ewige Zeiten als naturales hereditarii et indubitati domini et proprietarii der Stadt und des districtus mit allen Rechten und Zugehörungen und regelt die gegenseitigen Befugnisse folgendermaßen: Er bestimmt, daß er und seine Erben hier die volle Rechtsprechung und das dominium utile haben und damit pleno iure verfahren können; ausgenommen wird das außerhalb der Stadt gelegene Eigentum der Kommune und exceptis … daciis et proventibus in der Stadt, die bisher die Amtsträger der Kommune beansprucht und empfangen haben; ebenso ausgenommen ist die Hälfte der durch den Gerichtshof eingehobenen Strafgebühren, wobei deren andere Hälfte dem Kaiser und seinen Erben zusteht. Gleichwohl darf die Kommune mit dem Geld nicht auf irgendeine Weise verfahren, sondern nur mit expressa licentia und voluntate des Kaisers oder seines Amtsträgers. Als Entlohnung des Hauptmannes (capitanei)3, des vicarii, des Strafrichters (iudicis maleficiorum) und ihres Gesindes sind 4.200 Pfd. parvorum der gängigen Währung abzuführen. Der Kaiser verfügt, daß als Stellvertreter für den Hauptmann (locumtenens) in dessen An- und Abwesenheit kein Bürger von Triest fungieren darf, daß die Stadt die ihr zustehenden Einnahmen für die Entlohnung ihrer Ärzte, Amtsträger, für die Erhaltung ihrer Mauern, Türme, Straßen, Tore und andere laufende Ausgaben inner- und außerhalb der Stadt zu verwenden hat, und daß er und seine Nachkommen zu keinerlei Ausgaben genötigt werden dürfen. Die Höhe ihrer Ausgaben kann die Gemeinde mit ksl. Zustimmung selbst bestimmen, zur Vermeidung von Übervorteilung hat jedoch eine Rechnungslegung im Beisein des ksl. Hauptmannes oder dessen Stellvertreters zu erfolgen. Ferner verpflichtet der Kaiser die Stadt pro honorantia speciali zu einer jährlich zu Allerheiligen (November 1) zu entrichtenden Abgabe von 100 urnas … Rivolii und 50 muscatelli de meliori. Seinen Hauptmann, der selbst oder durch seinen Vertreter (substitutum) zur Rechtsetzung in Stadt und districtu befugt ist, kann der Kaiser nach seinem Wohlgefallen absetzen. Zudem soll man dem Hauptmann ein bis zwei Doktoren oder Lizenziaten der Rechte zur Seite stellen, die an dessen Stelle die Zivil- und Kriminalgerichtsbarkeit verwalten und durch den Kaiser abgesetzt werden können. Hauptmann, Stellvertreter und Strafrichter sollen gemäß den derzeitigen oder künftig durch den Kaiser bestätigten Rechtssatzungen und bei deren Fehlen entsprechend dem allgemeinen Recht handeln. Rechtsgültige Appellationen gegen jegliche Art von Urteil, diffinitiva oder interlocutoria, sind zur Zeit der Anwaltschaft (tempore syndicatus) möglich, wobei die Anwälte, die die Urteile veröffentlichen, zur Vermeidung von Ausgaben einmal im Jahr durch den Hauptmann oder dessen Stellvertreter und die Kommune zu wählen sind. Die Appellationen selbst können an den Kaiser, dessen Nachfolger oder an die von ihnen dazu bestimmten Personen erfolgen. Die in der Stadt wohnenden und hier Häuser besitzenden Bürger dürfen jährlich drei Richter und 24 Räte bone fame non parciales, qui sint de maiori consilio der Stadt, wählen. Diese (gewählten) Richter amtieren ein Jahr und können ihr Amt ohne Behinderung durch den Kaiser ausüben, müssen aber durch ihn bestätigt werden. Bei Ablehnung eines oder mehrerer Richter (durch den Kaiser) dürfen die Bürger mit consilio et assensu des Kaisers oder seines Hauptmannes eine oder mehrere neue Personen wählen. Der Kaiser gestattet Versammlungen und Beschlußfassungen durch das consilium maius und das consilium der 24 Räte mit Zustimmung des Hauptmannes oder dessen Stellvertreters; Zuwiderhandelnde erleiden die penam capitis, ihre Güter werden konfisziert und ihre Beschlüsse gelten als ungültig. Briefe an andere Herrschaften oder Personen müssen im Namen des Hauptmannes, der Richter, des Rates und der Kommune der Stadt verfaßt, von auswärts kommende Korrespondenzen dem Hauptmann oder dessen Stellvertreter zur Kenntnis gebracht und durch ihn selbst, Rat und Kommune beantwortet werden. K.F. erlaubt der Kommune, im Namen der Richter und des Rates secundum contingentes casus Briefe an ihn zu richten; zuwiderhandelnde Richter verfallen den zuvor genannten Strafen. Ferner können die Richter einen Zivilprozeß (civilem cognicionem) zwischen bestimmten Personen bis zu einer Streitsumme von 10 Pfd. der gängigen Währung führen und zudem in Geldangelegenheiten der Kommune gemäß dem Willen der Parteien entscheiden. Höhere (Streit-)Summen und Kriminalfälle gehören jedoch nicht in ihre Zuständigkeit; in letztgenannten dürfen sie quovis quesito colore keinerlei Beschlüsse fassen, widrigenfalls gelten wieder die genannten Strafen. Kriminalgerichtliche Untersuchungen führt der Hauptmann selbst oder – in seiner Abwesenheit und bei rechtmäßiger Verhinderung – sein Stellvertreter mit dem Strafrichter, wobei der Kaiser Appellationen gegen die durch die Richter zu veröffentlichenden Urteile in der oben beschriebenen Weise gestattet. Nach Ende ihrer Amtszeit oder nach ihrer Absetzung durch den Kaiser sollen vicarius und Strafrichter durch den Hauptmann oder einen ksl. Bevollmächtigten vertreten (sindicari) werden; ausschließlich vor diesen können auch Klagen gegen jene erhoben werden. Keiner der beiden Räte ist ohne ausdrückliche und spezielle ksl. Erlaubnis dazu befugt, irgendeinen Bürger, Einwohner oder districtualem von Triest zu verbannen oder einen Gebannten wieder in die Stadt aufzunehmen. Diese kann jedes Jahr um das Fest sancti Martini (vermutlich November 11) Anordnungen (statuta) treffen, die, wenn sie geeignet und nützlich erscheinen, ihre Bestätigung durch K.F. erfahren sollen; andere, nicht bestätigte statutum, reformacio vel addicio besitzen keine Gültigkeit. Der Kaiser behält sich vor, an jedem beliebigen Ort in Triest unter jedweder Mithilfe der Bürger castrum oder castra zu errichten und die Getreidespeicher der Stadt und des districtus nach seinem Bedarf beliebig zu verändern. Er verspricht, die Stadt immer unter seiner Herrschaft zu behalten, sie nicht einzutauschen, an niemanden zu verkaufen, zu verleihen, zu verpfänden oder sich oder dem Haus Österreich auf andere Art zu entfremden, und verfügt, daß für jedes Stadttor ein Schlüssel, insgesamt drei Stück, vorhanden sein sollen, einer davon für den Hauptmann und dessen Stellvertreter, die anderen beiden für zwei Bürger, wobei einer (der Schlüsselträger) ohne den anderen die Tore nicht öffnen können soll4.

Originaldatierung:
Die tercia mensis augusti.
Kanzleivermerke:
KVr: C.d.i.i.c. – KVv: Tergestum (unterer Blattrand, Mitte).

Überlieferung/Literatur

Org. (lat.) im HHStA Wien (Sign. AUR 1468 VIII 3), Perg., wachsf. S 24 mit vorne eingedr. roten S 16 an purpurner Ss. – Kop.: Abschrift (18. Jh.) ebd. (Sign. Urkundenabschriften, Österreichische Urkunden, Karton 44 sub dato)5. Lit.: Tamaro, Storia S. 366.

Kommentar

Nach dem Friedensvertrag von 1463, der infolge eines für Triest unglücklich verlaufenden und seit Beginn der 1460er Jahre geführten Krieges mit Venedig geschlossenen wurde, kam es zu zahlreichen Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen politischen Parteiungen (prohabsburgisch und pro-venezianisch) innerhalb der Kommune, die sich von kaiserlicher Seite im Stich gelassen fühlte. Im Februar 1464 verlieh K.F. Triest für dessen treues Verhalten im Krieg mit Venedig ein neues Wappen, das den Adler des hl. röm. Reiches und die Farben des Hauses Österreich enthielt6. In weiterer Folge gelang es jedoch 1466/67 der rasch an Einfluß gewinnenden antikaiserlichen Gruppierung, die Vorherrschaft in der Kommune zu erlangen und die habsburgfreundlichen Gegner zu vertreiben. Im Zuge der „Wiedereroberung", die mit dem Jahreswechsel 1467/68 einsetzte, unterwarf sich Triest dem Kaiser (siehe die unten in Anm. 2 genannten Urkunden), wobei dieser mit der vorliegenden Urkunde von August 3 alle von der Kommune schriftlich konzipierten Punkte annahm. Diese Ereignisse zogen im Jahr 1468 allerdings einen Aufstand der Einwohner gegen die habsburgische Herrschaft nach sich7.

Anmerkungen

  1. 1Triest hatte sich 1382 freiwillig der Oberhoheit der Habsburger unterstellt. Tamaro, Storia S. 261ff.; Riedmann, Mittelalter S. 460.
  2. 2Richter, Rat und Gemeinde von Triest hatten 1468 Mai 28 eine entsprechende Urkunde ausgestellt; Druck: Chmel, Materialien 2 n. 240 (Die hierin angeführten Bestimmungen finden sich im ksl. Schreiben beinahe wörtlich wieder.) Siehe des weiteren auch eine Urkunde derselben, ebenfalls 1468 Mai 28 im HHStA Wien (Sign. AUR 1468 Mai 28), Pap., rotes S der Ausst. unter dem Text aufgedr. (unter Papieroblate).
  3. 31468 Februar 9 hatte der Kaiser Niklas Lu(e)ger (Luogar) zum capitanus von Triest bestimmt; (Teil-)Drucke: Kandler, Codice diplomatico Istriano S. 1963 n. 1157 und Kandler, Documenti di principi (ohne Paginierung).
  4. 4Für die Hilfe bei der Erstellung dieses Regestes dankt die Bearbeiterin Andreas Zajic.
  5. 5Nach Angabe des Registrators datiert die Abschrift jedoch bereits von 1671 September 31 [sic].
  6. 6Druck: Kandler, Codice diplomatico Istriano S. 1944 n. 1142.
  7. 7Ausführlicher dazu Tamaro, Storia S. 347–357 und S. 364–376; zum Vorgehen des Hauptmannes Lu(e)- ger gegen die Kommune im Frühjahr 1468 auch Kandler, Codice diplomatico Istriano S. 1964 n. 1158; Trotter, Burggrafen S. 54f.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

[RI XIII] H. 22 n. 234, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1468-08-03_1_0_13_22_0_234_234
(Abgerufen am 16.04.2024).