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RI IV Lothar III. und ältere Staufer (1125-1197) - RI IV,1,1

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Lothar macht bekannt, daß eine gewisse Adelheid ihren Besitz Walkenried (locum quendam Walchinrit nominatum, qui sui iuris erat) unter dem Patrozinium der hl. Maria und des hl. Martin für ein Kloster nach der Regel des hl. Benedikt bestimmt hat (instituens ibi regulam sancti Benedicti), bestätigt die Stiftung, erweitert sie um angrenzende Güter (contigua quedam adicientes) kraft königlicher Vollmacht auf Bitte und Intervention seiner Gemahlin Richenza, verleiht Walkenried den Wildbann (ius nostrum, quod wiltban dicitur) und läßt den Ort durch den Getreuen Christian und durch Reichsministeriale mit einer festen Grenze bezeichnen (per fidelem nostrum Christianum et per ministeriales regni nostri certo termino predictum locum designavimus), was alles nach Rat der Fürsten ganz Thüringens und Sachsens geschieht (cum consilio totius Thuringię et Saxonię principum); Walkenried aber wird begrenzt durch †Immenrode, †Sachsenstein, Moseberg, Eichenberg und Ratheresrode (Sunt autem hii termini, qui eundem locum ex omni parte distingunt: Imminrode, Sassinburc, Mosiberc, Echinberc, Ratheresrode). Von der Buße in Höhe von 100 Pfund reinsten Goldes (auri purissimi centum libras) bei Übertretung des Privilegs fällt eine Hälfte dem König und die andere dem Kloster zu (et dimidium ipsi ęcclesię). Z.: Bischof Meingot von Merseburg, Landgraf Ludwig (von Thüringen), Markgraf Konrad, Graf Hermann, Christian von Rothenburg, Graf Lambert, Widukind (von Schwalenberg), Ludolf (von Wöltingerode), Bernhard (von Hildesheim), Friedrich, Immo, Folcho, Heinrich. - Heinricus cancellarius vice Adelberti archicancellarii recognovi; verfaßt und geschrieben von Ekkehard A = Bertolf unter Verwendung von D Heinrich V. Stumpf 3116 (für Paulinzella). SI. 2. Quia divina dispensatio.

Originaldatierung:
(millesimo centesimo tricesimo secundo, Mulehusin)

Überlieferung/Literatur

Or.: Niedersächsisches Staatsarchiv Wolfenbüttel 25 Urk 2. Abb.: Koch, Schrift der Reichskanzlei Abb. 6 (Teilabb.). Drucke: UB des Historischen Vereins für Niedersachsen 2: Die Urkunden des Stifts Walkenried Abt. 1, 1852 S. 4 Nr. 2. DLo.III. 42. Reg.: Posse/Ermisch, Cod. dipl. Saxoniae Regiae 1, 2 S. 69 Nr. 89. Dobenecker 1 Nr. 1262. Stumpf 3268.

Kommentar

Dem Itinerar zufolge gehört das Diplom nach Reg. 297 und vor oder nach Lothars Pfingstfeier in Fulda (Reg. 303), vgl. auch KUCK, Itinerar S. 19. Es wurde von Ekkehard A = Bertolf mundiert und verfaßt, der hier erstmals als Kapellan-Notar greifbar ist, vgl. HIRSCH/ OTTENTHAL, DLo.III. 42, Vorbemerkung. Zu seiner Person und derjenigen des nur hier genannten Kanzleileiters Heinrich, bei dem es sich möglicherweise um den 1150 genannten Propst von Süpplingenburg handelt, vgl. PETKE, Lothar S. 56ff. Wie von HIRSCH/ OTTENTHAL, DLo.III. 42, Vorbemerkung, angeführt, stammen der Passus ob spem et premium vitę ęternę et ob cottidianam memoriam ... omnium imperatorum, regum, episcoporum, principum et omnium Christi fidelium sowie Teile der Strafformel aus der VU. für Paulinzella und folgen damit dem Hirsauer Formular (vgl. DH.IV. 280). Das D Heinrichs V. für Paulinzella findet auch in DKo.III. 188 von 1147 für das Zisterzienserinnenkloster Ichtershausen in Thüringen als Vorlage Verwendung, mit dem unser Diplom in der Strafformel gegenüber der VU. sogar die Erweiterung purissimi gemein hat, vgl. L. FALCK, Hirsauische Einflüsse in thüringischen Zisterzienserurkunden Erzbischof Heinrichs I. von Mainz, in: AfD 4 (1958) S. 222. Ein tragfähiger Hinweis auf die Herkunft des Notars Bertolf ergibt sich aus diesen Beziehungen sowie aus seiner Kenntnis von DH.II. 223 für Brandenburg (vgl. Reg. 313) nicht, vgl. PETKE, Lothar S. 66. Es wäre zu untersuchen, inwieweit die Verbindungen von Paulinzella nach Walkenried von den Stifterfamilien und den Mönchsgemeinschaften vermittelt wurden. - Zum hier erstmals überlieferten zweiten Königssiegel Lothars vgl. F.V. REINÖHL, Die Siegel Lothars III., in: NA 45 (1924) S. 277f., und H. GOETTING, Die Riechenberger Fälschungen und das zweite Königssiegel Lothars III., in: MIÖG 78 (1970) S. 159ff. - Walkenried ist ein Kloster der Zisterzienser, die sich als Reformer des benediktinischen Mönchtums verstanden. Die Institutio Cisterciensium, deren Erwähnung von H. KOLLER, Die Entvogtung bei den Zisterziensern, in: AfD 23 (1977) S. 218f., in vorliegender Urkunde vermißt wird - offenbar dasselbe tut bereits FALCK, a.a.O. S. 224 Anm. 36 -, fand auch in Papsturkunden erst allmählich Eingang, vgl. PETKE, Lothar S. 166 mit Anm. 315. So läßt sich erklären, weshalb Walkenried in vorliegendem Diplom nicht ausdrücklich als Zisterze bezeichnet wird. - Über die Stifterin Adelheid und den Verlauf der Stiftung vgl. Reg. 192. - Wesentlicher Inhalt des Wildbanns war die wirtschaftliche Nutzung des Forstes, vgl. H. KASPERS, Comitatus nemoris. Die Waldgrafschaft zwischen Maas und Rhein, 1957 S. 50-54. - Über den Sachsenstein (= Sachsenburg) westl. Walkenried sowie den Berg Moseburg nördl. Bad Sachsa vgl. F. STOLBERG, Befestigungsanlagen im und am Harz von der Frühgeschichte bis zur Neuzeit, 1968 S. 331ff. Nr. 369, S. 259 Nr. 293. Als Grenzpunkte eines Forstes werden 1240 genannt Ekeneberg, ... Sassenberg, UB Walkenried 1 S. 159f. Nr. 236. Der Ekeneberg ist wohl identisch mit dem Eichenberg nordwestl. Walkenried, vgl. Top. Karte L 4328. Dieselbe Urkunde erwähnt Äcker von †Immenrode als bei †Branderode gelegen. Zur Lage dieser Wüstung etwa 1,5 Kilometer südöstl. von Walkenried vgl. E. KÜHLHORN, Orts- und Wüstungsnamen in Südniedersachsen, 1964 S. 183. Ratheresrode lokalisiert W. BAUMANN, Die wirtschaftliche Entwicklung Walkenrieds im Überblick, in: N. HEUTGER (Hg.), 850 Jahre Kloster Walkenried, 1977 S. 102, vermutungsweise nordöstl. Walkenried, wo der Kaiserweg von der niedersächsisch-thüringischen Grenze geschnitten wird, so daß der Walkenried zugewiesene Bereich im Uhrzeigersinn umschrieben worden wäre. - Der Getreue Christian, der mit Reichsministerialen die Grenzbeschreibung des Walkenrieder Besitzes vornahm, dürfte mit dem unter den Zeugen genannten Christian von Rothenburg identisch sein. - Die Urkunde ist nach Reg. 178. und 184 das drittälteste Diplom, in welchem der Begriff ministeriales regni erscheint. Bei dem Zeugen Markgraf Konrad handelt es sich entweder um den Markgrafen der Nordmark Konrad von Plötzkau oder um Konrad von Meißen und bei dem Grafen Hermann wahrscheinlich um Hermann von Calvelage, vgl. PETKE, Lothar S. 225 Anm. 243, S. 240. Zu den Zeugen Widukind, Ludolf und Bernhard vgl. PETKE, S. 147 Anm. 178.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI IV,1,1 n. 298, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1132-00-00_1_0_4_1_1_298_298
(Abgerufen am 19.04.2024).