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RI IV Lothar III. und ältere Staufer (1125-1197) - RI IV,1,1

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Lothar bestätigt dem Stift † Kaltenborn die Güter, die der Edle Wichmann zu seinem, seiner Ehefrau Kunigunde und zu seiner Eltern Seelenheil dem Bistum Halberstadt zur Gründung eines Augustiner-Chorherrenstiftes verliehen hat, und zwar <im Ort Taubach (in villa Doubeke) elf Hufen, in Rottdorf achteinhalb Hufen, in Altdörnfeld (Durneuelt) neun Hufen, in Neudörnfeld (alio Durneuelf) eine Hufe, in Rödigsdorf eine Hufe, in Thangelstedt (Sufelt) eine Hufe, in Saalborn (Sarbunen) eine Hufe, in Wortheren eine Hufe, in Schwerstedt (Suegerstede) fünf Hufen und in Frankenhausen zwei Siedehäuser (II panstadel), was alles in Thüringen gelegen ist; in Rauschengesees (Ruskesez) zwölf Hufen und eine Mühle, in Drognitz vier Hufen, in Altenbeuthen (Buthene) acht Hufen und eine Rodung (unum novale), in Kospoda (Kozzibut) acht Hufen, in Moderwitz fünf Hufen, in Krobitz (Crop) zwei Hufen, in Dreitzsch (Drest) eine Hufe, was alles im Orlagau liegt; in Beyernaumburg (Nienburch) und Krauenestorp zehneinhalb Hufen und einen Weingarten, in Holdenstedt acht Hufen und einen Weingarten, in Helfta (Helpede) eine Hufe und einen Weingarten, in Etzdorf (Erardestorp) elf Hufen, in Schwittersdorf (Suithardestorp) zwei Hufen, in Rottelsdorf (Rouekestorp) eine Hufe, in Benkendorf (Panekendorf) drei Hufen, in Seeburg eine halbe Hufe, in Rollsdorf und Aseleben je eine Hufe, in Lüttchendorf und †Liebsdorf (Liefdegestorp) je eine halbe Hufe, in Dielnice eine halbe, in Asendorf eine Hufe, in †Deussen siebenunddreißig Hufen und die Kirche, in Lodersleben dreiundreißig Hufen und eine Mühle und die Kirche in †Osnitz, in Storquiz sieben Hufen und einen Gehren (unum geroris), in Zoulice vierzehn Hufen und einen Gehren, in Nemsdorf (Namelikestorp) zweiunddreißig Hufen, in Eskendorf (Hesekenthorp) eine halbe Hufe, in Querfurt eine halbe Hufe, was alles in der Diözese Halberstadt und in der Grafschaft des Pfalzgrafen Friedrich liegt; ferner im Süßen See (in lacu Seburch) am jenseitigen Ufer die Fischerei, die Fischzug genannt wird und dieselbe Ausdehnung besitzt wie jene des Magdeburger Erzbischofs (piscinam ex altera parte littoris, que dicitur thoch in longitudine et latitudine eadem quam habet Magedeburgensis archiepiscopus)>. Er bestimmt ferner, daß der Vogt vom Propst bestimmt und vom Bischof eingesetzt wird (neminem episcopus advocatum constituat, nisi quem prepositus pecierit), <verleiht das Recht, bei sich bietender Gelegenheit Vogteirechte an Stiftsgütern zurückzukaufen (si quas valeat redimere bonorum suorum advocatias ... redimat), verzichtet auf alle seine Rechte an diesen Vogteien dergestalt, daß der Bischof sie niemandem mehr verleiht, das Stift sich der Freiheit erfreut (ita tamen ut episcopus de cetero nulli eas possit porrigere, set ecclesia Kaldenburnensis perpetuo munere libertatis gaudeat) und die Stiftshörigen keinen Abgaben mehr unterworfen werden, erlaubt, daß die Inhaber von Reichslehen (qui de imperiali beneficio gaudent) diese an das Stift verkaufen oder verschenken und die ihm und seinen Nachfolgern geschuldeten Dienste den Chorherren leisten (ut obsequia prius nobis et successoribus nostris consueta eis persolvantur), verbietet jedermann im Reiche, vom Stift und dessen Leuten Zölle und Abgaben zu fordern (theloneorum et pedagiorum exactionibus molestare), erläßt für alles oben Stehende ein Änderungsverbot (Preterea sanctimus [!] imperiali constitucine [!], ut hec omnia, quia veritate nituntur, nulla possint improbitate convelli, nulla novitate mutari, nisi forte in melius bona iam memorate eclesie commutentur), verleiht das bisherige Recht zur Rodung am Rand des Reichsforstes (libertatem sicut hactenus excolendi novale in his, que foresto nostro adiacent)>, sichert seine Verfügungen (Precipiendo itaque iubemus...) und bedroht die Verletzer seines Privilegs mit einer Strafe von 100 Pfund Goldes (centum libras auri), von denen je die Hälfte der Kammer und dem Stift gebüßt werden sollen. - Ego Bertoldus vice Adelberti archicancellarii recongnovi; VUU.: Urkunde Bischof Reinhards von Halberstadt von 1120 (Schmidt, UB Halberstadt 1 S. 116 Nr. 148) (VU. I), das verfälschte DF.I. 787 (VU. II), die verfälschte Urkunde Bischof Ulrichs von Halberstadt von 1180 (Schmidt, UB Halberstadt 1 S. 247 Nr. 284 zu 1179) (VU. III), die verfälschte Urkunde Reinhards von 1120 (Schmidt, a.a.O. S. 112 Nr. 147) (VU. IV); verfaßt und mundiert von Ekkehard A = Bertolf; verfälscht von Empfängerseite. SP. 3. Iustis fidelium nostrorum.

Originaldatierung:
(VII. idus aug., Osterrode)

Überlieferung/Literatur

Verfälschung; angebliches Or.: Staatsarchiv Dresden, O.U. 47 (A). Abb.: Kaiserurkunden in Abb. X, 13c (= Nr. 194) (Teilabb.). Drucke: I.P. de Ludewig, Reliquiae manuscriptorum omnis aevi diplomatum ac monumentorum ineditorum adhuc tom. 10, Halle 1733 S. 139 Nr. 2. C. Schoettgen/G.C. Kreysig, Diplomataria et scriptores historiae Germanicae medii aevi 2, Altenburg 1755 S. 694 Nr. 5. Schmidt, UB Halberstadt 1 S. 248 bei Nr. 284. DLo.III. 90. Reg.: Mülverstedt, Regesta archiepiscopatus Magdeburgensis 1 S. 434 Nr. 1107. Dobenecker 1 Nr. 1319. H. Schieckel, Regesten der Urkunden des Sächsischen Landeshauptarchivs Dresden 1, 1960 Nr. 46. Stumpf 3323.

Kommentar

Die vorliegende Kaiserurkunde ist die verfälschende Nachzeichnung eines von Bertolf verfaßten und mundierten Diploms. Der Nachzeichnung hat ein Privileg mit Bertolfs Chrismon, mit dessen dritten, ab Reg. 369 und Reg. 384 verwendeten Monogramm, mit dessen Elongata mit ihren Kürzungen (-orum -Kürzung und epigraphische Kürzung bei imperatoris, vgl. KOCH, Schrift der Reichskanzlei S. 44f.) und - in der Kontextschrift - dessen Oberlängenverschleifungen vorgelegen. Von diesem ehedem vorhandenen Diplom stammt das echte, dem Pergament jetzt nicht eingedrückte, sondern angehängte Siegel. Das Eschatokoll ist in der Nachzeichnung nach links gerückt und bietet damit rechts Raum für die Eintragung des gefälschten DF.I. 786. Dieses stammt von derselben Hand wie die vorliegende Nachzeichnung des Lothar-Diploms, wie das verfälschte DF.I. 787 und die ältesten Rückvermerke beider Stücke sowie der VU. I, vgl. HIRSCH/ OTTENTHAL, DLo.III. 90, Vorbemerkung, APPELT, DF.I. 786, Vorbemerkung. Es war also ein Kaltenborner Fälscher am Werk. Als echte Bestandteile der ehemaligen lotharischen Urkunde können mit Sicherheit nur das Protokoll, die Verbotsformel, die Strafformel, die Corroboratio und das Eschatokoll, in denen Bertolfs Diktat bewahrt ist, vielleicht der erste Satz der Narratio und die Vogtwahlbestimmung angesehen werden, die aus der VU. I stammen. Als wahrscheinlicher Rechtsinhalt von Lothars Diplom darf weiter die Besitzbestätigung von Kaltenborn in einem Umfang gelten, wie sie in der VU. I und auch noch im Privileg Eugens III. von 1145 (JL 8722) überliefert ist. Wesentliche dispositive Bestimmungen sind aus den VUU. II und III entnommen oder gleichzeitig mit diesen gefälscht worden. Die Besitzliste der Nachzeichnung folgt - anders, als HIRSCH/ OTTENTHAL, DLo.III. 90, Vorbemerkung angeben - am Beginn von in villa Doubeke bis in Sarbunen I mansum der VU. II, von in Wortheren bis in Turingia der VU. I, von in Ruskesez bis Orla der VU. II., ab in Nienburch der VU. I oder II und ab in Storquiz zunächst wörtlich und dann in Anlehnung der VU. III. - Den nach Zeitstellung und Motiven bislang nicht eingehend untersuchten Kaltenborner Fälschungen ging es um den Besitz von Niederkirchen und hier insbesondere um jenen der Pfarrkirche von Teutschenthal (südwestl. Halle), um die Vogteifreiheit und um den Besitz von Neubruchzehnten. - Das DF.I. 786 ist eine Fälschung. Als Verfälschung gilt außer vorliegendem Diplom und dem DF.I. 787 die oben bereits erwähnte Urkunde Bischof Reinhards von Halberstadt von 1120 (VU. IV), vgl. HIRSCH/ OTTENTHAL, DLo.III. 90, Vorbemerkung, H. BEUMANN, Beiträge zum Urkundenwesen der Bischöfe von Halberstadt, in: AUF 16 (1939) S. 44-48, BOGUMIL, Das Bistum Halberstadt, 1972 S. 121. Als möglicherweise verfälscht werden bewertet die Urkunden Bischof Ulrichs von Halberstadt von 1180 (VU. III) - vgl. HIRSCH/ OTTENTHAL, DLo.III. 90, Vorbemerkung, APPELT, DF.I. 786, Vorbemerkung, wogegen BEUMANN, a.a.O. S. 64, und BOGUMIL, a.a.O. S. 121f., sie als echt betrachten - sowie die Urkunde Bischof Dietrichs von Halberstadt von 1189 (SCHMIDT, UB Halberstadt 1 S. 295 Nr. 327), vgl. HIRSCH/ OTTENTHAL, DLo.III. 90, Vorbemerkung. - In der Besitzliste unseres Diploms sind die ecclesia in Deussen und ecclesiam in Osniz Zusätze gegenüber der VU. I beziehungsweise II. Mit Kirchenbesitz befaßt sich in der Kaltenborner Überlieferung scheinbar als erste die verfälschte Urkunde Bischof Reinhards von 1120 (SCHMIDT, a.a.O. S. 112 Nr. 147) (VU. IV), welche dem Stift außer ungenannten Kirchen im Orlagau die Kirchen von Lodersleben, †Deussen und †Osnitz verbrieft. Die Urkunde Dietrichs (SCHMIDT, a.a.O. S. 295 Nr. 327) setzte das Stift mit zahlreichen Zitaten aus dem Decretum Gratians - vgl. Dictum ante C. 16 q. 7 c. 30, C. 16 q. 7 c. 23, C. 16 q. 7 c. 25, Dictum ante C. 16 q. 7 c. 39 - angeblich 1189 unter Verwendung des erst um das Jahr 1164 von Rufin geprägten Begriffes ius patronatus (vgl. P. LANDAU, Ius Patronatus, 1975 S. 11, zur Datierung von Rufins Summe vgl. A. GOURON, Sur les sources civilistes et la datation des Sommes de Rufin et d'Etienne de Tournai, in: BullMedCanLaw NS 16, 1986, S. 55-77) in den Stand, Kirchen und Zehnten von Laien zu erwerben. Lodersleben war 1205 Kaltenborner Besitz (SCHMIDT, a.a.O. S. 383 Nr. 430). Die Kirche von †Deussen, deren Weihe um die Entgegennahme von 30 Schillingen im Jahre 1128 zur ersten Absetzung Bischof Ottos von Halberstadt geführt hatte (JL 7319; SCHMIDT, a.a.O. S. 133 Nr. 161: per testes sufficientes de symonia, quam in consecratione Dusnensis ecclesie de XXX solidis pro ipsius consecratione per pactionem ab eo requisitis commiserat, convictus est, vgl. Reg. 188) und die Kirche in †Osnitz waren dagegen im 13. Jh. zunächst noch in anderer Hand: Erzbischof Wichmann von Magdeburg schenkte dimidietatem quoque ecclesie Osniz cum ecclesiis Dusne, Erdestorp et Swithardestorp im Jahre 1180 der von ihm gestifteten Propstei Seeburg (ISRAEL/ MÖLLENBERG, UB Magdeburg 1 S. 488 Nr. 372) und bestätigte 1191 dem Propst von Seeburg ecclesiam Ozinc, ecclesiam Dusne ... cum omnibus ad ipsas pertinentibus (ISRAEL/ MÖLLENBERG, a.a.O. S. 569 Nr. 433); zu Seeburg vgl. D. CLAUDE, Geschichte des Erzbistums Magdeburg 2,1975 S. 84f. Im Jahre 1211 trat Erzbischof Albrecht von Magdeburg dem Bistum Halberstadt die iura patronatuum ecclesiarum de Ozniz et de parvo Oschersleve als Entschädigung für die Verlegung der Propstei Seeburg aus der Diözese Halberstadt in die Stadt Magdeburg ab (SCHMIDT, a.a.O. S. 412 Nr. 461). Im Jahre 1277 wurde bestimmt, daß das ius patronatus ecclesiae in Ossnitz vel aliam equalitatem predicte ecclesie in Caldenborn cum omni utilitate et iure a patrono illius ecclesie dicti nobiles (sc. die Edelherren von Querfurt) procurabunt ante festum nativitatis Domini proximum nunc futurum (SCHMIDT, UB Halberstadt 2 S. 413 Nr. 1324). Diese Texte stehen im Widerspruch zur Urkunde Reinhards (SCHMIDT, a.a.O. 1 S. 112 Nr. 147) (VU. IV) und zu unserem Privileg. †Deussen und †Osnitz sind zwei von sechs Siedlungen, die in die Gesamtgemeinde Deussen = Teuschtenthal aufgegangen sind, vgl. E. NEUSS, Wüstungskunde der Mansfelder Kreise (Seekreis und Gebirgskreis) 2, 2, 1971 S. 446. Im Jahre 1363 verlieh der Elekt Ludwig von Halberstadt dem Stift Kaltenborn den Besitz und den Patronat der Pfarrkirche in Deussentall, worüber bereits Bischof Reinhard Privilegien ausgefertigt habe und deren Besitz dem Stift im Laufe der Zeit entfremdet worden sei (S. LENTZ, Diplomatische Stifts- und Landes-Historie von Halberstadt, Halle 1749 S. 325 Nr. 11). Mit der Urkunde von 1363 wurde offenbar versucht, den Änderungen in der Besiedlung um Teutschenthal - vgl. E. NEUSS, Wanderungen durch die Grafschaft Mansfeld I. Im Seegau, 1935 S. 49f., 54f. - auch hinsichtlich der kirchlichen Pertinenzverhältnisse Rechnung zu tragen. Daß Bischof Reinhard noch kein Patronatsrecht verliehen haben kann, liegt nach der Geschichte dieses Rechtsinstituts auf der Hand. Daß die Reinhardurkunde (SCHMIDT, a.a.O. 1 S. 112 Nr. 147) (VU. IV) und unser Privileg wegen des Teutschenthaler Patronatsrechts erst im 14. Jh. verfälscht worden wären, ist allerdings wegen der Vogteiregelungen, die in vorliegender Nachzeichnung, in DF.I. 787 (VU. II), in Bischof Ulrichs Urkunde von 1180 (VU. III) und in der Urkunde Bischof Dietrichs von 1189 (SCHMIDT, a.a.O. 1 S. 295 Nr. 327) getroffen wurden, auszuschließen. Denn um die Vogtei über die Kaltenborner Güter war es bereits im 13. Jh. zum Streit des Stifts mit den Grafen von Mansfeld und den Edelherren von Querfurt gekommen. Er wurde von 1271 bis 1277 beigelegt: Reinhard von Halberstadt hatte 1120 bestimmt, daß nur derjenige vom Halberstädter Bischof zum Vogt bestellt werden sollte, welcher vom Kaltenborner Propst dazu bestimmt würde. Diese Regelung wiederholte noch König Wilhelm von Holland, als er ad imitationem ... divorum imperatorum Lotharii et Frederici 1255 Kaltenborn den Besitz bestätigte (BÖHMER/ FICKER Nr. 5274). Wahrscheinlich fand sich diese Regelung auch in dem unverfälschten Diplom Lothars. Sie wird auch in der vorliegenden Fassung, in Bischof Ulrichs Urkunde von 1180 (VU. III) und von Bischof Dietrich im Jahre 1189 (SCHMIDT, a.a.O. 1 S. 295 Nr. 327) erwähnt. Unsere Nachzeichnung, das DF. I. 787 und die Urkunden Ulrichs und Dietrichs geben jedoch darüber hinaus die Erlaubnis, einzelne Kaltenborner Güterkomplexe von der Vogtei zu befreien. Der Entvogtung galten in den siebziger Jahren des 13. Jahrhunderts die besonderen Bemühungen des Stifts. Graf Burchard von Mansfeld verzichtete 1271 auf den Teil (partem) advocatie super bonis monasterii Caldenborn nos contingentem in die Hände des Bischofs (SCHOETTGEN/ KREYSIG, a.a.O. 2 S. 710 Nr. 47; M. KRÜHNE, UB der Klöster der Grafschaft Mansfeld [GQProvSachsen 20] 1888 S. 427 Nr. 99). Im Jahre 1275 fungierte Bischof Volrad von Halberstadt als Schiedsrichter in einem Streit zwischen Gerhard und Gebhard von Querfurt und dem Stift Kaltenborn um (ungenannte) Besitzungen, auf welche jene auf Grund pfalzgräflicher Rechte Ansprüche erhoben (SCHMIDT, a.a.O. 2 S. 401 Nr. 1300). Im Jahre 1277 beurkundete derselbe Bischof, daß er und andere Schiedsrichter den Herren Gerhard und Gebhard von Querfurt silentium perpetuum super advocatia omnium bonorum von Kaltenborn auferlegt hätten, super qua lis exorta iam dudum extitit inter partes, daß weiter - wie schon angeführt - die Querfurter hinsichtlich des Patronats von †Osnitz in die Pflicht genommen worden seien und daß diejenigen Übeltäter, die Propst und Prior von Kaltenborn gefangen genommen hätten, am nächsten Himmelfahrtstag in Halberstadt öffentlich Buße tun müßten (SCHMIDT, a.a.O. 2 S. 413 Nr. 1324). - Anlaß und Motiv der Verfälschungen der Diplome Lothars III. und Friedrichs I. und der Urkunden der Bischöfe Reinhard, Ulrich und Dietrich von Halberstadt sind damit aufgedeckt. Es ging dem Fälscher in erster Linie um die Entvogtung, zugleich aber auch um Rechtstitel an Kirchen und Zehnten und hier insbesondere an Rodungszehnten. Daß die Verfälschungen in den siebziger Jahren des 13. Jh. erfolgten, wird durch die Diktatberührung des interpolierten Teils von DF.I. 787 mit einer Urkunde Burchards des Jüngeren von Querfurt für Kaltenborn von 1276 bezüglich der von ihm gekauften Vogtei über die Stiftsgüter in Farnstädt bestätigt: Vgl. dessen Urkunde ... pactum ipsis ruricolis fecimus et statutum, quod de singulis mansis ... XI nummi usuales nobis et nostris heredibus annis singulis dabuntur divisim, ita quod una medietas illorum festo beate Walpurgis virginis, altera vero medietas in festo beati Martini episcopi persolvetur. Insuper etiam omnes gener aliter prefate ville cives unum tantum porcum ad trium solidorum estimationem in carnisprivio ministrabunt (SCHOETTGEN/ KREYSIG, a.a.O. 2 S. 712 Nr. 53) mit dem verfälschten DF.I. 787 ... a ruriculis sue advocacie XXti denarios recipiat (sc. der Vogt) divisim, in festo sancte Walburgis decem denarios et in autumpno decem denarios usuales ... et univers a liter in carniprivio porcum in estimatione trium solidorum persolvent. Daß die verfälschte Partie des DF.I. 787 Gratian, D. 74 c. 7: nam privilegium meretur amittere, qui permissa sibi abutitur potestate zitiert, korrespondiert mit der bereits angeführten Tatsache, daß die offensichtlich verfälschte Dietrichurkunde zahlreiche Zitate aus dem Decretum aufweist. Da die verfälschte Reinhardurkunde einen kanonistischen Exkurs zur Berechtigung von Inkorporationen enthält (SCHMIDT, UB Halberstadt 1 S. 115: ecclesias ... prepositus in suos redigat usus et ibidem sacerdotes de suo collegio instituat...), die verfälschte Ulrich-Urkunde von 1180 einen Exkurs über die Temporalien- und Spiritualienpertinenz besitzt und die Verfälschungen der Reinhard- und Ulrich-Urkunden das Recht des Stifts an Rodungszehnten verbriefen, sind die fraglichen Urkunden einschließlich der Urkunde Dietrichs als eine um 1277 entstandene Fälschungsgruppe zu bewerten. Von ihnen liegen unser Diplom, die DDF.I. 786 und 787 scheinbar als Originale, tatsächlich aber als Nachzeichnungen vor. - Während HIRSCH/ OTTENTHAL, DLo.III. 90, Vorbemerkung, ihre Niederschrift noch zu Anfang des 13. Jh. für möglich halten, datiert R.M. HERKENRATH, Die Reichskanzlei in den Jahren 1174 bis 1180 (Österr. Akad. d. Wiss. Phil.-hist. Kl. Denkschriften 130) 1977 S. 210, vgl. auch APPELT, DF.I. 786, Vorbemerkung, die vorliegende Fälschung ins Ende des 12. Jahrhunderts. Die paläographische Datierung hat jedoch zu berücksichtigen, daß sie mit Nachzeichnungen zu tun hat, welche sich bemüht haben, ihren Vorlagen aus dem 12. Jh. möglichst nahezukommen. Eine Anfertigung erst in den siebziger Jahren des 13. Jh. durch den nach Ausweis der Rückvermerke und des DF.I. 786 Buchschrift schreibenden und in der diplomatischen Minuskel beziehungsweise Kursive ungeschulten Fälscher ist paläographisch keineswegs ausgeschlossen. Zu beachten sind der unter die Zeile heruntergezogene Bogen des h in DF.I. 786 (hec), in DF. I. 787 (Z. 30: hec) und im Rückvermerk von VU. I. (hoc), die Schaftbrechungen im Mittelband und bei den Bögen und die gegabelten Oberschäfte, vgl. in DF.I. 786 zum Beispiel bei Lotharii, imperatoris, aliorum und im Rückvermerk von VU. I. bei legeris, hoc und privilegio. - Eine inhaltliche Fälschung, die nicht zu Lothars Privileg gezählt haben kann, ist die für den Süpplingenburger unzeitgemäße Bestimmung, daß Inhaber von Reichslehen diese frei an Kaltenborn verschenken oder verkaufen dürften. Lothar selbst gab 1134 ausdrücklich seinen Konsens zu einer Reichsgutvergabe an Walkenried (s. Reg. 391), und noch Friedrich I. gestattete 1157 lediglich den Tausch von Reichsgütern an Walkenried und beschränkte diesen auf drei Hufen und nur unter der Bedingung der Wahrung eines Vorteils für das Reich (DF.I. 171). Erst Otto IV. hat 1209 demselben Kloster und Schulpforte gestattet, rechtmäßig erworbene Reichsgüter in Besitz zu nehmen, ohne die besondere Erlaubnis des Kaisers einholen zu müssen (BÖHMER/ FICKER Nr. 338, 342). - Das Mutationsverbot nach Ilsenburger Formular - vgl. H. BEUMANN, Die Auctoritas des Papstes und der Apostelfürsten in Urkunden der Bischöfe von Halberstadt. Vom Wandel des bischöflichen Amtsverständnisses in der späten Salierzeit, in: ST. WEINFURTER (Hg.), Die Salier und das Reich 2, 1991 S. 336f. - findet sich in der VU. I. und mit einem unserem Diplom noch näher stehenden Wortlaut in der verfälschten Urkunde Reinhards von 1120 (SCHMIDT, a.a.O. S. 115 Nr. 147) (VU. IV), deren zugrunde liegendes Orignal den Mutationspassus gehabt haben muß, vgl. künftig H. BEUMANN, Zu den Pontifikalinsignien und zum Amtsverständnis der Bischöfe von Halberstadt im hohen Mittelalter, in: SachsAnh 18 (1994) (der Verfasser gewährte mir dankenswerterweise die Einsicht in sein Manuskript), und zwar dort jeweils an seiner gewöhnlichen Stelle in der Sanctio, hingegen in unserer Verfälschung als in den Schluß der Dispositio gerücktes und nicht auf den Stiftsstatus, sondern speziell auf den Güterbesitz gewendetes Gebot. Zudem wird Lothars angebliches Änderungsverbot auffällig mit der Behauptung der Wahrhaftigkeit aller voranstehenden Satzungen begründet (hec omnia, quia veritate nituntur). So ist wohl auszuschließen, daß es zu den Bestandteilen der ursprünglichen Lotharurkunde gehört hat. - Zu dem sächsisch-thüringischen Grafen Wichmann, dem Stifter von Kaltenborn und Eigenkirchenherren auch von Stift Ettersburg, der wie der gleichnamige spätere Erzbischof von Magdeburg wohl zum Verwandtenkreis der Edelherren von Querfurt gehörte, vgl. F. HENNING, Graf Wichmann von Thüringen. Diss. phil. Halle-Wittenberg 1943 (Masch.) S. 16-27, BOGUMIL, a.a.O. S. 117ff., D. CLAUDE, Geschichte des Erzbistums Magdeburg 2, 1975 S. 82f., FENSKE, Adelsopposition, 1977 S. 185f. - Über Kaltenborn vgl. BOGUMIL, a.a.O. Die thüringischen Güter lagen um Weimar, jene im Orlagau im Gebiet von Lobenstein und Neustadt an der Orla und jene in der Diözese Halberstadt im Hassegau im Raum zwischen Sangerhausen, Eisleben, Halle und Querfurt. - Zu panstal vgl. eine Urkunde von 1112: et unum panstal in quo coquitur sal (SCHMIDT, a.a.O. 1 S. 101 Nr. 136). Über den Gehren, der in Thüringen und im weiteren Mitteldeutschland ein spitz auslaufendes Ackerstück bezeichnet, s. JACOB u. WILHELM GRIMM, Deutsches Wörterbuch Bd. 5 (IV, I,2), bearb. v. RUDOLF HILDEBRAND u. HERMANN WUNDERLICH 1897 (ND 1984) Sp. 2543f. - Bei dem auch in der echten Urkunde Bischof Reinhards von 1120 (SCHMIDT, a.a.O. 1 S. 116f. Nr. 148) erwähnten Pfalzgraf Friedrich handelt es sich nicht um Friedrich IV. von Bottendorf, sondern um Friedrich I. von Sommerschenburg; er hatte 1088 die Gosecker Grafenrechte im Hassegau erworben, vgl. H.-D. STARKE, Die Pfalzgrafen von Sommerschenburg, in: JbGMittelOstdtld 4 (1955) S. 6 mit Anm. 1. Zu Gauorten des Hassegaus vgl. W. HESSLER, Mitteldeutsche Gaue des frühen und hohen Mittelalters (Abhh. Sächs. Akad. Wiss. 49, 2) 1957 S. 126-129. - Nach dem Itinerar handelt es sich bei dem Ausstellungsort um Osterode am Harz.

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Empfohlene Zitierweise

RI IV,1,1 n. †492, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1136-08-07_1_0_4_1_1_492_F492
(Abgerufen am 28.03.2024).