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RI VI Rudolf I. - Heinrich VII. (1273-1313) - RI VI,4,1

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Papst Clemens V. beantwortet ein Schreiben Erzbischof Balduins von Trier, worin dieser ihm Großes über seinen Bruder, Graf Heinrich von Luxemburg, mitgeteilt hat (continentes que­dam grandia in personam dilecti filii nobilis viri .. comitis Luceburgen(sis) fratris tui); von die­sem sei er über diese Dinge bereits in einem gesonderten Schreiben informiert worden (a quo eciam super illis litteras recepimus speciales). Er teilt Balduin mit, daß er dessen Bruder bereits seit ihrer Begegnung in Lyon besonders schätze, wie dieser bereits an dessen Betei­li­gung an seiner eigenen Erhebung und der des Erzbischofs von Mainz ablesen könne. Schon nach Balduins Erhebung in Poitiers sei nicht nur diesem und dem Mainzer Erzbischof, son­dern auch seinem Bruder ein weiterer Zuwachs an Ehre vorhergesagt worden. Zudem seien nicht nur die von Balduin in seinem Schreiben angeführten Gründe, sondern auch das natür­li­che Band, das ihn mit seinem Bruder verbinde, eine Entschuldigung für sein Verhalten [bei der Wahl]. Heinrich selbst wolle er zunächst nicht schreiben, da er noch keine offizielle Nach­richt über die Ereignisse habe und auch die Kardinäle aus Erfahrung zum Abwarten rieten.

Originaldatierung:
datum Carbone Tholosane dyocesis III. Ydus Ianuarii

Überlieferung/Literatur

Überlieferung: Abschrift in der Losse-Handschrift Kassel I, Kassel Universitäts­bibliothek – Lan­des­bibliothek – Mur­hard­sche Bibliothek 2° Ms. jurid. 25, fol.40 und fol.85. – Drucke: Stengel, Nova Alamanniae 1 (1921) S.22f. Nr.67; Wampach, UQB 7 (1949) S.311f. Nr.1235. – Regest: -.

Kommentar

Der Brief Balduins von Trier, auf den sich das päpstliche Antwortschreiben bezieht, ist nicht überliefert. Die offizielle Wahl­an­zeige der Kurfürsten an Clemens V. war bereits am Wahltag, dem 27. November 1308, erfolgt, siehe oben Regest ap. Der obige Brief des Papstes stellte wohl die Reaktion auf ein zusätzliches, vertraulich gehaltenes Scheiben des Trierer Erzbi­scho­fes dar, in dem dieser insbesondere sein eigenes Wahlverhalten zu rechtfertigen suchte. Der neugewählte König selbst wandte sich allerdings erst im Sommer 1309 offiziell an den Papst, zu dem er am 2. Juni eine Gesandtschaft schickte, die in seinem Namen den üblichen Treueid leisten und vor allem die von Heinrich VII. gewünschte Kaiserkrönung in die Wege leiten soll­te, siehe unten Regest Nr.170. Die krönende Feststellung bei Schoos, Neue Momente (...1948) S.79, mit vorliegendem Brief »bestätigte der Papst die Wahl«, dürfte die Bedeutung des Schreibens überbewerten; bei Hoensch, Luxemburger (2000) S.31 wird daraus gar, »der Papst [habe] am 11. Januar 1309 die – nicht eigens erbetene – Approbation aus[gesprochen]«. – Graf Hein­rich VII. von Luxemburg und Clemens V. waren sich bereits bei der Krönung des Papstes am 14. November 1305 in Lyon begegnet, an der der Luxemburger im Gefolge des französischen Königs Philipp IV. teil­nahm; vgl. dazu Schneider, Kai­ser Heinrich VII. 1 (1924) S.8 und Heinig, Die Mainzer Kirche im Spätmittelalter (...2000) S.439 A.9 sowie oben Regest k. Nach Zeugnis der Chronik des Johann von Hocsem soll sich der Luxemburger Graf schon bei dieser Ge­le­genheit für sei­nen Bruder ein­ge­setzt ha­ben: Hoc anno Henricus Lutsilburgensis postmodum imperator, quem tunc in cu­ria vidi magnifice se ge­rentem pro fratre nunc archiepiscopo Trevirensi, illius archiepiscopatus impetrat dignitatem; La chro­nique de Jean de Hoc­sem, hrsg. v. Gode­froid Kurth (1927) S.119. – Zur Rolle Graf Heinrichs bei der Wiederbesetzung des nach zwiespälti­ger Wahl des Dom­ka­pi­tels am 4. Juli 1305 über ein Jahr lang vakanten Mainzer Erzstuhles siehe neuer­dings Heinig a.a.O. S.439-441; zu den Quel­len vgl. auch Vogt, Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1 I (1913) Nr.1085. Heinigvermutet a.a.O. S.440, daß die spätere Erhebung Balduins von Luxemburg zum Trierer Erzbischof ebenfalls bereits zu diesem Zeitpunkt ins Auge gefaßt wurde. Maß­geblichen Einfluß auf die Promotion seines Bruders 1307/1308 schreibt Peter von Zittaus Cronica Aule Regie Graf Hein­rich von Luxemburg zu: [...], praedictus Heinricus comes Lucenburgensis se­dem apostolicam visitavit et Baldivino fratri suo minori, licet iunior esset annis, apud dominum Clementem quintum illius archiepiscopatus vacantis cathedram procuravit; [Peter von Zittau,] Die Königsaaler Geschichts-Quellen mit den Zusätzen und der Fortsetzung des Dom­herrn Franz von Prag, hrsg. v. Johann Loserth(1875) I 112 S.332. Die häufig von der For­schung und jüngst wieder von Jäschke, Europa um 1300 (1999) S.95f. geäußerten Zweifel an der Zuverlässigkeit dieser Darstellung Peters von Zittau (Jäschkea.a.O. S.96: »... be­steht der Verdacht, auch bei der Schilderung der Gewinnung von Trier für sei­nen Bruder Balduin seien in der Cronica Aule Regie des Grafen Erfolge überbewertet worden«) werden durch den obigen Brief, in dem der Papst Balduin gegenüber eben­falls die Rolle Heinrichs bei seiner Erzbischofserhebung betont, zumindest re­lativiert, wenn nicht gar entkräftet. – Obwohl Cle­mens V. im Vorfeld der Königswahl im Sommer und Herbst 1308 auf Druck des französischen Kö­nigs die Kandidatur des­sen Bruders Karl von Valois unterstützte, stand er doch der Erhebung des Luxemburgers positiv ge­gen­über, wie die obige Reaktion auf Balduins Schreiben deutlich erkennen läßt. Die Entschuldigung des Trierer Erzbi­schofs für sein Abstim­mungs­ver­halten, das Clemens schon im Hinblick auf die verwandtschaftliche Ver­bun­den­heit der beiden Brü­der billigt, hat seinen Hin­tergrund wohl in den wiederholten päpstlichen Empfehlungsschreiben an die deutschen Kurfürsten, die diesen eine Ent­schei­dung für Karl von Valois nahelegten; vgl. dazu z.B. MGH Const. 4 I (1906) S.210-212 Nr.246f. und Wam­pach a.a.O. S.258-261 Nr.1185 und S.286-288 Nr.1214-1216, siehe oben Regesten u, v und ah. Th.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI VI,4,1 n. 14, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1309-01-11_3_0_6_4_1_56_14
(Abgerufen am 19.04.2024).