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RI III Salisches Haus (1024-1125) - RI III,5,2

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Papst Leo (IX.) gibt allgemein bekannt (omnibus Christi fidelibus), dass er das von Kaiser Heinrich III. errichtete und von diesem während der Mainzer Synode zu dessen eigenem, seiner Gemahlin Agnes sowie seiner Eltern Konrad (II.) und Gisela Seelenheil dem heiligen Petrus tradierte (vgl. n. 657) Stift der hl. Simon und Juda zu Goslar unter Propst Rumold (quia ... secundus Heinricus imp. ... eccl. a se ... constructam in honore s. Dei genitricis ... Mariae et bb. apostolorum Symonis et Jude, positam loco Goslaria ... preposuit quendam presb. nomine Rumaldum, tam pro anime suae sueque coniugis ... Agnetis, remedio quam pro salute etiam parentum suorum Chuonradi et Gisile ... s. Petro ... per scripturam propria manu signatam penitus concessit per manus nostras ... cum essemus cum eo Magontie ibique synodum haberemus) (D. Hildesheim) in den Schutz der römischen Kirche nehme (ut ipsa eccl. posita sub apostolico iure ... libera et quieta persistat), dessen Besitzungen, insbesondere in Goslar, Egeln, Giersleben, Semmenstedt, Jerstedt und Vallendar am Rhein bestätige (suam integritatem habens in loco Goslaria, in Egelen, in Jhereslib et in Scemmenstede et in Gerstede et in Valentro iuxta Renum ... decrevimus per hoc ... privilegium omne munimen, omne robur apostolicum eidem eccl. ... contribuere et condonare) sowie dem Stift das Appellationsrecht einräume (liberum iubemus esse preposito et canonicis ... ad Romanam eccl. ... respicere); die Vogtei überlasse er Kaiser Heinrich (III.) und dessen Nachfolgern mit dem Recht, den Propst zu bestimmen, aber ohne Verfügungsgewalt über die Besitzungen (eidem ... filio nostro augusto eiusque successoribus advocationem ... relinquere ... prepositos ... ordinare); den Bischof beschränke er auf die kirchliche Leitung (episcopus ... nihil in eo habeat iuris ... preter ecclesiasticum regimen).

Originaldatierung:
Dat. IV kal. Nov. pm. Petri diac., bibl. et canc. SAS, a. d. Leonis papae I, ind. III.
Incipit:
Sancti propositi votum non solum ...

Überlieferung/Literatur

Angebl. Orig.: 12. Jh., ca. 48 x 55 cm, Goslar, StadtArch., Urk. Domstift n. 6. Kop.: 1) (1274-1287) August 10, Goslar, StadtArch., Urk. Domstift n. 175; 2) 14. Jh., Hildesheim, Dombibl., Hs. 535 fol. 4; 3) 16. Jh., Goslar, StadtArch., Domstift, Kopialbuch B fol. 1 (p. 13) n. 1; 4) 17. Jh., Magdeburg, StArch., Rep. Cop. n. 5 fol. 12. Erw.: Güterverzeichnis des Domstifts Goslar um 1186 (Bode, UB Goslar I 320-338 n. 301) 330; Catal. reliquiarum ecclesiae collegiatae Goslariensis (Leibniz, SS rer. Brunsvicensium III 433); Chr. ss. Simeonis et Judae Goslariense (MG DChr. II 605); Chr. des Stiftes Simeon und Juda in Goslar (MG DChr. II 604). Faks.: Toustain/Tassin/Baussonet, Nouveau Traité IV 300 (Siegel); Adelung, Neues Lehrgebäude VI Tafel (I) n. 155 (Siegel); Pflugk-Harttung, Specimina II Tafel 114 (fragm.); Stadt im Wandel. Kunst und Kultur des Bürgertums in Norddeutschland 1150-1650, hg. von Cord Meckseper (Stuttgart 1985) I 118 n. 69; Krafft, Bene Valete 249 (fragm.); Marburg, LBA. Drucke: Johann Georg Leuckfeld, Ant. Walckenredenses (Leipzig Nordhausen 1706) 198; Heineccius, Ant. Goslarienses 49; Mansi, Conc. XIX 725; Vogler, Über die Besitzungen des Goslarer Münsterstifts St. Simonis und Judä zu Vallendar und Mengede (Vaterländisches Archiv des historischen Vereins für Niederschachsen 1841, 133-176) 147; Migne, PL 143, 631; Heinemann, Cod. dipl. Anhaltinus I 99; Bode, UB Goslar I 131; Jasper, Konzilien (MG Concilia VIII) 255f. (fragm.). Reg.: Georgisch, Regesta I 376 n. 23; Hempel, Inventarium diplomaticum I 51, 1049 n. 3; Höfler, Deutsche Päpste II 373; J 3193; Mülverstedt, Regesta archiep. Magdeburgensis I 285 n. 700; Pflugk-Harttung, Päpstliche Originalurkunden 565 n. 840; Stimming, Mainzer UB I 181 n. 288; Santifaller, Elenco 356; Santifaller, Geschichte der Beschreibstoffe 91 n. 35; Santifaller, LD 122; Dahlhaus, Rota 65 n. 6b; GP V/2 151 n. 3; JL 4194. Lit.: Höfler, Deutsche Päpste II 61; Will, Restauration I 50f.; Delarc, Pape alsacien 223; Ewald, Zwei Bullen 187; Steindorff, Heinrich II 99f.; Pflugk-Harttung, Acta I 25; Pflugk-Harttung, Scheinoriginale 432; Brucker, L'Alsace II 60f.; Blumenstock, Päpstlicher Schutz 62; Müller, Itinerar 78; Hefele/Leclercq, Hist. des Conc. IV/2 1034; Lerche, Privilegierung 136, 155, 164, 175, 209; Waas, Vogtei und Bede I 154ff.; Schmid, Kanonische Wahl 90; Bloch, Klosterpolitik 219ff., 225f.; Klewitz, Königtum, Hofkapelle und Domkapitel 152; Kehr, Kommentar zu DHIII. 243 (MG Dipl. V 324f.); Rothe, Goslar 38f.; Santifaller, Elenco 158; Dereine, Vie commune 371; Büttner, Klosterreform 102f.; Ryan, Cardinal Humbert De s. Romana ecclesia 210; Siegwart, Chorherren 129; Hoffmann, Von Cluny zum Investiturstreit 195; Moraw, Patrozinienforschung 19f.; Fuhrmann, Pseudoisidorische Fälschungen II 342; Fried, Laienadel und Papst 392; Schwineköper, Christus-Reliquien 261; Wolter, Synoden 416f.; Dahlhaus, Pfalz und Stift in Goslar 404, 411f., 417, 419ff., 426ff.; Black-Veldtrup, Kaiserin Agnes 102f., 111, 247f., 318f.; Munier, Léon IX 186; Munier, Léon et l'archevêque de Carthage 463; Jakobs, Rombeziehungen 70; Maurer, Bistum Konstanz 193; Frech, Urkunden Leos IX. 180; Oberste, Leo IX. und das Reformmönchtum 430; Dahlhaus, Urkunde, Itinerar und Festkalender 19f.

Kommentar

Zur Überlieferung vgl. Brackmann, PPU des Nordens II (NGG 1904) 113 (ND Ders., PUU in Deutschland 81), Bode und GP. Bei dem Scheinoriginal (das Anklänge an DHIII. 233 [Bresslau/Kehr, MG Dipl. V 309] aufweist) handelt es sich um eine Fälschung aus den ersten Jahren des 12. Jahrhunderts, wie Dahlhaus, Pfalz und Stift nachweisen konnte. Dieselbe Hand fälschte auch eine Urkunde Heinrichs IV. vom 28. November 1071 (DHIV. 245, Gladiss, MG Dipl. VI/1 310). Die Urkunde ist von dieser Hand geschrieben und insbesondere die Schrift des Petrus Diaconus im Eschatokoll ist sorgfältig nachgeahmt. Das Privileg für die Neugründung Heinrichs III. ist außerdem auffällig durch die Form der Bleibulle, die sonst erst im Pontifikat Paschalis' II., mit einigen Eigenheiten gar erst nach Eugen III. nachzuweisen ist (vgl. Kittel, Siegel 384ff.), sowie die Erwähnung der Güter in Vallendar und Egeln, deren Schenkung erst 1052 urkundlich nachgewiesen ist. Die Bulle könnte sekundär beigefügt sein, während die Verleihung genannter Güter möglicherweise bei der Ausstellung der Urkunde bereits durchgeführt war, obwohl die betr. Verleihungsurkunden späteren Datums sind (zur Goslarer Besitzgeschichte vgl. Sabine Wilke, Das Goslarer Reichsgebeit und seine Beziehungen zu den territorialen Nachbargewalten [Göttingen 1970] v. a. 20ff.). Pflugk-Harttung vertrat die Ansicht, es handle sich um eine Fälschung nach dem fast identischen Privileg Viktors II. von 1057 (n. 1278), doch konnte Dahlhaus zeigen, dass die angeblich von Leo IX. ausgestellte Urkunde in ihren formalen Eigentümlichkeiten wie auch im Diktat eine Vorlage gehabt haben muss, welche Leo IX. wohl noch bei seinem Mainzer Aufenthalt ausgestellt hatte; er beweist dies anhand der Form der Unterfertigungszeichen, welche in der päpstlichen Kanzlei vom September 1049 bis zum April 1050 in Gebrauch waren. Als nur formale Fälschung sei die Urkunde inhaltlich korrekt. So nimmt er (Pflugk-Harttung folgend) an, es habe sich bei der überlieferten Urkunde ursprünglich vielleicht nur um eine Originalnachzeichnung gehandelt, aus der später durch Zufügung der Bulle das Scheinoriginal hergestellt worden sei. Die ursprüngliche Urkunde Leos IX. wurde in dem Scheinoriginal weitgehend korrekt wiedergegeben (bis in die Schriftformen, eventuelle Verfälschungen gab es in der Güterliste) und diente auch als Vorlage für die Urkunde Viktors II.; zum genaueren Zusammenhang vgl. n. 1278. Das Problem, dass sowohl in der Urkunde Leos IX. als auch jener Viktors II. von einer Kommendation des Stifts durch Heinrich III. an die römische Kirche über die Hand des jeweiligen Papstes die Rede ist, löst Dahlhaus so, dass eine Kommendation 1049 an Leo IX. in Mainz erfolgte (vgl. nn. 655.18, 657), die 1052 im Zuge der umfangreichen Besitzverschiebungen zwischen dem Reich und der römischen Kirche zurückgenommen wurde (n. 1014), danach auf Drängen Viktors II. 1056 jedoch erneuert worden sei (n. 1255). Für die 1049 von Leo IX. ausgestellte Urkunde zugunsten Goslars hätte das die Konsequenz, dass sie vermutlich 1052 ungültig gemacht worden wäre (durch Zerschneiden oder Siegelentfernung) und in dieser Form zur Vorlage für die Urkunde Viktors II. geworden wäre. Nach der erneuten Kommendation ersetzten die Kanoniker das ungültig gemachte Privileg Leos IX. dann zu Beginn des 12. Jahrhunderts durch das Scheinoriginal.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI III,5,2 n. 665, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1049-10-29_1_0_3_5_2_337_665
(Abgerufen am 29.03.2024).