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[RI XIII] Friedrich III. (1440-1493) - [RI XIII] H. 15

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K.F. beurkundet ein unter dem Vorsitz des wolgeborn Wilhelm, Mgf. von (Baden-) Hachberg, auf die Klage des Kammerprokuratorfiskals (Härtung von Cappel) gegen Kammerer und Rat der Stadt Regensburg wegen der Behandlung des Erasmus Lerchenfelder ergangenes Urteil des ksl. Kammergerichts. Zur Gerichtssitzung (1459 Oktober 17) sei der ksl. Kammerprokuratorfiskal erschienen, habe das letzte Kammergerichtsurteil (von Juli 16)1 verlesen lassen und darauf vorgetragen, daß den Regensburgern in dem genannten Urteil aufgetragen worden sei, innerhalb einer Frist von zwölf Wochen und sechs Tagen2 einzuwilligen, daß Erasmus Lerchenfelder zu pesser underweisung des Gerichts vor Gericht gehört werden solle. Diese hätten aber die geforderte verwilligung bis heute nicht erteilt, so daß sie dem Urteil nit nachkomen und daher im Sinne der Klage penfellig geworden seien und an Lerchenfelder den Urfehdebrief herauszugeben hätten. Dagegen hätten die ebenfalls vor Gericht erschienenen, bevollmächtigten und im Recht angedingten Anwälte der Regensburger erklärt, diese seien ihren Verpflichtungen aus dem Urteil durchaus nachgekommen, indem sie nämlich innerhalb der gesetzten Frist am ksl. Hof erschienen und sich dem rechten und dem urtail genug zu tunde vor dem obgenanntem unserm richter, auch unserm canczler als gehorsam bewiesen hätten. Sie hofften daher, nichtz versawmbt zu haben und dorumb im rechten nichtz verlustig zu sein. Darauf sei zu Recht erkannt worden, daß die Regensburger die geforderte verwilligung noch vor Gericht leisten könnten. Nachdem die Anwälte der Regensburger ihre Einwilligung zum Auftreten Lerchenfelders vor Gericht erteilt hatten, habe der Fiskal gebeten, zu Recht zu erkennen, daß Lerchenfelder erlaubt werde, vor Gericht auszusagen, was auch bewilligt worden sei. Als am newnczehenden tag des vorgenannten monads (Oktober 19) dann beide Parteien sowie Lerchenfelder wieder vor Gericht erschienen seien, habe Lerchenfelder darum gebeten, ihm zu erlauben, sich bei seiner Aussage seiner betrübnüß halben, darinn er wäre, durch einen Redner vertreten zu lassen, was vom Gericht auch durch Urteil gestattet worden sei. Darauf habe der Redner im Namen Lerchenfelders folgenden Sachverhalt vorgetragen: Obwohl Lerchenfelder und seine Vorfahren als erber burger und zu den bessten in der stat Regenspurg gesessen gehörten, hätten ihn die Regensburger an offem marckt durch ihre Stadtknechte frevenlichen gefangennehmen lassen, ohne ihn, wie sich dies einem Mitbürger gegenüber gebührt hätte, zuvor zum rechten zu erfordern oder ihn wegen eines Vergehens zur Rede zu stellen oder anzuschuldigen. Obwohl er im Gefängnis begehrt habe, in zu recht und seiner antwurt komen zu lassen, so hätten sie ihm dieses nicht gewährt. Es seien vielmehr zwei Bürger mit einem Brief, der das Eingeständnis seiner Schuld und begangenen Frevels enthalten habe, zu ihm gekommen und hätten ihn aufgefordert, diesen zu besiegeln, obwohl er die hier aufgeführten Vergehen nicht begangen habe. Als er sich geweigert habe, dies zu tun, hätten sie seinen Vater und andere aus seiner Verwandtschaft zu ihm ins Gefängnis geschickt und ihm durch diese sagen lassen, daß er den Brief siegeln solle, da er andernfalls in ainen turm und herter fangnus gelegtt werde. So sei er dazu gezwungen worden, den Brief zu besiegeln und damit seine vermeintliche Schuld zu bekennen. In dem Brief hätten sie ihm unter anderem vorgeworfen, daß er seine Ehefrau unzimlichen gehalten und ir unerliche wortt sollt zugelegt haben. Er habe aber seine Ehefrau zimlich und erberlich gehalten und diese hätte auch keine Klage gegen ihn erhoben, sie hätten beide noch heute beieinander gesessen wie erber elich lewt. Außerdem sei in dem Brief enthalten gewesen, er habe schimpffliche wort gegen den Rat geäußert. Er wisse nicht, wie er solches getan haben solle, da er diezeit kainerlai handlung weder mit rat noch anderen ze tunde gehapt habe. Wenn er später einige Schimpfworte gebraucht habe, sei dies mit Rücksicht auf ihr Verhalten ihm gegenüber nur billig gewesen. Durch dieses Unrecht hätten sie auch seinen guten Ruf ruiniert und ihn bei der Ausübung seines Gewerbes und seiner Handelsgeschäfte beeinträchtigt, so daß ihm ein beträchtlicher Schaden entstanden sei. Darauf habe der Fiskal erklärt, die Aussage Lerchenfelders habe ergeben, daß die Regensburger gegen Lerchenfelder gewalt geübt hätten, wobei er davon ausgehe, daß diese Gewalt unbillig geschehen sei, so daß die Urfehdeverschreibung für ungültig erklärt werden müsse und an Lerchenfelder herauszugeben sei und daß die Regensburger wegen ihres Vorgehens in die pene des rechten, nämlich tausend Pfund gewöhnlicher Münze und hundert Mark lötigen Goldes sowie die in der Ladung angedrohten fünfzig Mark lötigen Goldes, zu verurteilen seien. Darauf hätten die Anwälte der Regensburger entgegnet, ihr Stadtrecht besage, daß ein Bürger von Regensburg sein Bürgerrecht (burckrecht) vor dem Rat der Stadt aufsagen solle, was Lerchenfelder aber nicht getan habe, sondern er habe sein Bürgerrecht mit seinem brief aufgesagt, was zur Folge habe, daß er von seinen eidlich gelobten Pflichten nicht entbunden sei. Seine Ehefrau habe er fravenlich mißhandelt und gröblich geuneret und insbesondere habe er ihr zugeredet, daß das Kind, das sie habe, nicht sein Kind, sondern das eines pfaffen sei. Da dieses überall verbreitet wurde, hätten sich deren haussfrunnde vor dem Rat gegenüber solcher Schmähung verwahrt. Als der Kammerer Lerchenfelder darauf im guten zugeredet habe, habe dieser ihm unerliche wort gegeben und geantwortet, warum er überhaupt mit ihm rede, er näm sein wol mer in den mundt. Als er deshalb vor dem Rat zur Rede gestellt worden sei, habe er den Kammerer Lügen gestraft, habe unziemliche Worte gebraucht und sei ungehorsamlich weggegangen und habe öffentlich in der Stadt und gegenüber meingerlai volck geredet, die Regensburger kunnen nit anders dann die lewt vahen und regirn also, wenn ayner ein zeuhet, so zeuhen zwen hinaus. Deshalb habe man ihn gefangengenommen und in ein erbar fangnus gelegt. Sie hätten ihm keineswegs Recht versagt, wenn er wie er jetzt behaupte dies während seiner Haft begehrt hätte. Es sei Gewohnheit und Herkommen in ihrer Stadt, daß keiner aus ihrem Gefängnis freikäme, der nicht bereit sei, Urfehde zu leisten und deshalb habe dies auch Lerchenfelder getan. In dem Urfehdebrief sei ihm mit keinem Wort die Möglichkeit genommen worden, die ksl. oberkait anzurufen, was sich schon daraus ergebe, daß er, Lerchenfelder, sie vor dem ksl. Kammergericht verklagt habe, wobei sie mit Recht von dieser Klage freigesprochen worden seien.3 Als seinerzeit Mgf. Albrecht von Brandenburg für Lerchenfelder von ihnen den Urfehdebrief herausverlangt habe, hätten sie ihn, den K. hiervon unterrichtet, worauf dieser in einem Brief, den sie vor Gericht hätten verlesen lassen, befohlen habe, dem Begehren des Markgrafen nicht statt zu geben4. Sie hätten Lerchenfelder auch nicht, wie dieser behaupte, um sein gewerbe und guten gelauben gebracht, da Lerchenfelder nach seiner Haft noch acht oder neun Jahre in Regensburg angesessen gewesen und hier seinem Gewerbe ungehindert nachgegangen sei. Zudem seien sie von seinen, des Kaisers, Vorfahren am Reich dahingehend privilegiert worden, daß sie Unrecht und Übeltaten kraft ihres gerichtszwang(es) aus dem heiligen reich fliessende strafen könnten und daß von ihren Urteilen keine Appellation zulässig sei, worauf sie ein Vidimus dieser Stadtfreiheiten5 vor Gericht hätten verlesen lassen. Sie hätten daher gegen Lerchenfelder nichts anderes getan, als was sie als getrew richter zu tun schuldig seien. Was das Lerchenfelder angelastete Verhalten gegenüber seiner Ehefrau sowie dessen Schmähworte gegenüber den Ratsmitgliedern angehe, seien sie bereit, hierfür durch entsprechende Zeugenaussagen den Wahrheitsbeweis anzutreten, so daß sie darauf vertrauten, von der Anklage des Fiskals freigesprochen zu werden. Darauf habe der Fiskal antworten lassen, daß Lerchenfelder von den Regensburgern niemals förmlich vor Gericht geladen worden sei noch im förmlichen Rechtsverfahren auf die Vorwürfe geantwortet habe. Auch sei weder von seiner Ehefrau noch von deren Verwandten Klage gegen ihn erhoben worden. Die Regensburger hätten ihn vielmehr deshalb in Haft genommen, weil er, Lerchenfelder, vom Kammerer und einigen Ratsherren wegen einer Erbschaft seiner Ehefrau, die die Genannten als Testamentsvollstrecker (geschafftherren) verwalteten, Abrechnung (raittung zu tun) verlangt habe. Auch die von der Gegenseite vorgebrachten Reden Lerchenfelders gegenüber dem Kammerer könnten keine Rechtfertigung für die Inhaftnahme bieten, denn es käme öfter vor, daß ein Bürger mit ainem ambtmann sein nottdurfft und sachen rede, das dannocht nit sein ambt berürte. Durch den erzwungenen Urfehdebrief sei Lerchenfelder die Möglichkeit, die ksl. oberkait anzurufen, schon deshalb genommen worden, da hierin bei Zuwiderhandlungen eine Strafe und der Rückgriff auf Leib und Gut angedroht worden sei. Nicht wie ehrbare Richter, sondern aus Neid und Haß hätten die Regensburger gegen Lerchenfelder gehandelt. Dies sei weder durch ihre Privilegien noch durch das Herkommen gedeckt, da den Regensburgern nur das Recht verliehen sei, gegen offenbare Übeltäter, nicht aber gegen Personen mit gutem Leumund ohne Rechtsverfahren vorzugehen. Er hoffe, daß sie zum Beweis ihrer Behauptungen, sofern sie sich hierfür zur Eidesleistung anböten, nicht zugelassen würden, sondern daß sie in die genannten Strafen verurteilt würden und daß der Urfehdebrief für unwirksam erklärt werde. Dagegen hätten die Anwälte der Regensburger argumentiert, daß Lerchenfelder, der sein Bürgerrecht niemals ordnungsgemäß aufgesagt habe, offenkundig und in der Öffentlichkeit Kammerer und Rat geschmäht habe, so daß nit nottdurfft gewesen wäre, ine ferrer zu rechtfertigen oder dorumb kuntschafft furzubringen. Deshalb hätten sie ihn nach ihrer Stadt Gewohnheit und Herkommen in leichte Haft genommen und hätten ihn weder mit stock noch eisen beswartt, sunder darinn frey und ungebunden umbgeen lassen, wobei er auch keine förmliche Rechtsverhandlung begehrt habe. Obwohl sie gefreit wären, daß man von ihren Urteilen weder dingen noch appellieren solle, hätten sie ihm dennoch im Urfehdebrief weder das gemeine Recht noch die Berufung auf die ksl. oberkait genommen. Was die in dem Urfehdebrief enthaltene Strafandrohung angehe, sei zu bedenken, daß solich verpflichtung und pene normalerweise in jedem Schuldbrief enthalten sei. Dafür, daß Lerchenfelder seine Ehefrau verleumdet und Kammerer und Rat geschmäht habe, seien sie bereit, den Beweis anzutreten (weisen hewt oder zu tagen wie recht wer). Dafür, daß sie Lerchenfelder nicht aus Neid oder Haß in Haft genommen hätten, solle man von ihnen entsprechende Eidesleistungen abnehmen. Darauf sei zu Recht erkannt worden: Sofern die Regensburger ihre oben gegebene Darstellung des Sachverhalts beweisen könnten und falls dazu der Kammerer und die damals im Rat anwesenden Ratsmitglieder schwören würden, daß sie die Haft gegen Lerchenfelder nicht aus Neid und Haß, sondern in Ausübung ihrer Stadtfreiheiten gegen einen ihrer geschworenen Mitbürger verfügt hätten, solle solches gehört werden. Darauf habe der Fiskal begehrt, daß Lerchenfelder, der von den sachen bas wissender wäre, dan yemants andern, zu der Verhandlung, in der die Regensburger den Beweis ihrer Behauptungen zu erbringen hätten, hinzugezogen werden solle. Dem hätten aber die Anwälte der Regensburger widersprochen und darauf verwiesen, daß ihr Prozeßgegner nicht der Lerchenfelder, sondern der Fiskal sei. Darauf habe das Gericht für Recht erkannt: Da der Fiskal von des Kaisers wegen Kläger sei, werde er zu dem angesetzten Termin Gelegenheit haben, seine interrogatoria nach seinem Ermessen darzulegen. Als commissar für die Beweisaufnahme solle der Verweser des Hochstifts Regensburg, Nikolaus von Künßberg (Kindsberg) bestellt werden. Die Frist, innerhalb der die Regensburger die geforderten Beweise und Eidesleistungen erbringen sollten, solle vom Datum dieses Briefes an gerechnet achtzehn Wochen und neun Tage betragen. Gerichtsbeisitzer: Die Brüder Albrecht und Ulrich, Grafen zu Schaunberg, Ulrich Riederer, Propst zu Freising, Ulrich Weltzli, römischer Kanzler, ksl. Räte, sowie die ersamen und gaistlichen Johann, Bf. zu Akkon, Verweser des Klosters auf dem Münchberg zu Bamberg, Johann, Abt des Klosters St. Burkhart außerhalb der Stadtmauer von Würzburg, Heinrich Zedelein, Propst zu Goslar, Jobst Hausner, Hans Gelthaus und Christian von Brida, Rechtsgelehrte, sowie David vom Stain, Urteiler.

Originaldatierung:
Am sibenundtzwaintzigisten tag des manads octobris.
Kanzleivermerke:
KVr: A.m.d.i. Ulricus Weltzli cancell(arius). KVv: Regenspurg (Blattmitte).

Überlieferung/Literatur

Org. im BayHStA München (Sign. RU Regensburg 1459 Oktober 27 [Fasz. 521]), Perg., rotes S 18 an Ps. in wachsfarbener Siegelschale mit rückseitig eingedr. wachsfarbenem S 16. Kop.: Abschrift des 15. Jh. ebd. (unter gleicher Sign.).

Kommentar

Vgl. hierzu auch die Angaben im Merkzettel im StadtA Regensburg (Sign. Hist. I, 1, fol. 83v, 84r, 104r) sowie die Eintragungen in den Stadtrechnungen ebd. (Sign. Cameralia 14, fol. 222v).

Anmerkungen

  1. 1Siehe n. 144.
  2. 2Siehe allerdings oben n. 144, wo die Frist zwölf Wochen und neun Tage beträgt.
  3. 3Ob das Urteil, auf das hier angespielt wird, vom K. beurkundet wurde, ist aus dem Zusammenhang nicht ersichtlich; es ist jedenfalls im bearbeiteten Bestand nicht überliefert.
  4. 4Vielleicht in n. 130 enthalten.
  5. 5Siehe oben n. 112.

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Empfohlene Zitierweise

[RI XIII] H. 15 n. 146, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1459-10-27_1_0_13_15_0_146_146
(Abgerufen am 18.04.2024).