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RI III Salisches Haus (1024-1125) - RI III,5,2

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Papst (Leo IX.) (Πρὸς τὸν ἁγιώτατον πάπαν Ρώμης) erhält eine Wahlanzeige des Patriarchen (Petros III.) von Antiochien (τοῦ αύτοῦ Άντιοχείας), der mitteilt, durch kaiserliche Entscheidung sein bischöfliches Amt zu einer Zeit erhalten zu haben (τῶν ἐκκλησιαστικῶν φροντίδων ... νεύματι ... τοῦ βασιλεος ἡμῶν ἐπειλημμενῳ), in welcher die Kirche von Spannungen zerrissen sei wegen der Trennung des Nachfolgers Petri, des Bischofs des alten Rom, von den anderen Bischöfen; weiterhin erkundigt sich der Patriarch, ob die Ursache der Spaltung in einem Schisma oder dogmatischen Unterschieden liege, für welche er weder in der eigenen Kirche noch bei der römischen Anhaltspunkte finden könne; er erklärt sein Bestreben, durch Wiederaufnahme der alten Gewohnheit der Inthronistika die Einheit der Kirche zu erneuern, und fordert den Papst auf, schriftlich ein Glaubensbekenntnis abzulegen sowie ihm die Ursache der Spannungen aufzuzeigen (ἑγγραφον τῆς πιστεως ἒκθεσιν και την αἰτίαν τῆς διαστάσεως) und legt ein eigenes Credo ab.

Überlieferung/Literatur

Erw.: n. 1042; Patriarch Petros von Antiochien, Brief an Patriarch Dominicus von Grado vom Frühjahr 1054 c. 26 (Migne, PG 120, 780); Patriarch Petros von Antiochien, Brief an Patriarch Michael Kerullarios von Konstantinopel c. 24 (Migne, PG 120, 813). Druck: Michel, Humbert und Kerullarios II 446. Reg.: – . Lit.: Hunkler, Leo IX. 252f.; Delarc, Pape alsacien 451f.; Brucker, L'Alsace II 302; Bréhier, Schisme oriental 16f.; Martin, Saint Léon 180f.; Fortescue, Orthodox Eastern Church 188; Michel, Humbert und Kerullarios I 31, II 23, 29ff., 416ff., 420ff.; Anton Michel, Die Botschaft Petros' III. von Antiochia an seine Stadt über seine Ernennung (ByZ 38/1938 111-118), 111, 114; Jugie, Schisme byzantin 220f.; Michel, Friedensbotschaft Grados an Antiocheia 169, 183; Michel, Römische Angriffe auf Kerullarios 419; Michel, Schisma und Kaiserhof 368, 388; Yves Congar, Neuf cents ans après. Notes sur le "Schisme oriental" (1054-1954. L'Église et les Églises. Neuf siècles de douloureuse séparation entre l'Orient et l'Occident [Chevetogne 1954] 3-95) 75ff.; Gilchrist, Humbert of Silva Candida 23; Gilchrist, Canon Law Aspects 32; Bianchi, Patriarca Domenico Marango 51ff., 58f.; Denzler, Morgenländisches Schisma 25f.; Aucagne, Antioche en 1054 7; Erickson, Leavened and Unleavened 170; Petrucci, Rapporti di Leone IX 49, 103ff.; Petrucci, Ecclesiologia e politica 71f.; Smith, Taking Bread 54ff., 124f.; Tadin, Serviteur de l'archévêque 512; Hussey, Orthodox Church 134; Gemmiti, Ideologia nello scisma 63; Cioffari, Chiesa di Bari 358; Kaplan, Schisme de 1054 148, 150; Dagron, Empereur et prêtre 246; Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 330, 391ff.; Bayer, Spaltung der Christenheit 60f.; Munier, Léon IX 217; Noblesse-Rocher, Source ecclésiologique 208; Chadwick, East and West: Rift in the Church 213ff.; Tinnefeld, Ereignisse von 1054 8; Deneken, Congratulamur vehementer 64ff., 71f.; Chrysos, 1054: Schism 563; Gemeinhardt, Filioque-Streit 114f.; Cheynet, Politique byzantine 265f., 270f.; Büttner, Leon von Ohrid 14, 36, 60f., 63; D'Agostino, Primato 152f., 170, 266.

Kommentar

Patriarch Petros von Antiochien (zu ihm: Klaus Peter Todt, Region und griechischorthodoxes Patriarchat von Antiocheia in mittelbyzantinischer Zeit [969-1084] [ByZ 94/2001, 239-267] 259ff. und Bianchi, Patriarca Domenico Marango 46ff.) lässt sich als Autor des Schreibens bestimmen, obwohl er sich in dem Brief selbst nicht namentlich nennt, denn zum einen findet sich das Dokument in seinem Briefbuch, zum anderen bezieht sich der Papst in seinem Antwortschreiben n. 1042 ebenso darauf, wie der Patriarch selbst in seinen weiters genannten Schriften. Abgefasst ist die Inthronistika kurz (ἂρτι) nach Amtsantritt des Petros, der im Frühjahr 1052 Patriarch geworden war, hat aber möglicherweise den Papst nicht vor dem Frühjahr 1053 erreicht, da er sich vom Sommer 1052 bis zu diesem Zeitpunkt auf Reisen im Norden befand (nn. 981-n. 1033). Expedieren ließ Petros seinen Brief durch einen Jerusalempilger an den apulischen Katepan Argyros, welcher ihn an den Papst weiterleiten sollte (Brief an Dominicus von Grado), doch hatte er nach zwei Jahren noch keine Antwort erhalten (ebd.) (vgl. n. 1143). Für die Verzögerung der Antwort kann neben den ungünstigen äußeren Gegebenheiten auch die Aufforderung an den Papst, sein Credo abzulegen (und damit zugleich einer äußeren Prüfung unterziehen zu lassen) sowie die Verdächtigung, die Spannungen gingen von "Sonderwegen" der lateinischen Kirche aus, verantwortlich sein; beide Aspekte liefen dem Selbstbewusstsein Leos IX. zuwider (vgl. nn. 1112, 1131, 1132). Auszuschließen ist wohl die Behauptung des Baronius in der Einleitung seiner Edition des Briefs n. 1042, der Papst habe eine Antiochener Gesandtschaft in Benevent empfangen. Er schließt dies nur aus dem Briefwechsel (n. 1143 und dieser) und dessen Datierung in die Spätzeit des Pontifikates Leos IX. Möglicherweise war der Name des Papstes in Antiochien unbekannt, doch sind auch die Inthronistiken an die Hochthrone von Alexandrien und Jerusalem ohne namentliche Adresse abgefasst. Über die eigentliche Wahlanzeige hinaus stellt die Frage der kirchlichen Einheit den Hauptgegenstand dar; dem soll das Glaubensbekenntnis sowie die Erkundigung nach Schisma bzw. dogmatischen Differenzen dienen. Demnach lagen bereits zu Beginn des Jahres 1052, bevor das Azymenpamphlet Leos von Ochrid in Italien verbreitet wurde (nn. 1038, 1040), entsprechende Spannungen vor und wurden in Konstantinopel (dem Weiheort des Petros) wahrgenommen.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI III,5,2 n. 970, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1052-00-00_8_0_3_5_2_642_970
(Abgerufen am 29.03.2024).