Regestendatenbank - 201.916 Regesten im Volltext

RI IV Lothar III. und ältere Staufer (1125-1197) - RI IV,1,1

Sie sehen den Datensatz 382 von insgesamt 673.

Lothar bestätigt, daß Rudolf von Steinfurt, ein Edelfreier seines Landes (nobilem quendam terre nostre), mit dem Konsens seiner Brüder und Erben Ludolf und Udo den Prämonstratensern (später in: Clarholz) (ad usus deo secundum beati Augustini regulam servientium) seinen Besitz in Lette, Clarholz, Mackenberg, Vintrup (Vilmerigthorpe), †Ruplo, Ochtrup (Ohthepe), †Cauerwich, †Elsne und in dem Küstenort Vollenhove bis zum Meppeler Diep (in loco maritimo, qui Wllenho dicitur, usque ad aquam, quam Sethe vocant) übergeben hat. Die Tradition erfolgte im Gerichtsort (in loco pretoriali) †Hathemareslo, im kaiserlichen Landgericht des Grafen Gottschalk durch die Hand des Vogtes Hermann de Auenstroth (presidente preside Godescalco, suscipiente advocato Hermanno de Auenstroth nostro imperio iusto iudicio patrie). Vogt soll nur sein, wer von den Chorherren einmütig gewählt und ihnen vom Bischof bestellt wird; wenn er untauglich ist, soll bei dreimaliger vergeblicher Mahnung ein anderer gewählt werden. Z.: die Bischöfe Werner von Münster, Sigward von Minden, Thiethard von Osnabrück, Kardinal(priester) Gerhard (von S. Croce in Gerusalemme), Bischof Anselm von Havelberg, die Fürsten (principes) Graf Otto von Rheineck (Rinecche), Graf Albrecht von Ballenstedt, Pfalzgraf Friedrich von Sommerschenburg (Sumerischenburch), Graf Hermann von Calvelage (Caluenlage), Graf Adolf von Berg, Graf Gerhard von Hochstaden (Honstath) mit den übrigen Edelfreien (nobilibus) Wicbold und dessen Sohn Bernhard (von Holte), Hermann von Bausenhagen (Bosenhage) mit dessen vier Söhnen Gerhard, Thietmar, Dietrich und Heinrich sowie Hermann zur Lippe (de Lippa). - Data per manum Norberti archicancellarii et Magedeburgensis archiepiscopi; VU: Bischof Ekbert von Münster für Varlar 1129 (N. Kindlinger, Münsterische Beiträge zur Geschichte Deutschlandes, hauptsächlich Westfalens Bd. 3, 1, Münster 1793, Urkunden S. 14 Nr. 7); außerhalb der Kanzlei wahrscheinlich von einem Prämonstratenser verfaßt und geschrieben. SI. 3. Notum fieri volumus.

Originaldatierung:
(anno MCXXXIIII)

Überlieferung/Literatur

Or.: Erzbistumsarchiv Paderborn, Depositum Clarholz Urkunde Nr. 1 (A). Abb.: Kaiserurkunden in Abb. VI, 8 (= Nr. 176). Clarholz und Lette in Geschichte und Gegenwart 1133-1983. Heimatbuch, hg. von den Heimatvereinen Clarholz und Lette, Clarholz und Lette 1983 S. 51. Drucke: C.L. Hugo, Sacri et canonici ordinis Praemonstratensis Annales pars 1, tom. 1, Nanceii 1734 prob. S. CCCXCV. R. Wilmans, Die Kaiser-Urkunden der Provinz Westfalen 777-1313 Bd. 2, Abth. 1, bearb. F. Philippi, 1881 S. 286 Nr. 217. Philippi, UB Osnabrück 1 S. 207 Nr. 254. Muller/Bouman, OB Sticht Utrecht 1 S. 318 Nr. 348. DLo.III. 58. Reg.: Heinemann, Cod. dipl. Anhaltinus 1 S. 166 Nr. 214. Mülverstedt, Regesta archiepiscopatus Magdeburgensis 1 S. 416 Nr. 1067. Dobenecker 1 Nr. 1298. Krabbo, Regesten Brandenburg Nr. 27. G.J. ter Kuile, Oorkondenboek van Overijssel. Regesten 797-1350. 1: 797-1250, Zwolle 1963 S. 52 Nr. 54. Stumpf 3298.

Kommentar

Das Diplom stammt von demselben Schreiber und Verfasser wie die Urkunde Bischof Werners von Münster von 1134 (Juni 4 - August 23) PHILIPPI, UB Osnabrück 1 S. 209 Nr. 255) für die 1133 in Lette (Diözese Münster) und seit 1146 in Clarholz (Diözese Osnabrück) bezeugten Prämonstratenser. Er benutzte für beide Texte die genannte VU. für das prämonstratensische Varlar, vgl. M. PETRY, Die ältesten Urkunden und die frühe Geschichte des Prämonstratenserstiftes Cappenberg in Westfalen, in: AfD 19 (1973) S. 46, PETKE, Lothar S. 171-176. Die unrichtige Nennung Norberts von Magdeburg in der Aushändigungsformel als Erzkanzler und die Verwendung der VU. machen wahrscheinlich, daß der Verfasser Prämonstratenser war, vgl. PETKE, a.a.O. Dagegen gibt es, abgesehen von den Entlehnungen aus der VU., keine Übereinstimmungen mit kölnischem Diktatgut, das bis 1131 auch in münsterschen Urkunden Verwendung fand, vgl. W. PETERS, Studien zu den Beziehungen zwischen kölnischer und römischer Kirche, in: AfD 17 (1971) S. 245-249, 255. Zu den äußeren Merkmalen des Diploms vgl. HIRSCH/ OTTENTHAL, DLo.III. 58, Vorbemerkung, und S. 313. Nachträge und Berichtigungen. - Der gestreckte Verlauf der Stiftung von Lette (-Clarholz) ist außer durch vorliegendes Diplom und die Urkunde Werners von Münster noch durch eine Urkunde des Bischofs Andreas von Utrecht bezeugt, s. PHILIPPI, UB Osabrück 1 S. 206 Nr. 252 (fehlerhaft), MULLER/ BOUMAN, OB Sticht Utrecht 1 S. 310 Nr. 339 (fehlerhaft, vgl. die Abb. des inzwischen aufgefundenen Or. bei TER KUILE, a.a.O. nach S. 52). Die Datierungen des Diploms und der Urkunde des Utrechter Bischofs sind in sich jeweils widersprüchlich. Das Diplom dürfte ein um eine Einheit zu niedriges Königsjahr haben. Wegen der teilweise auch in Reg. 384 genannten Zeugen - unter ihnen der noch nicht als Pfalzgraf bezeichnete Otto von Rheineck - kann es unter Berücksichtigung des Weihnachtsstils unter dem obigen Datum in Köln gegeben worden sein, vgl. PETKE, Lothar S. 175. Die in sich stimmigen Datierungselemente der Urkunde Werners von Münster rücken diese in die Zeit vom 4. Juni 1134 bis zum 23. August 1134, dem letzten Tag von Lothars neuntem Königsjahr; über den 24. August als Epoche der Königsjahre Lothars vgl. Reg. 654. Die Annahme von W. KOHL, Die frühen Prämonstratenserklöster Nordwestdeutschlands im Spannungsfeld der großen Familien, in: Festschr. J. FLECKENSTEIN, hg. L. FENSKE/ W. RÖSENER/ TH. ZOTZ, 1984 S. 407, die Wernerurkunde besitze die Priorität gegenüber dem Diplom, ist unbegründet; denn die im Diplom und in der Wernerurkunde anzutreffende, Rudolf von Steinfurt bezeichnende Apposition nobilis quidam terre nostre, welche nur im Munde des Bischofs verständlich erscheine und deshalb die Priorität seiner Urkunde gegenüber dem Diplom belege, ist nicht aus der Bischofsurkunde in das Diplom, sondern jeweils aus der den beiden Urkunden gemeinsamen VU. - der Urkunde Ekberts für Varlar - übernommen worden: quando unus ex terrae nostrae nobilissimis Otto videlicet Godefridi Cappenbergis comitis filius. Damit ist auch die Annahme von RUTH HILDEBRAND, Herzog Lothar von Sachsen, 1986 S. 82, die Bezeichnung des Steinfurters in der Lotharurkunde belege eine herrschaftliche Stellung Lothars in Burgsteinfurt, hinfällig. - Die Urkunde des Bischofs Andreas hat einander sehr widersprechende Jahresdatierungen. Die angegebene neunte Indiktion weist auf das Jahr 1131, das siebente Königsjahr auf die Zeit vom 24. August 1131 bis zum 23. August 1132 und das fünfte Pontifikatsjahr des Ausstellers auf die Zeit vom Mai 1132 bis zum Mai 1133. Als Inkarnationsjahr ist 1133 genannt. Da eine Angabe von Lothars Kaiserjahren fehlt, wird die Urkunde nicht nach der Kaiserkrönung am 4. Juni 1133 beziehungsweise - mit Rücksicht auf den frühestmöglichen Zeitpunkt, zu dem die Nachricht von der Krönung im Bistum Utrecht bekannt sein konnte - nicht nach dem Juli 1133 gegeben worden sein. Wenn KOHL, Die frühen Prämonstratenserklöster S. 407-410 - vgl. auch KOHL, Die Stiftung der Prämonstratenserklöster Lette und Clarholz durch den Edelherrn Rudolf von Steinfurt (l133/1134), in: Clarholtensis Ecclesia, hg. JOHANNES MEIER (Studien und Quellen zur westfälischen Geschichte 21) 1983 S. 71f. -, die Stiftung von Lette-Clarholz hypothetisch mit der Ermordung des Grafen Floris des Schwarzen durch Hermann und Gottfried von Cuyk in Verbindung bringt und als eine stellvertretend für die Cuyker durch den Edelherren von Steinfurt vollzogene Sühneleistung interpretiert, so wird dabei übersehen, daß der Steinfurter laut Urkunde des Utrechter Bischofs schon vor dem Todestag des holländischen Grafen (26.10.1133) und vor der Kölner Gerichtsverhandlung wahrscheinlich von Ende 1133 gegen die Cuyker (vgl. Reg. 381) mit der Tradition seiner Güter in Vollenhove die Stiftung des Klosters in die Wege leitete. - Herkunft und frühe Geschichte der Steinfurter, deren Zubenennung erstmals in den angeführten Urkunden bezeugt ist, sind ungeklärt, vgl. KOHL, Die frühen Prämonstratenserklöster S. 410-412. Daß Rudolfs hier erwähnter Bruder Udo mit Bischof Udo von Osnabrück (1137-1141) identisch sei, ist Hypothese, vgl. A. SPICKER-WENDT/ H. KLUGER, in: ST. WEINFURTER/ O. ENGELS, Series episcoporum Ecclesiae Catholicae occidentalis V, 1, 1982 S. 161. - Zu den westfälischen Besitzungen des Steinfurters vgl. KOHL, Stiftung der Prämonstratenserklöster S. 63. †Ruplo und †Cauerwich lagen im Kirchspiel Beckum, vgl. F. DARPE, Die ältesten Verzeichnisse der Einkünfte des Münsterschen Domkapitels (Codex Traditionum Westfalicarum 2) 1886 S. 193, 205: Ruplo Kewik. Entgegen der Annahme von KOHL, Stiftung der Prämonstratenserklöster S. 63 Anm. 16, handelt es sich bei Ohthepe wohl nicht um †Adorpe im Kirchspiel Beckum, sondern um das 12 Kilometer nordwestl. von Steinfurt gelegene Ochtrup; um 1220 wird ein miles Rotgerus de Ochtepe genannt, s. K. SCHOLZ, Die Urkunden des Kollegiatstifts Alter Dom in Münster 1129-1534 (Westfälische Forschungen 2. VeröffHistKomm Westfalen 37) 1978 S. 17 Nr. 8. Die Identifizierungen der westfälischen Besitzungen von TER KUILE, Oorkondenboek van Overijssel Nr. 54, sind zum Teil unzutreffend. Zu Ludolfs overijsselschem Besitz bei Vollenhove bis hin zur Zede (heute: das Meppeler Diep) südwestl. Meppel vgl. E.D. EIJKEN, Die niederländischen Güter des Klosters Clarholz, in: Clarholtensis Ecclesia (wie oben) S. 279-281. - Der Gerichtsort Hathemareslo lag vielleicht bei der Bauerschaft Horstmersch westl. Tecklenburg, vgl. R. DOLLE, Hathemareslo-Ibbenbüren im Jahrhundert der Kreuzzüge, Ibbenbüren 1931 S. 49. - Der Graf Gottschalk gehörte möglicherweise der Familie der Edelherren von Ibbenbüren an, vgl. TH. LINDNER, Die Veme, 1888 S. 4f. Zu den westfälischen Freigerichten vgl. TH. LINDNER, und F. HEROLD, Gogerichte und Freigerichte in Westfalen besonders im Münsterland, in: Deutschrechtliche Beiträge. Forschungen und Quellen zur Geschichte des Deutschen Rechts, hg. K. BEYERLE, Bd. 2 (1908/09) S. 453f., 481f., A.K. HÖMBERG, Die Entstehung der westfälischen Freigrafschaften, 1953. - Analog zu einer Tradition an Corvey, die 1113 ein gewisser Sigibert durch die Hand der regional für die aufgelassenen Güter jeweils zuständigen Corveyer Teilvögte Gerhard und Rainald (von Dassel) vollzogen hat (H.A. ERHARD, Regesta Historiae Westfaliae 1. Accedit Codex diplomaticus historiae Westfaliae 1847 S. 140 Nr. 182, H.H. KAMINSKY, Studien zur Reichsabtei Corvey in der Salierzeit, 1972 S. 247 Nr. 4), müßte der Hermann de Auenstroth Vogt von Lette beziehungsweise der tradierten Güter gewesen sein, wenn vielleicht auch nur vorläufig bis zur Wahl eines Vogtes durch das neue Stift. Ein Konrad de Auenstrot wird 1201 bei Gütersloh genannt (R. WILMANS, Westfälisches UB 3, 1871 S. 5 Nr. 5, vgl. DOLLE, a.a.O. S. 47). Zu den Zeugen des Diploms vgl. PETKE, Lothar S. 172f.

Nachträge

Nachtrag einreichen
Einreichen
Empfohlene Zitierweise

RI IV,1,1 n. 382, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1133-01-25_2_0_4_1_1_382_382
(Abgerufen am 19.04.2024).