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RI III Salisches Haus (1024-1125) - RI III,5,2

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Papst Leo IX. erhält einen Brief seines Legaten in Italien (vgl. nn. 811, 819), des Abtes Johannes (von Fécamp) (D. Rouen), der sich über seine Ausplünderung durch Italiener beschwert und im Interesse der päpstlichen Normannenpolitik ein energisches Vorgehen des Papstes gegen antinormannische Ressentiments der Italiener anmahnt, die Restitution seiner bei einem Überfall verlorenen Güter erbittet und den Papst vor ihm gerüchtweise zu Ohren gekommenen Erleichterungen der Sanktionen gegen die ehebrecherisch und inzestuös lebenden Fürsten, Graf Theobald (I. von Blois und Champagne) und Herzog R(obert I.) von Burgund, warnt.

Überlieferung/Literatur

Erw.: Johannes von Fécamp, Brief an Leo IX. (Migne, PL 143, 797; Delarc, Pape alsacien 402 [franz. Übersetzung]), vgl. n. 811. Reg: Bréquigny, Table chronologique II 51; Chevrier/Chaume, Chartes II 251. Lit.: Höfler, Deutsche Päpste II 137ff.; Delarc, Pape alsacien 401ff.; Hauck, Kirchengeschichte III 603; Gay, L'Italie II 482; Chalandon, Domination Normande en Italie I 123f.; Lemarignier, Privileges d'exemtion 193; Leclercq/Bonnes, Jean de Fécamp 18; Lemarignier, Exemtion 330ff.; Norwich, Normans in the South 82; Bur, Formation de Champagne 199, 487; Bates, Normandy 201; Aubé, Empires Normands 53; Georges Duby, Ritter, Frau und Priester. Die Ehe im feudalen Frankreich (Frankfurt 1985) 103ff.; Blumenthal, Conciliar Canons and Manuscripts 359; Loud, Robert Guiscard 115; Corbet, Burchard de Worms 263; Cowdrey, Lanfranc 31; Schmieder, Peripherie und Zentrum 359, 364; Weinfurter, Canossa 79; LoPrete, Adela of Blois 43; McLoughlin, Sex 29.

Kommentar

Aus dem Brief selbst geht nicht hervor, dass der Verfasser Abt Johannes von Fécamp – später auch von S. Bénigne in Dijon – ist, doch weist die Überlieferung unter dem Titel Epistola Joannis I abbatis Fiscamnensis sowie das Aufgreifen burgundischer Themen in dem Schreiben darauf hin. Bezüglich des Datums des Briefes lassen sich daraus selbst keine Schlüsse ziehen; allerdings kann aus der Tatsache, dass der Abt Legat in Italien (vgl. n. 811) war, wohl gefolgert werden, dass Leo IX. sich zu dieser Zeit auf einer Gallienreise befand. Da aber cisalpine Synoden erwähnt sind (cisalpinas eccl. synodali scrutino circuit, Migne, PL 143, 797), ist anzunehmen, dass die Legation des Abtes und sein Brief nicht während der ersten, sondern während der zweiten Gallienreise des Papstes 1050/51 anzusetzen sind (Chevrier/Chaume, Chartes II 251). In dem Brief ist ein Gesandter zu Leo IX. zu Ostern angekündigt, so dass das Schreiben wohl am ehesten in das Frühjahr 1051 fällt. Nach einem Panegyricus auf den Papst zu Beginn des Briefes (gaudeat orbis Romanus tanti praesulis ... ave ... papa mirabilis ... praesulum praesul specialis ... illa ignis columna, olim Israelitico populo praevia, Migne, PL 143, 797) beklagt der Abt von Fécamp sich, ihm sei als Legat durch die Römer schweres Unrecht widerfahren (vgl. n. 819); der Abt erbittet die Restitution seines Verlusts durch den Papst anhand einer von einem Boten zu überbringenden Güterliste (nostra perdita restaurare ... quia ut iussisti, paschali termino adest noster nuntius cum litteris et certa cautione omissorum, Migne, PL 143, 799). Johannes von Fécamp beklagt sich über seine Behandlung, die einem allgemeien Normannenhass der Italiener entspringe, welchen der Papst im Interesse seiner eigenen Normannenpolitik dämpfen solle (nec erit gens illa Northmannorum bellica in vestra fidelitate adeo prompta et devota, Migne, PL 143, 799). Am Schluss seiner Ausführungen kommt der Legat auf ein seiner Ansicht nach den Papst verleumdendes Gerücht (fabula) zu sprechen, welches Graf Theobald von Blois und Champagne sowie Herzog Robert I. von Burgund betrifft. Beide hätten dadurch die Kanones verletzt, dass sie unter Trennung von ihren rechtmäßigen Ehefrauen illegitime und inzestuöse Ehen führten (de Tedbaldo comite et Burgundionum infrunito duce R., qui transgressores pontificalium decretorum ... abdicatis legitimi thori connubiis voluntantur in inhonestis et consanguinitate foedatis thalamis, Migne, PL 143, 799f.). Graf Theobald war bereits beim Reimser Konzil im Oktober 1049 wegen der Verstoßung seiner Gattin Gersent exkommuniziert worden (vgl. n. 627.14), während Nachrichten über den Bruch der kanonischen Ehevorschriften durch Herzog Robert nicht überliefert sind. Welche Beziehung des Burgunderherzogs von Johannes von Fécamp hier kritisiert wird, ist daher auch nicht sicher zu entscheiden; er hatte im Jahr 1032 Irmgard, die Tochter Fulcos von Anjou geheiratet, mit der er im vierten Grad verwandt war; nach Dubys Ansicht, ist dies die von dem Abt abgelehnte Verbindung. Allerdings hatte der Herzog schon um 1033 eine andere Ehe geschlossen, und der Autor kann kaum um 1050 eine bereits 17 Jahre getrennte Beziehung gemeint haben. Problematisch ist auch die Interpretation der den Grafen von Blois betreffenden Aussage des Briefes; dem Gerücht zufolge soll dieser den Papst aufgesucht haben und nicht bestraft, sondern vom Papst vielmehr bestärkt worden sein im Willen zur Beziehung mit Agnes von Burgund, deren Gatte ebenfalls noch lebt (Tebaldus ... vestrum colloquium adierit, nihilque dignum hac culpa actum sit; imo magis ... auctoritate vestra roboratus, lupinam ovem, dici falsam illam Agnem in sua vindicet, et vivente marito, usurpet exsecrabili supro, facto illicito licitae coniugis divortio, Migne, PL 143, 800) (vgl. n. 819).

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI III,5,2 n. 877, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1051-00-00_7_0_3_5_2_549_877
(Abgerufen am 28.03.2024).