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RI IV Lothar III. und ältere Staufer (1125-1197) - RI IV,1,1

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Lothar erneuert dem Kollegiatstift St. Servatius in Maastricht nach den Privilegien seiner Vorgänger und mit Zustimmung Bischof Alexanders von Lüttich das zuvor mehr als 300 Jahre lang besessene, aber dann von Propst und Kanonikern des Liebfrauenstifts in Maastricht (prepositus et fratres de sancta Maria Traiecti) bestrittene Recht (legem et iusticiam), daß allein die Kirche der Pfarrei St. Servatius die Zehnten und das Zehnterhebungsrecht in der Stadt Maastricht besitzen soll (ęcclesia parrochię sancti Seruatii sola in Traiectensi urbe habet decimas et terminum). Alle Fremden, die in Maastricht ansässig werden (ad manendum ibi confluxerint), sind der königlichen Herrschaft unterworfen (ad iusticiam regis pertinent) und unterliegen dem Tauf- und Sepulturzwang der Pfarrei von St. Servatius (in parrochia sancti Seruatii baptizari et sepeliri debent), ausgenommen die Familia des (bischöflich Lütticher) Liebfrauenstifts (preter familiam sanctę Marie sanctique Lamberti). Lothar bestätigt überdies dem freien Reichsstift (libera ęcclesia regno attinens) St. Servatius die durch lange Übung zum Gewohnheitsrecht gewordene Regelung (in habitum legis conversa), daß die jeweiligen Pfarrer der Pfarreien St. Servatius und Liebfrauen unter dem Vorsitz des Archidiakons gemeinsam in der Liebfrauenkirche den Send (synodum) abhalten, und zwar der Pfarrer (presbiter) von St. Servatius für alle Leute unter königlicher Herrschaft, wo immer diese in der Stadt wohnen, und der Pfarrer von Liebfrauen für alle Leute unter bischöflich (Lütticher) Herrschaft. Z.: Kardinalbischof Wilhelm von Palestrina, Kardinalbischof Matthäus von Albano, der Kardinalpriester (von S. Crisogono) Johannes von Crema, Kardinaldiakon Guido (von S. Maria in Via Lata), Erzbischof Albero von Trier, die Bischöfe Stephan von Metz und Liethard von Cambrai; von den Fürsten (de principibus) Herzog Walram (von Niederlothringen), Herzog Simon (von Oberlothringen), Graf Arnold von Loon (Arnulfus de Los), Goswin von Valkenburg (Falcomonte), Gerhard von Hochstaden (Hostade); von den Brüdern des Stifts (St. Servatius) (de fratribus ęcclesię) Dekan Johannes, Kämmerer Willo, Kustos Winand, Kantor Heinrich, Scholaster Rainer; von Ministerialen (von St. Servatius) (de ministris) Gottfried, Christian, Waltger. - Ego Anselmus ad vicem Adelberti Moguntinensis archiepiscopi, archicancellarii recognovi; außerhalb der Kanzlei verfaßt und geschrieben wohl von Empfängerseite; die Rekognitionszeile in nicht kalligraphischer Buchschrift von einer zweiten Hand; die Signumzeile vielleicht von dritter Hand. SI. D. Notum sit omnibus.

Originaldatierung:
(in paschali curia, Aquisgrani)

Überlieferung/Literatur

Or.: Paris, Bibl. nat. lat. 9307 (Chartae s. Servatii I: 1051-1221. Originalurkunden) f. 6 (A). Kop.: Maastricht, Rijksarchief in Limburg, Kapittel v. St. Servaas Nr. 10, Chartular von St. Servatius, 13. Jh., f. 25r-25v (C). Paris, Bibl. nat. lat. 9311 Nr. 106, Insert im Or. der Bestätigung Kaiser Maximilians I. v. 1516 (E). Drucke: A. Miraeus, Notitia ecclesiarum Belgii, Antverpiae 1630 S. 351 (unvollständig). A. Miraeus/J.F. Foppens, Opera diplomatica et historica tom. 1, Bruxellis 1723 S. 95f. c. 85 (unvollständig). J. Hartzheim, Concilia Germaniae tom. 3, Coloniae Augustae Agrippinensium 1760 S. 323f. G.D. Franquinet, Beredeneerde Inventaris der oorkonden en bescheiden van het kapittel van de O.L. Vrouwekerk te Maastricht, dl. 1 Maastricht 1870 S. 1-3 Nr. 1. DLo.III. 41. Reg.: Goerz, Regesten Erzbischöfe Trier S. 17. Wauters, Table chronologique 2 S. 165. Goerz, Mittelrheinische Regesten 1 Nr. 1847. P.H.M. Doppler, Verzameling van charters en bescheiden betrekkelijk het vrije rijkskapittel van St. Servaas te Maastricht, in: PublSocHistArchéolLimbourg 66 (1930) S. 240 Nr. 40. Diestelkamp/Rotter, Urkundenregesten zur Tätigkeit des deutschen Königs- und Hofgerichts 1 S. 146 Nr. 205. Stumpf 3267.

Kommentar

Zur Verfasserschaft wohl durch den Empfänger wegen der in der Intitulatio wie in Reg. 114 und in vorliegendem Diplom auch in der Datierung gebrauchten Wendung huius nominis rex und wegen weiterer innerer und äußerer Merkmale (Einleitung und Stellung von Datierung und Zeugenreihe, Bezeichnung der Zeugen aus St. Servatius als de fratribus ęcclesię, Kreuz anstelle von Chrismon, fortgeschrittene Minuskel), welche auf eine Empfängerausfertigung hinweisen, vgl. HIRSCH/ OTTENTHAL, DLo.III. 41, Vorbemerkung. Daß die Hand der Rekognition dem neuen Kanzleileiter Anselm angehört, ist möglich. Über Anselm vgl. PETKE, Lothar S. 52-56. Die Einreihung des Diploms ergibt sich aus der in der Datierung überlieferten Wendung Actum est hoc Aquisgrani in paschali curia, vgl. Reg. 296. Zu dem durch vorliegende Urkunde erstmals ausführlich bezeugten königlichlüttichschen Kondominat in Maastricht vgl. J. DEETERS, Servatiusstift und Stadt Maastricht (Rheinisches Archiv 73) 1970 S. 91-98, 110-112. Liebfrauen war ein bischöflich Lütticher Eigenstift. Maria und Lambert sind die Patrone der Lütticher Domkirche, vgl. M. WERNER, Der Lütticher Raum in frühkarolingischer Zeit (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 62) 1980 S. 291 mit Anm. 52-54. Die Urkunde legt den Pfarrzwang sowohl der Familia der bischöflichen Liebfrauenkirche in Maastricht als auch der übrigen Maastrichter Bewohnerschaft fest, vgl. DEETERS, a.a.O. S. 96 mit Anm. 48, S. 111f., und zwar in der Rechtsform zweier Personalpfarreien, vgl. TH.J. VAN RENSCH, Parochies in Meddeleeuws Maastricht, in: Munsters in de Maasgau. Archeologie en Kerkgeschiedenis in Limburg. Bundel aangebonden aan Pater A.J. MUNSTERS M. S. C. bij zijn tachtigste verjaardag (Werken uitgegeven door Limburgs Geschied- en Oudheidkundig Genootschap gevestigt te Maastricht 9), Maastricht 1986 S. 139-157, hier S. 142-148. - Zu den Kardinälen, von denen Johannes von Crema nach dem in Köln verbrachten Weihnachtshoftag von 1131 (s. Reg. 290) zwischenzeitlich im Februar und März bei Innozenz II. in Cluny beziehungsweise in Valence weilte (JL 7537, 7550) und wohl von dort mit Matthäus von Albano erneut an den königlichen Hof reiste, vgl. BACHMANN, Legaten S. 31f., B. ZENKER, Die Mitglieder des Kardinalkollegiums von 1130 bis 1159. Diss. phil. Würzburg 1964 S. 33, 39f., 62, 83f. Über den Auftrag der Legation der abermals erschienenen Kardinäle ist nichts bekannt. - Zu den St. Servaazer Kanonikern vgl. Reg. 163, zu Graf Adolf von Loon und den Edelfreien Goswin von Valkenburg und Gerhard von Hochstaden vgl. PETKE, Lothar S. 211f., 224f., 238f.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI IV,1,1 n. 297, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1132-04-10_2_0_4_1_1_297_297
(Abgerufen am 24.04.2024).